Sport

Eisschnelllauf- WM Deutsches Debakel

Claudia Pechstein blieb mit sechs Zehnteln Rückstand nur Blech, Daniela Anschütz-Thoms ging auf den letzten Runden völlig die Puste aus: Auch nach dem 3000-m-Rennen mussten die erfolgsverwöhnten deutschen Eisschnellläuferinnen bei der Einzelstrecken-WM in Salt Lake City weiter auf eine Medaille warten. Schon nach dem zweiten WM-Tag droht der Deutschen Eisschnelllauf-Gemeinschaft (DESG) das schlechteste Ergebnis in der elfjährigen Geschichte der Titelkämpfe.

Die Enttäuschung hielt sich allerdings in Grenzen, auch wenn die Wortwahl bei Pechstein drastisch ausfiel. "Ein vierter Platz ist natürlich scheiße. Aber man muss akzeptieren können, wenn andere besser sind. Außerdem hatte ich jahrelang Glück, als ich knapp Medaillen gewonnen habe. Ich habe ja schon so viele Medaillen gewonnen. Dann tut es nicht ganz so weh", meinte die 35-Jährige, die hinter der neuen Weltmeisterin Martina Sablikova (Tschechien), Renate Groenewold (Niederlande) und Weltrekordlerin Cindy Klassen (Kanada) als Vierte ins Ziel kam.

Pechstein verpasste damit bei ihren zehnten Titelkämpfen erst zum zweiten Mal einen Podestplatz über 3000 m: "Mein Ziel waren zwei Medaillen. Die Chancen habe ich immer noch." In der Nacht zum Sonntag stand das Teamrennen auf dem Programm, in dem Pechstein, Anschütz-Thoms und Lucille Opitz als Titelverteidigerinnen an den Start gingen.

"Da sind wir gut aufgestellt. Eine Medaille müssten wir eigentlich holen können", sagte Anschütz-Thoms. Die 32 Jahre alte Erfurterin, die in der "Form meines Lebens" nach Salt Lake City gereist war, kam nur als Siebte ins Ziel. "Ich bin klug gelaufen. Aber auf den letzten zwei Runden hatte ich einfach keine Kraft mehr", sagte die Thüringerin, die beim Weltcup-Finale in Calgary am vergangenen Sonntag noch Zweite hinter Sablikova geworden war.

Die erst 19 Jahre alte Europameisterin hatte auch auf der Olympiabahn von 2002 die Nase vorn, bescherte sich und ihrem Land den ersten WM-Titel und ist nun erste Anwärterin auf Gold über 5000 m. "Ich freue mich über ihren Sieg. Sie zeigt, dass man auch ohne Fördermittel, aber mit einem starken Willen und Biss gewinnen kann", meinte Damen-Bundestrainer Markus Eicher.

Der Ex-Coach von Anni Friesinger fordert nun auch vom deutschen Nachwuchs den Einsatz, der Sablikova nach ganz vorne gebracht hat. "Ich erinnere mich daran, dass die Tschechen zum Training nach Inzell kamen und wochenlang in einem Wohnwagen lebten, weil sie kein Geld für eine Unterkunft hatten. Über diesen unvorstellbaren Idealismus verfügt besonders unser Nachwuchs zu wenig." Als Konsequenz will Eicher zurück zu den Wurzeln: "Mehr Eigenbeiträge bei Lehrgängen und wieder zurück in die Jugendherberge. Komfort gibt's erst nach Leistung."

In Salt Lake City droht derweil das schlechteste Abschneiden bei einer Einzelstrecken-WM. Mit weniger als zwei Goldmedaillen sind deutsche Läuferinnen bislang nie nach Hause gefahren. In der Nacht zum Sonntag ging neben dem Team auch Sprinterin Jenny Wolf auf Medaillenjagd. Am Schlusstag ruhen die Hoffnungen erneut auf Pechstein und Anschütz-Thoms (5000 m) sowie auf Friesinger (1000 m), die allerdings nach einer fiebrigen Erkältung geschwächt ist.

Bei den Herren fiel derweil der erste Weltrekord der WM. Der Südkoreaner Lee Kang-Seok holte Gold über 500 m und unterbot im zweiten Lauf in 34,25 Sekunden die alte Bestmarke des Japaners Joji Kato um fünf Hundertstel.

von Christiana Mansfeld, sid

Quelle: ntv.de

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