Organe hingen neben dem Körper Die kaum zu fassende Geschichte der Krystal Rivers
07.12.2024, 05:50 Uhr
Krystal Rivers ist eine Spitzensportlerin geworden, entgegen allen Prognosen.
(Foto: Jens Büttner/dpa)
Die Geschichte von Krystal Rivers ist geprägt von Schmerzen und Tiefschlägen. Mit schweren Geburtsfehlern kommt sie auf die Welt. Einige Organe waren nicht so, wie sie sein sollten. Ob sie überlebt, ist nicht klar. Mittlerweile ist sie aber eine Topvolleyballerin.
Ende November warf die "Märkische Allgemeine Zeitung" eine große Frage auf: Wie stoppt man die Wucht von Krystal Rivers? Die Volleyballerinnen des SC Potsdam hatten im Pokal die Aufgabe MVT Stuttgart vor der Brust. Und eben die Wucht der US-Amerikanerin. Ein paar Wochen zuvor hat der Klub aus Brandenburg in der Bundesliga völlig überraschend gegen die Schwäbinnen gewonnen, klar mit 3:0 in den Sätzen. Auf alles hatten sie eine Antwort gefunden, nur auf Krystal Rivers nicht. 25 der 75 Stuttgarter Punkte hatte sie erzielt.
Krystal Rivers ist ein Phänomen. Kaum zu stoppen, wenn sie auf dem Parkett steht. Dass sie überhaupt dort stehen und schmettern kann, ist allerdings die Geschichte eines medizinischen Wunders und ihres eisernen Willens. Wer die Geschichte der 30-Jährigen liest, aufgeschrieben in der Gänsehaut verursachenden Autobiografie. "Die Ärzte sagten: Du wirst niemals laufen können. Also entschied ich mich zu springen", wechselt zwischen Atemlosigkeit und Bewunderung. Die Amerikanerin kam mit schwersten Geburtsfehlern zur Welt, musste über 20-mal operiert werden, ist bis heute nicht schmerzfrei. Und trotzdem eine absolute Topspielerin geworden.
Die Ärzte haben das nicht für möglich gehalten
Die Sportdirektorin der Stuttgarterinnen, Kim Oszvald-Renkema, spricht von einem "Wunder", wenn sie an den Rivers' Weg in den Spitzensport denkt. "Die Ärzte haben nicht für möglich gehalten, dass sie einmal laufen wird, als sie klein war. Jetzt ist sie eine Athletin, die fast einen Meter hoch springt. Jeder, der ihr zuschaut, staunt erst mal über ihre Explosivität." Seit 2018 spielt Rivers für den MVT. "Sie hat das Niveau unseres Vereins auf ein anderes Level gehoben. Sie hat den Klub von einem Vizemeister zu einem Meister gemacht", sagte Renkema.
Und das, obwohl sie längst nicht alle Spiele machen kann. Aufgrund ihrer Geschichte braucht sie mehr Pausen als andere Spielerinnen. Es ist ein ewiger Kampf für die 30-Jährige, einen, den sie immer gewinnen will. "Es ist auch ein Wunder, dass sie das durchhält, dass sie das alles investiert, um Profisportlerin zu sein. Das würden nicht alle so hinbekommen", sagte Renkema. Doch Rivers kennt das nicht anders. "Wenn ich ehrlich bin, hatte ich nie den einen oder die schlimmsten Tage meines Lebens. Denn mein normales Leben unterscheidet sich von anderen Leben", sagte sie einmal dem ZDF: "Ja, ich hatte meine Nöte und harte Zeiten, aber ich denke nie an das Schlimmste. Denn ich bin daran gewachsen."
Eine Krankengeschichte für mehrere Leben
Nöte und harte Zeiten, das ist eine gewaltige Verniedlichung dessen, was die Volleyballerin in ihrem Leben bisher durchgemacht hat. Die Diagnosen, Schocks und Operationen reichen für 5, 10, 15 oder noch mehr Leben. Sie kam mit schweren Fehlbildungen zur Welt. Die Ärzte rieten dem Vater, sich von seiner Tochter zu verabschieden, da war sie gerade mal ein paar Stunden auf der Welt. Bei Rivers stand das Herz still, Operation folgte auf Operation. Bei einer wurden ihre außerhalb des Körpers befindlichen Organe an die richtigen Stellen verlegt. Beim Lesen bekommt man spätestens bei diesem Kapitel eine Gänsehaut. Ihre Hüften wurden noch gebrochen, damit die Fehlstellungen zusammenwachsen können. Mit 19 entdeckten die Ärzte fortgeschrittenen Lymphknotenkrebs.
Aber Rivers gab nicht auf. Kämpfen ist ihre DNA. Bis heute. Niederlagen kassiert sie nur auf dem Parkett. Selten zwar, aber es kommt vor. So im Pokal, Potsdam gewann auch das zweite Duell mit dem Branchenriesen. Krystal Rivers war gestoppt worden. Aber nur für einen Moment.
Quelle: ntv.de, tno