Wieder Regen bei French Open Deutscher Alptraum roter Sand
27.05.2008, 21:16 UhrÜber drei Stunden warteten Philipp Kohlschreiber, Mischa Zverev und Sabine Lisicki am Dienstag auf den Beginn ihrer Matches bei den French Open in Paris. Gleich als erste sollten sie auf den Platz, doch Kohlschreiber und Lisicki waren bereits am Montag vergeblich ins Stade Roland Garros gekommen - es regnete in der französischen Hauptstadt. Und regnete.
Die später am Dienstag angesetzten Daniel Brands und Benjamin Becker konnten wegen der Niederschläge ihre Partien nicht mehr beenden. "Immerhin", meinte ein deutscher Fan in einem Anflug von Zynismus, "immerhin haben wir so die Chance, dass ein Deutscher auch am Mittwoch noch im Wettbewerb ist."
Nur Lisicki hat bislang durch ihren 3:6, 6:4, 6:0-Erfolg über Jelena Wesnina (Russland) die zweite Runde erreicht. Alle zehn weiteren deutschen Profis, die in den ersten beiden Tagen antraten, verließen den Platz als Verlierer. Florian Mayer, Nicolas Kiefer und Tommy Haas waren wegen diverser Verletzungen oder Erkrankungen erst gar nicht angetreten. Kohlschreiber scheiterte Dienstag 3:6, 4: 6, 3:6 an Stanislas Wawrinka, Zverew 1:6, 4:6, 2:6 an Paul Capdeville (Chile). Der rote Sand bleibt ein deutscher Alptraum.
Zuletzt stand Rainer Schüttler 2003 in Paris im Achtelfinale, Michael Stich schaffte es 1996 ins Endspiel. Der letzte deutsche Sieger bei den Männern war Henner Henkel 1937. Bei den Frauen mit der Jahrhundertspielerin Steffi Graf sieht das etwas anders aus, sie gewann den Titel zwischen 1987 und 1999 sechsmal. Insgesamt aber ist die deutsche Bilanz bei keinem der vier Grand-Slam-Turniere so schlecht wie in Paris.
"Ich habe mich auch schon oft nach den Gründen für das schwache Abschneiden gefragt", sagte Klaus Eberhard, der Sportdirektor des Deutschen Tennis Bundes (DTB), dem sid: "Eigentlich sind wir ja traditionell ein Land, in dem auf Sand gespielt wird." Auch der Stuttgarter Michael Berrer, der mit seinen 100 Kilo bei 1,90 Metern Körperlänge natürliche Nachteile auf dem rutschigen Untergrund hat, weiß keine Erklärung für die Misere: "Die deutschen Spieler wachsen ja schon überwiegend auf Sandplätzen auf."
Das ist längst nur noch zum Teil richtig. Mit dem Entstehen von immer mehr Tennishallen in Deutschland ab den achtziger Jahren wurde auch immer mehr Kinder- und Jugend-Training im Winterhalbjahr in die Hallen verlegt. In vielen Klubs üben die Jüngsten die Grundschläge zwischen Oktober und April auf schnellen Hallenböden. "Wir sind ja schon froh, dass in vielen Hallen in den letzten Jahren der Boden ein anderer geworden ist", sagt Eberhard: "Jetzt liegt da häufig Hartplatz, früher war es noch schnellerer Teppich."
Bei den Sandplatzspezialisten aus Spanien und Südamerika sind die Verhältnisse dagegen ganz anders. In Rafael Nadals Heimatort Manacor auf Mallorca kann man zwölf Monate im Jahr draußen spielen. "Die Spieler trainieren das ganze Jahr auf Sand", weiß Eberhard: "Erst später in ihrer Karriere werden sie in der Regel auch auf Hartplätzen besser."
Dennoch will der DTB-Sportdirektor die Hoffnung nicht völlig aufgeben. "Spieler wie Denis Gremelmayr oder Philipp Kohlschreiber können auch auf Sand sehr gut spielen", meinte der Berliner: "Und Kiefer hat in Hamburg ja auch gezeigt, dass er mit der Spitze mithalten kann."
Für den schwachen Auftakt in Paris 2008 macht Eberhard auch viel Lospech verantwortlich: "Gremelmayr hätte mit seiner Leistung sicher zwei, drei Runden gewinnen können. Dass er in Novak Djokovic einen der drei absoluten Topstars zum Auftakt erwischt, ist einfach unglücklich."
Quelle: ntv.de