"Null Vergangenheit, null Zukunft" Draisaitl sorgt mit Europas Rest für Furore
23.09.2016, 17:28 Uhr
"Wir wollten der Welt zeigen, dass die kleinen Länder auch Eishockey spielen können": Leon Draisaitl.
(Foto: dpa)
Die deutschen Eishockey-Nationalspieler um Jungstar Leon Draisaitl treffen mit der Europa-Auswahl beim World Cup in Toronto im Halbfinale auf Schweden. Das ist eine echte Sensation. Doch sie haben immer noch nicht genug - jetzt oder nie.
Für Leon Draisaitl ist die unglaubliche Geschichte der Eishockey-Außenseiter aus acht Nationen noch nicht zu Ende. "Wir wollten der Welt zeigen, dass die kleinen Länder auch Eishockey spielen können", sagte der deutsche NHL-Jungstar, der mit der Europa-Auswahl beim World Cup in Toronto für Furore sorgt: "Das ist uns ganz gut gelungen. Es macht eine Menge Spaß."
Am Sonntag (ab 19 Uhr unserer Zeit bei Sport1) will der 20-Jährige mit seiner zusammengewürfelten Mannschaft das nächste Kapitel der überraschenden Erfolgsgeschichte schreiben - im Halbfinale gegen den Olympiazweiten Schweden. Erstmals seit zwölf Jahren findet der World Cup of Hockey wieder statt, bis zum 1. Oktober treten in Kanada die besten Eishockeyteams der Welt an. Gastgeber Kanada, die USA, Schweden, Finnland, Tschechien und Russland waren als Teilnehmer aufgrund ihres Renommees gesetzt, dazu kam noch eine U23-Auswahl der Jungstars aus den USA und Kanada und ein Team Europa - mit Profis aus den übrigen europäischen Ländern.
Die US-Stars um NHL-Scorerkönig Patrick Kane haben die Europäer bereits aus dem Turnier geworfen. Auch Nordamerikas Supertalente um Aston Matthews, die Nummer eins beim NHL-Draft, sind schon ausgeschieden. Nun sind Draisaitl und seine Kollegen, die erklärten Underdogs, die große Geschichte im eishockeyverrückten Toronto. Die Mannschaft, die noch vor zwei Wochen in den ersten vier Dritteln der Vorbereitung neun Gegentore kassiert hatte und völlig überfordert wirkte, ist nur noch einem Sieg vom Finale entfernt.
"Das ist das Einzige, das wir haben"
"Wir sind hierhergekommen, um zu beweisen, dass wir dazugehören", sagte Verteidiger Christian Ehrhoff, "ich denke, wir haben das ganz gut hingekriegt, aber wir sind noch nicht zufrieden." Mit einem Sieg gegen die Schweden könne man "Geschichte schreiben". Ehrhoff, 34 Jahre alt, ist einer von sechs Deutschen in der Europa-Auswahl. Was die Spieler aus acht Ländern beim Turnier der Besten leisten, ist schon jetzt einzigartig - nicht nur wegen ihrer überraschenden Siege gegen die USA (3:0) und Tschechien (3:2). Denn ob es in Zukunft beim World Cup noch einmal eine Europa-Auswahl geben wird, ist offen.
Die NHL und die Spielergewerkschaft NHLPA hatten dieses Modell gewählt, um möglichst viele Spieler aus der Liga bei ihrem "Ersatz-Olympia" aufs Eis zu bekommen. In der Vergangenheit hatten die ersten acht Nationen der Weltrangliste das Turnier bestritten. Diesmal verzichteten die Veranstalter auf Mannschaften wie die Schweiz und die Slowakei, weil in ihnen nur eine Handvoll NHL-Stars mitgespielt hätte. Stattdessen schickten sie zwei zusammengewürfelte Teams ins Rennen, die den Zuschauern mehr Spektakel versprachen: Nordamerikas Toptalente "unter 23" und eben Draisaitl und Co. quasi als "Europas Rest".
"Null Vergangenheit, null Zukunft, deshalb sind wir im Hier und Jetzt so stark", sagte Trainer Ralph Krueger: "Das ist das Einzige, das wir haben." Und die Gegenwart soll nicht am Sonntag enden. "Jeder will mehr", sagte der ehemalige deutsche Nationalspieler: "Wir wollen ins Finale." Dort könnte es zum Wiedersehen mit Kanadas Superstars um Sidney Crosby kommen, gegen die es mit 1:4 die einzige Turnierniederlage gab. Der Topfavorit bekommt es schon in der Nacht zu Sonntag ab ein Uhr im anderen Halbfinale mit Rekordweltmeister Russland zu tun.
Quelle: ntv.de, Thomas Lipinski, sid