Sport

Zu Eitel für die Paralympics Dopingsünder auf der Heimreise

Aus Eitelkeit ist Rollstuhl-Basketballer Ahmet Coskun in die Dopingfalle getappt und hat das deutsche Team bei den Paralympics in Peking in einen Schock-Zustand versetzt. Offenbar ohne Täuschungsabsicht, aber mit großer Blauäugigkeit nahm der 33-Jährige ein Jahr lang täglich das Haarwuchsmittel Propecia, informierte den Deutschen Behindertensportverband (DBS) nicht darüber und wurde vier Tage nach Beginn der Paralympics als Doping-Sünder überführt. Der Jurist wurde umgehend nach Hause geschickt, muss wohl die Entsendungskosten übernehmen und wird gesperrt werden.

"Ich bin sehr bestürzt und stinksauer", sagte der deutsche Chef de Mission Karl Quade: "Er war nicht professionell, hat alles nicht ernst genug genommen, und nun hat er die Quittung dafür." Der ehemalige Italien-Legionär Coskun, der in Hamburg lebt und derzeit ohne Verein ist, fiel aus allen Wolken, als er vom Ergebnis der Urinprobe aus dem Trainingslager vom 23. August in Wetzlar unterrichtet wurde.

"Habe an meine Haare gedacht"

"Ich habe an meine Haare gedacht und hatte keine Ahnung, dass das Haarwuchsmittel eine verbotene Substanz enthält", beteuerte er: "Ich bin völlig bestürzt, Doping ist mir nie in den Sinn gekommen."

Das glauben ihm die Verantwortlichen durchaus. Das Mittel Finasterid selbst ist nicht leistungsfördernd, steht aber seit 2005 als maskierendes Mittel auf der Dopingliste, weil es andere Substanzen verschleiern könnte.

"Einem gewissen Schönheitsideal entsprechen"

"Auf uns wirkte er sehr glaubwürdig", erklärte der deutsche Teamarzt Jürgen Kosel. Quade ergänzte: "Oft werden in solchen Fällen noch andere Mittel gefunden, um die es eigentlich geht. Das war hier aber nicht der Fall." Nach seiner Ansicht wollte der Athlet kurdischer Abstammung "einfach einem gewissen Schönheitsideal entsprechen".

Was die Wut auf ihn nicht mindert. "Das war ein klassischer Fall von dem, was man eine Dopingfalle nennt", meinte Quade: "Man dopt unbewusst, obwohl man etwas anderes im Sinn hat. Aber genau deshalb betreiben wir seit Jahren erhebliche Aufklärungsarbeit."

In Reinhard Küper hat der DBS einen eigenen Dopingbeauftragten eingestellt. "Wir haben alle 40 DBS-Sportärzte gebrieft", erklärte dieser: "Sie haben alle Trainer und Athleten eingeweiht und Broschüren verteilt. Wir haben unsere Bringschuld aus Fürsorgepflicht eindeutig erfüllt."

Vor den Paralympics musste jeder Athlet eine Liste ausfüllen. Coskun gab ein leeres Blatt ab. "Er hat gesagt, er habe einfach nicht daran gedacht. Dieses Mittel war für ihn etwas Alltägliches, etwas Normales", berichtet Kosel.

"Das zeigt, dass wir weiter aufklären, aufklären, aufklären müssen", meinte Quade: "Bis auch der letzte Athlet nicht mehr glaubt, das sei ja nur ein Hustensaft oder eine Kopfschmerz-Tablette."

Coskun war bis einschließlich Dienstag in drei Spielen für die deutsche Mannschaft zum Einsatz kommen. Sie wird allerdings nicht bestraft werden. Ulf Mehrens, der Vorsitzende des Deutschen Rollstuhlsportverbandes, erklärte nach Rücksprache mit dem Basketball-Weltverband FIBA, dass keinerlei Möglichkeit mehr für einen Protest bestehe. Um eine Sperre wird Coskun, der sich nach Angaben von Kosel "sehr kooperativ" zeigt, aber nicht rumkommen.

Holger Schmidt, sid

Quelle: ntv.de

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