Dopingpräparate per Attest Deutsche Top-Sprinter attackieren Sky
14.10.2016, 22:10 Uhr
Marcel Kittel (r.) hat eine klare Meinung zu medizinischen Ausnahmegenehmigungen (TUE) im Spitzensport. Er lehnt sie ab.
(Foto: AP)
Die Wortwahl ist grenzwertig, die Botschaft eindeutig: Die deutschen Radstars Marcel Kittel und André Greipel distanzieren sich von der Praxis im Topteam Sky, mittels Arztattesten Dopingpräparate zu nutzen. Wer krank sei, dürfe keinen Spitzensport betreiben.
Die beiden deutschen Top-Sprinter Marcel Kittel und André Greipel haben das britische Team Sky sowie Ex-Tour- und Olympiasieger Bradley Wiggins für die Nutzung medizinischer Ausnahmegenehmigungen (TUE) angegriffen. "Ich würde sagen, wenn jemand schweres Asthma hat, dann hat er im Leistungssport nichts zu suchen", sagte Kittel am Rande der Straßenrad-WM in Doha/Katar. Allerdings wählte er einen fragwürdigen Vergleich, denn Kittel sagte weiter: "Wir haben deswegen auch die Paralympics eingeführt, um den Einbeinigen eine Chance zu geben, sich auf gleichem Niveau gegen andere zu messen."
Der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) sah sich angesichts der Wortwahl zu einer Stellungnahme genötigt. Mit der Aussage habe Kittel verdeutlichen wollen, dass es gravierende Unterschiede gebe zwischen einem gesunden Hochleistungssportler und einem kranken, der verschiedene Medikamente einnehme, teilte der BDR mit. Er selbst sagte erläuternd: "Ich betone nochmal ausdrücklich, dass ich sehr großen Respekt vor den Leistungen der Behindertensportler habe."
Kein Profisport für Kranke
Greipel hat in Bezug auf die umstrittenen Ausnahmegenehmigungen ebenfalls einen klaren Standpunkt. "Wenn man Krankheitsbeschwerden hat, dann sollte man kein Radrennen fahren. Wir sind deswegen mit Lotto-Soudal in der MPCC (Bewegung für einen glaubwürdigen Radsport/Anm.d.Red.). Jetzt weiß man, warum Sky nicht dabei ist", sagte der Rostocker, der die deutsche Mannschaft am Sonntag als nomineller Kapitän ins WM-Straßenrennen führt.
Infolge eines illegalen Hacker-Angriffs der russischen Gruppe Fancy Bears auf Daten der Welt-Anti-Doping-Agentur Wada waren in mehreren Wellen medizinische Details von über 100 Sportlern veröffentlicht worden - darunter Wiggins und Tour-de-France-Sieger Chris Froome. Wiggins hatte demnach wegen Asthmas das auf der Dopingliste stehende hochwirksame Mittel Triamcinolon jeweils vor seinen Tourstarts 2011 und 2012 sowie dem Giro 2013 verabreicht bekommen. Durch die Ausstellung einer TUE war dies kein Dopingvergehen. Wiggins betonte, dass er sich keinen Vorteil verschafft habe.
Hinterfragen und kritisch prüfen
Anders als seine Landsleute Kittel und Greipel hält der deutsche Radprofi John Degenkolb den Einsatz von TUEs durchaus für sinnvoll, "wenn einer wirkliche Probleme hat". Dafür sei eine unabhängige Kommission sinnvoll, die über die Genehmigung entscheidet. "Es muss hinterfragt werden und kritisch geprüft werden, ob alles korrekt vonstatten geht", sagte Degenkolb, der den Einsatz grundsätzlich "auch sinnvoll" findet. Jemandem den Sport zu verweigern, weil er eine TUE benötige, sei zu hart.
Kittel, Greipel und Degenkolb finden hingegen die generelle Veröffentlichung von TUEs aus Datenschutzgründen nicht richtig. "Sportler machen sich generell schon sehr nackt", sagte Kittel. Alle drei Fahrer haben in ihrer bisherigen Karriere keinen Gebrauch von medizinischen Ausnahmegenehmigungen gemacht.
Wiggins, der die Nutzung von Ausnahmegenehmigungen offenbar bewusst verschwiegen und sie beispielsweise auch nicht in seiner Biographie erwähnt hatte, geht derweil momentan auf Tauchstation.Der von vielen Seiten attackierte Brite machte mit seiner kurzfristigen Absage seines Starts bei der am 20. Oktober beginnenden Abu Dhabi-Tour auch die Veranstalter vor Ort sauer. Wie aus dem Umkreis des 36 Jahre alten Briten bekannt wurde, werde er nach den Sixdays von Gent im November sein endgültiges Karriereende verkünden.
Quelle: ntv.de, cwo/sid/dpa