Rumänischer Betrugsversuch? EHF: CL-Finale 2007 sauber
17.03.2009, 10:55 UhrDer Europäische Handball-Verband (EHF) sieht nach einer genauen Untersuchung des Champions-League-Finals 2007 zwischen dem THW Kiel und der SG Flensburg-Handewitt keinerlei Anzeichen für eine Manipulation. "Die Analyse liefert eine abgestimmte Ausführung des Spiels mit einer klaren Linie in den Entscheidungen. Diese wurde beständig während des gesamten Spiels gehalten", heißt es in einer Mitteilung der EHF. Der Verband hatte den früheren Schiedsrichter und Regelexperten des Weltverbandes IHF, Roland Bürgi aus der Schweiz, mit einer Videoanalyse beauftragt.
Anlass waren Vorwürfe, der Sieger THW Kiel habe für das Rückspiel in eigener Halle (29:27/Hinspiel 28:28) allein 96.000 Euro Bestechungsgeld an die polnischen Schiedsrichter Miroslaw Baum/Marek Goralczyk gezahlt und zudem seit 2000 mindestens zehn Champions-League-Spiele verschoben. Sowohl der THW als auch die Schiedsrichter bestreiten alle Vorwürfe.
Zudem untersuchte die EHF alle Europacup-Matches des THW seit 2000. Dabei ergebe sich ein sehr ausgeglichenes Bild bei den Schiedsrichter-Nominierungen. 53 Gespanne aus 27 Ländern hätten die insgesamt 83 Kieler Spiele geleitet.
Ausgewogene Entscheidungen
Laut EHF-Analyse seien im Finale am 29. April 2007 sowohl kleinere als auch größere Entscheidungen ausgewogen zu beiden Seiten getroffen worden, ab der 46. Minute sogar mit einem kleinen Vorteil für die Gäste aus Flensburg. Zu keiner Zeit sei eine Befangenheit der Schiedsrichter zu erkennen gewesen.
In mehreren Situationen hätten sie Entscheidungen auch zu Gunsten des THW auslegen können, dies aber nicht getan. Eine zweite unabhängige Analyse werde in Auftrag gegeben. Man gehe aber davon aus, dass diese zu demselben Schluss kommen werde.
Bestechungsversuch gemeldet
Unterdessen haben zwei Handball-Schiedsrichter aus Dänemark Bestechungsversuche vor einem WM-Qualifikationsspiel in Rumänien gemeldet. Wie die Zeitung "Jyllands-Posten" berichtet, wurden den zur internationalen Spitzenklasse zählenden Schiedsrichtern Martin Gjeding und Mads Hansen nach eigenen Angaben im Juni 2008 je 30.000 Euro in einem Koffer geboten, um den Rumänen zu einem Sieg gegen Montenegro zu verhelfen.
Sie hätten dies abgelehnt. Die Rumänen gewannen das Spiel trotzdem genau mit dem zum Weiterkommen nötigen Vorsprung von fünf Toren.
Neun Monate nach der Partie wurde der Fall bekannt am Tag, nachdem das mit Bestechungsvorwürfen konfrontierte deutsche Schiedsrichter-Gespann Frank Lemme und Bernd Ullrich mit sofortiger Wirkung vom Spielbetrieb suspendiert worden war. In dem dänischen Zeitungsbericht hieß es, Gjeding und Hansen hätten der Europäischen Handball- Föderation (EHF) umgehend vom rumänischen Bestechungsversuch Bericht erstattet. Es sei danach aber nichts passiert.
Der Geschäftsführer des dänischen Verbandes, Morten Stig Christensen, meinte zu dem Fall: "Das erschüttert uns und zeigt, dass im Handball dringend radikale Veränderungen durchgesetzt werden müssen."
IHF erwartet Stellungnahmen
Der Handball-Weltverband IHF hat derweil die Schiedsrichter Frank Lemme und Bernd Ullrich zu einer Stellungnahme im Zusammenhang mit den Manipulationsvorwürfen gegen das deutsche Gespann aufgefordert. Zudem erwartet die IHF Berichte des Europäischen Handball-Verbandes (EHF) sowie des Deutschen Handball-Bundes (DHB) zum derzeitigen Stand der Ermittlungen und mögliche Vorschläge, wie ein "ernsthafter Schaden am Image des Handballs" verhindert werden kann.
Man sei zutiefst besorgt über die Medienberichte über mögliche Schiedsrichterbestechungen und verschobene Spiele im Europapokal. Die IHF behalte sich vor, gegebenenfalls selbst zu reagieren.
Lemme/Ullrich wurden am Montagabend vom DHB suspendiert, bereits am Sonntag hatte die EHF das Gespann, das unter anderem das olympische Finale in Peking geleitet hatte, vorerst suspendiert. Russische Zollbeamte hatten am Moskauer Flughafen 50.000 US-Dollar Bargeld im Gepäck von Ullrich gefunden. Die Schiedsrichter hatten seinerzeit in der russischen Hauptstadt das Finalrückspiel um den Europapokal der Pokalsieger zwischen Moskau und Valladolid geleitet. Lemme und Ullrich bestreiten alle Vorwürfe.
Quelle: ntv.de