"Kalkulierte Lügen" Dicke Beweise gegen Graham
28.05.2008, 10:33 UhrDie Zeugen sind gehört und die Beweise im Meineid-Prozess gegen den ehemaligen Leichtathletik- Trainer Trevor Graham nach Angaben der Staatsanwaltschaft "überwältigend". Am fünften Tag der Verhandlung gegen den früheren Coach unter anderem der Sprint-Stars Marion Jones und Tim Montgomery hat Staatsanwalt Jeff Finigan in seinem Plädoyer Graham vor einem Gericht in San Francisco scharf angegriffen.
"Dies ist ein sehr einfacher Fall. Es geht nur darum, die Wahrheit zu sagen. Wenn Bundesbeamte zu dir kommen und mit dir reden, gibt es nur eine Regel: Du sagst ihnen die Wahrheit. Aber während der gesamten Befragung hat er nicht wahrheitsgetreu geantwortet", betonte Finigan in Anspielung auf Grahams Aussagen im Juni 2004.
Damals hatte der Trainer im Zuge des Balco-Skandals zu Protokoll gegeben, seine Athleten niemals dazu überredet zu haben, leistungssteigernde Mittel vom bekannten mexikanischen Doping-Dealer Angel Heredia zu nehmen. Diese Aussage, so Finigan, sei unmissverständlich und definitiv.
Dreimaliger Meineid
Einige von Grahams ehemaligen Schützlingen, darunter die Olympiasieger Antonio Pettigrew, Jerome Young und Dennis Mitchell, hatten in der vergangenen Woche als Zeugen ausgesagt, dass der Coach sie mit Heredia bekanntgemacht und dazu überredet habe, verbotene Mittel vom Mexikaner zu kaufen und zu benutzen.
Graham, der sich des dreimaligen Meineides verantworten muss, hatte hingegen stets bestritten, Heredia jemals persönlich getroffen und mit ihm nur einmal, 1997, telefoniert zu haben. Heredia, der als Kronzeuge der Anklage auftritt, präsentierte jedoch Fotos, mitgeschnittene Telefonate und Zustellungs-Quittungen, die Grahams Aussagen widerlegen.
Unter anderem legte der 33-Jährige Beweise für mehr als 100 Telefonate vor, die Graham von seinen beiden Mobiltelefonen aus auf Heredias Hausanschluss geführt hatte. "Grahams Lügen waren kalkuliert, um die Untersuchungen von sich selbst abzulenken", hob Finigan hervor.
Auf die Anmerkung von Richterin Susan Illston, sie habe einige von Heredias als "nicht glaubhaft" empfunden, räumte Finigan jedoch auch ein, dass sein Zeuge "viele nicht übereinstimmende Aussagen" gemacht habe. "Aber bedeutet das, dass man nicht das glauben kann, was Herr Heredia gesagt hat? Nein", so der Jurist. Schließlich seien Heredias Angaben durch die Aussagen der Athleten und weitere Beweismittel bekräftigt worden. Grahams Anwalt William Keane, der während des gesamten Prozesses keinen einzigen Zeugen vorlud, warf der Staatsanwaltschaft indes vor, nicht bewiesen zu haben, dass sein Mandant der Doping-Rädelsführer gewesen sei.
"Bequemer Sündenbock"
Viele der ehemaligen Athleten hätten ihre eigenen Verbindungen zu Heredia gehabt, so Keane weiter. Bereits in der Vorwoche hatte er die Sportler bezichtigt, ihren Ex-Trainer als "bequemen Sündenbock für ihre eigene Dopingvergangenheit" zu benutzen. Zudem erinnerte der Verteidiger die Anklage daran, dass sie nicht nur beweisen müsse, dass Grahams Aussagen falsch waren, sondern das diese vorsätzlich gemacht wurden und somit relevant für die staatlichen Untersuchungen im Balco-Skandal waren.
Graham hatte eine Schlüsselrolle in der Aufdeckung des kalifornischen Dopinglabors gespielt. Im Juni 2003 hatte er anonym eine Spritze mit dem bis dahin nicht nachweisbaren Dopingmittel THG an die amerikanischen Anti-Doping-Agentuer USADA geschickt. Spätere Untersuchungen hatten ergeben, dass die Substanz im Balco-Labor entwickelt und von dort aus an Athleten weitergereicht wurde.
von Heiko Oldörp, dpa
Quelle: ntv.de