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Köster glänzt gegen Katar Deutschlands große Hoffnung schlägt die Sorgen

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Ein 22-Jähriger vom VfL Gummersbach verblüfft mit couragierten und abgeklärten Leistungen in Handball-Nationalteam. Der WM-Auftaktsieg gegen Katar macht Lust auf mehr - auch weil die Verletzung des starken Torhüters Wolff wohl doch nicht so schwer ist.

Die zwölfte Minute der Partie gegen Katar wird im persönlichen Handball-Tagebuch des Handballers Julian Köster bis in alle Ewigkeit eine ganz besondere Bedeutung behalten: Der Rückraumspieler des VfL Gummersbach bekam den Ball zugespielt, lief auf die gegnerische Deckung zu, hob ab und knallte den Ball über die ausgestreckten Arme seiner Widersacher in den rechten Winkel. Es war das erste WM-Tor des immer noch blutjungen Spielers in seiner Nationalmannschafts-Karriere.

Ein kleiner Moment in der ruhmreichen Geschichte der Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB), aber mit Sicherheit ein großer Moment im Leben des 22-Jährigen, der im ostwestfälischen Bielefeld geboren wurde: Köster erzielte in seiner noch jungen Laufbahn sein erstes Tor bei einer Weltmeisterschaft, und man muss kein Prophet sein, um vorauszusagen, dass diesem Erfolgserlebnis noch viele weitere folgen werden.

In diesem Moment hatte das allerdings überhaupt keine Bedeutung, als der Ball ins Netz rauschte, habe er nur daran gedacht, "möglichst schnell zurück in die Deckung zu kommen, um die Reihen zu schließen", berichtete der zwei Meter lange Athlet nach Spielschluss in der Mixed Zone.

Als die Auftaktpartie gelaufen war und sich die Erlebnisse einer intensiven Begegnung so langsam setzten, begann Köster damit, die Dinge für sich einzuordnen. "Es war schon ein richtig schöner Moment", sagte er und über seinem verschwitzten Gesicht breitete sich ein Lächeln aus, das erahnen ließ, dass dieser Tag für immer ein besonderer bleiben wird.

Wolff hält den Sieg fest

Das lag natürlich in erster Linie daran, dass die Vorstellung der deutschen Mannschaft mit einem alles in allem hochverdienten 31:27 (18:13)-Sieg veredelt wurde. Es war ein wenig spektakulärer aber alles in allem hochverdienter Erfolg gegen einen Gegner, gegen den es bei der WM 2017 in Frankreich eine äußerst schmerzhafte Niederlage im Achtelfinale gegeben hatte. Sechs Jahre später agierten die Kataris weitgehend bieder, auch wenn es ihnen gelang, die schwächelnden Deutschen in der zweiten Halbzeit vorübergehend in Bedrängnis zu bringen.

Dass es nicht noch enger wurde, war vor allem dem wieder einmal überragenden Torhüter Andreas Wolff geschuldet, der die deutsche Mannschaft mit 19 Paraden in 60 Minuten im Spiel hielt. Darüber hinaus glänzte der im polnischen Kielce beschäftigte Profi durch seine langen Abwürfe, die er punktgenau auf den durchstartenden Tempo-Gegenstoß-Läufer platzierte. Handballer nennen diese Pässe "Lagen". Wolff spielt sie mit einer solch verblüffenden Präzision, wie sie weltweit wohl nur die Quaterback-Legende Tom Brady im American Football hinbekommt.

Wenn die DHB-Auswahl bei der WM weit kommen will, ist sie zwingend auf die derzeitige Galaform ihres Keepers angewiesen. Insofern war es ein alarmierendes Signal, als sich Wolff in der letzten Spielminute an die Wade fasste und signalisierte, er wolle vom Spielfeld genommen werden.

Der bullige Athlet humpelte in die Kabine, bei der Handballnation Deutschland brach sich die Sorge Bahn, fortan auf ihren wichtigsten Protagonisten verzichten zu müssen. An dieses Szenario wolle er nicht einen Gedanken verschwenden, gab Kapitän Johannes Golla zu Protokoll, "weil er so extrem wichtig für uns ist". Und Rechtsaußen Patrick Groetzki ergänzte, er rechne weiter stark mit dem Weltklassemann zwischen den Pfosten, weil er "hart im Nehmen", sei: "Da mache ich mir keine großen Sorgen." Tatsächlich gab die Medienabteilung des DHB bereits am Abend Entwarnung: Beim zweiten Gruppenspiel gegen Serbien am Sonntag (18 Uhr) wird Wolff das deutsche Tor wie gewohnt hüten.

Auch der Trainer freut sich

Wenn die uralte Handball-Weisheit tatsächlich zutreffend ist, dass gute Torhüterleistungen immer von einer funktionierenden Abwehr begünstigt werden, dürfen sich Kapitän Golla und Julian Köster getrost auf die Schultern klopfen lassen. Das Duo bildet am eigenen Kreis einen stabilen Mittelblock, der bis auf eine Schwächephase Mitte der zweiten Halbzeit wenig zuließ. Seinen Nebenmann lobt Golla überschwänglich, Köster agiere "trotz seines jungen Alters sehr konstant. Wenn wir hier etwas erreichen wollen, brauchen wir ihn unbedingt weiter in einer super Verfassung".

Dem kann Bundestrainer Alfred Gislason nur zustimmen, der einen seiner Lieblingsschüler über den grünen Klee lobt: "Julian ist ein extrem talentierter Defensivspieler mit einer großen Zukunft", sagt der 63-Jährige. Dass Kösters Spiel in der zweiten Halbzeit fehlerbehaftet war, nahm der Isländer auf seine Kappe. Er habe zu spät erkannt, dass Köster zunehmend müde wurde und technische Fehler einbaute.

Am Ende war das nicht mehr als eine Randnotiz, weil sich die deutsche Mannschaft durch das Tief kämpfte und den so wichtigen Auftaktsieg festhielt. Am Ende wurde Gislason gefragt, ob er abergläubisch sei und am Sieg gezweifelt habe, weil die WM-Premiere seiner Mannschaft auf eine Freitag den 13. gefallen sei. Der Trainer lächelte und hatte eine schöne Antwort parat: "Im Gegenteil, denn heute hat meine Mutter Geburtstag."

Quelle: ntv.de

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