Sport

Schach-WM in Bonn Duell auf Biegen und Brechen

Keine Mätzchen, bitte. Wenn Bundesfinanzminister Peer Steinbrück um 15 Uhr den symbolischen ersten Zug bei der Schach-WM in Bonn zwischen Titelverteidiger Viswanathan Anand (Indien) und Wladimir Kramnik (Russland) ausführt, erwartet die Schachwelt einen Zweikampf auf Top-Niveau. Beide Schach-Stars kündigten ein Duell auf Biegen und Brechen an. Psychoterror wie Grimassen schneiden oder eine Toiletten-Affäre wie bei der WM 2006 in Elista wollen aber weder der 38 Jahre alte Anand noch sein fünf Jahre jüngerer Herausforderer.

"Ich erwarte diesmal keinen Skandal und sehe auch keinerlei Grund dafür. Ich denke, das Match wird nur am Brett entschieden", erklärte Kramnik. "Wir hatten noch nie Probleme miteinander", pflichtete ihm Anand bei. Der "Tiger von Madras", der seit einiger Zeit in Spanien wohnt, ist zwar der Champion, gilt aber nicht unbedingt als Favorit. Zuletzt belegte er beim Super-Turnier in Bilbao nur den letzten Rang. Kramnik hingegen, der 2000 seinem russischen Landsmann Garri Kasparow die Schachkrone abgenommen hatte, gilt als Experte im Zweikampf.

Titelverteidiger ohne Bonus

Gespielt werden in der Bundeskunsthalle bis zum 31. Oktober zwölf Partien mit klassischer Bedenkzeit. Die WM-Börse von 1,5 Millionen Euro wird bei der ersten Schach-WM in Deutschland seit 74 Jahren zur Hälfte geteilt. Sieger ist, wer zuerst 6,5 Punkte erzielt. Laut Reglement erhält Titelverteidiger Anand nicht den üblichen WM-Bonus. Steht es im Gesamtklassement 6:6, gibt es am 2. November einen Tiebreak mit verkürzter Bedenkzeit.

In Indien wurde dieser Modus heftig kritisiert. "Das sind die Regeln, fertig, aus", sagte Anand, Er hatte vor einem Jahr ein vom Weltschachbund FIDE organisiertes WM-Turnier in Mexiko gewonnen und dabei Kramnik entthront.

Intensive Vorbereitungen

"Unser Duell in Bonn hat einen höheren Stellenwert, denn es gehört zur klassischen Linie der WM-Matches seit 1886", sagte Kramnik, der in der Eröffnungspartie die weißen Figuren führen wird. Kramnik hatte nach seinem Erfolg über Kasparow den WM-Titel zweimal gegen Peter Leko (Ungarn/2004) und gegen Weselin Topalow (Bulgarien/2006) verteidigt. Nun engagierte er überraschend den früheren WM-Gegner und Supergroßmeister Leko als einen seiner Sekundanten.

Anand sagte, er habe sich monatelang intensiv auf das Duell vorbereitet. Zahlreiche Journalisten aus allen Kontinenten, die Züge der WM-Partien werden per Internet live übertragen. Die deutschen Großmeister Helmut Pfleger, Artur Jussupow und Klaus Bischoff analysieren das Duell.

Hervorragender Wettkampfort

Kramnik und Anand lobten die guten Spielbedingungen in der Bundeskunsthalle, der Russe nannte sie sogar brillant. Seit Mittwoch befinden sich die WM-Finalisten in Bonn und wohnen im selben Hotel, allerdings in verschiedenen Flügeln. Auf einen eigenen Koch und einen Physiotherapeuten verzichtete Kramnik diesmal im Gegensatz zu 2006.

Die Begründung des in Paris lebenden Russen ist ein Lob für die Bundesstadt: "Bonn ist nicht die südrussische Steppe, sondern ein hervorragender Ort für einen solchen Wettkampf."

Quelle: ntv.de, Dagobert Kohlmeyer, dpa

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