Die Deutschen und der Fluch Ein Prevc wird Freund ärgern
29.12.2016, 09:00 Uhr
Severin Freund startet in Topform in den Skisprung-Weltcup, findet danach aber keine Stabilität. Auch Vorjahres-Dominator Peter Prevc sucht seinen perfekten Sprung. Davon könnte Freund profitieren, wären da nicht noch andere Prevc-Brüder.
Severin Freund kann nur wenig die Laune verderben. Der deutsche Fluch bei der Vierschanzentournee gehört ganz sicher nicht dazu. Vor der 65. Auflage, die ab 16.45 Uhr mit der Qualifikation in Oberstdorf beginnt, warten die deutschen Skispringer zwar schon seit einer kleinen Ewigkeit auf den 17. Gesamtsieg beim Skisprung-Klassiker. Seit 2002, als Sven Hannawald in die Skisprung-Geschichtsbücher geflogen war. Seitdem haben Finnland und Österreich nach Gesamtsiegen ausgeglichen.
Deutschlands bester Skispringer geht dennoch ohne Druck an den Start in Oberstdorf, die schwarze Serie nun endlich brechen zu müssen. Nach seiner schweren Hüft-Operation im Sommer sieht er sich noch nicht wieder bei 100 Prozent: "Ich habe ein paar Schritte gemacht, aber ich glaube, dass noch etwas fehlt."
Dabei schien es zunächst so, als wäre Freund ein springendes medizinisches Wunder. Pünktlich zum Saisonstart in Finnland war er wieder topfit, in Kuusamo flog er zum Sensationssieg – und das, obwohl vorab völlig unklar war, wie es ihm gehen würde. Kurz vor der Vierschanzentournee zeigt seine Formkurve mit Platz 10 in Engelberg aber etwas nach unten. "Es ist nicht einfach. Manchmal würde ich einige Schritte gerne überspringen. Es hatte ja in dieser Saison auch schon mal den Anschein, dass es geht. Aber es gibt auch mal solche Zeiten", so der Bayer.
Den hohen Erwartungen hinterher
Mit den Topsprüngen zum Saisonstart hat Freund hohe Erwartungen geschürt, die er derzeit nicht erfüllen kann. Allerdings sprang Youngster Markus Eisenbichler in die Bresche und holte die besten Resultate seiner bisherigen Karriere. Er könnte für eine positive Überraschung sorgen. Bei Bundestrainer Werner Schuster sorgen Freund und Eisenbichler vorab schonmal für Optimismus für den Tournee-Auftakt: "Ich hoffe, dass einer von uns richtig Gas gibt und von Anfang an vorne dabei ist. Ich bin von der Mannschaft überzeugt und guter Hoffnung, dass wir eine gute Tournee springen." Der Kreis der Kandidaten, glaubt Schuster, "ist diesmal eher groß".

Die Prevc-Brüder (Domen und Peter, v.l., Cene nicht im Bild) mischen den Weltcup auf.
(Foto: imago/Eibner)
Denn auch Freunds Hauptkonkurrent der vergangenen Saison scheint derzeit etwas ratlos: Dominator Peter Prevc schwächelt. Endlich scheint die Konkurrenz eine Chance zu haben, den sonst so bärenstarken Slowenen zu schlagen. Kleiner Haken: Neben Peter mischen noch zwei andere Prevc-Brüder im slowenischen Team mit. Für Peter (der Älteste), der nach Topsprüngen sucht, sprang Bruder Domen ein und mit nur 17 Jahren als "Domenator" zu seinen ersten vier Weltcup-Siegen und in die Rolle als Tournee-Favorit. Noch spektakulärer wurde die Prevc-Show, seit auch noch ein dritter Bruder, Cene, im Weltcup der Besten mitspringt.
Hoher Druck beim Heimspiel
Die deutschen Springer können da nur neidisch nach Slowenien blicken. Fast schon traditionell tut sich das Team von Werner Schuster bei der Vierschanzentournee schwer. Der Druck im Heimatland ist groß, die mediale Aufmerksamkeit riesig – und die Skispringer müssen vor allem mental gut aufgestellt sein, um in dieser Situation weit zu fliegen.
Grand-Slam-Sieger Sven Hannawald, der 2001/2002 als bislang einziger Springer alle vier Wettbewerbe gewann, traut einem Prevc sogar den Vierfach-Triumph zu. Dabei hat er Domen Prevc auf der Rechnung, aber auch den Norweger Daniel Andre Tande: "Das sind zwei Kandidaten, die das definitiv draufhaben." An einen Sieg von Weltmeister Severin Freund glaubt Hannawald nicht. "Ich wäre froh, wenn er am Ende unter den ersten Zehn landet - unter den ersten Fünf wäre wie Weihnachten und Geburtstag zusammen. Ich trete da bewusst ein bisschen auf die Bremse", sagte er über den lange verletzten Freund.
Die erste Station Oberstdorf gehört bei den vier Tournee-Baaken sicherlich noch zu den Lieblingsschanzen der Deutschen. Beim ersten Wettbewerb liegen sie meistens gut im Rennen, denn im Allgäu wird oft trainiert. Daueroptimist Severin Freund sollte sich sein Lächeln bewahren - und vielleicht kann er mit etwas Glück den Tourneefluch besiegen. Doch die Prevc-Brüder werden es ihm möglichst schwer machen.
Quelle: ntv.de