DEB sucht neuen Bundestrainer Ein zweites Sturm-Glück ist nicht in Sicht
07.11.2018, 17:11 Uhr
Marco Sturm führte das DEB-Team zu Olympia-Silber - und machte so auch auf sich aufmerksam.
(Foto: imago/Sven Simon)
Vor seinem Abschied vom deutschen Eishockey kommen bei Bundestrainer Marco Sturm Wehmut und Sorgen um die Zukunft des DEB auf. Er hinterlässt mit seinem Wechsel in die NHL ein riesiges Loch, das vielleicht sogar mit mehreren Personen gestopft wird.
Vor dem Abschiedsturnier für Bundestrainer Marco Sturm sprach auch der Deutsche Eishockey-Bund so gut wie gar nicht über sportliche Fragen. Viel mehr als die Spiele beim Deutschland Cup von Donnerstag bis Sonntag in Krefeld beschäftigt den DEB die Frage, wie es nach Sturms Abschied in die NHL weitergeht. Selbst der 40 Jahre alte künftige Assistenzcoach des Los Angeles Kings unterstrich einen Tag vor dem Beginn des Vier-Nationen-Turnier die Dringlichkeit dieser Frage als oberste Prämisse der nächsten Tage. "Ich finde das persönlich sehr wichtig, wie es weiter geht", sagte der scheidende Bundestrainer.
Zu groß sind die Erfolge, die Sturm seit seiner überraschenden Ernennung 2015 zum Generalmanager und Trainer der Nationalmannschaft errungen hat. Nach der Etablierung in der erweiterten Weltspitze löste die sensationelle Silbermedaille bei Olympia im Februar einen Boom aus. Als unschöner Nebeneffekt geriet Deutschlands NHL-Rekordspieler dadurch allerdings auch als Trainer in den Fokus der weltbesten Liga. "Was wir nicht vorausgesehen haben, ist Olympia. Das hat für uns alle und mich persönlich einiges verändert", sagte Sturm, der sich Hoffnungen macht, dauerhaft zum NHL-Chefcoach aufsteigen zu können.
Olympia-Held könnte Generalmanager werden
Der DEB hat nun allerdings ein Dilemma. Seit Olympia gibt es eben deutliche Zuwachsraten bei den Jugendspielern im ganzen Land. Will der Verband diesen Aufschwung nicht gefährden, muss die Suche nach einem geeigneten Nachfolger sitzen. "Ich bin mir sicher, dass wir eine gute Lösung finden werden", sagte Reindl gewohnt optimistisch. Ein Überraschungscoup wie mit Sturm 2015 nach der glücklosen Ära von Pat Cortina ist nahezu ausgeschlossen. "Wir hatten mit Marco großes Glück. Noch einmal auf Glück zu setzen, ist nicht mein Naturell", sagte Reindl.
Olympia-Silbergewinner Christian Ehrhoff als alleiniger Nachfolger scheidet damit aus. Der 36 Jahre hatte nach den Winterspielen seine Karriere beendet und anders als Sturm vor drei Jahren noch keinen Trainerschein gemacht. Der langjährige NHL-Spieler käme allerdings als Generalmanager infrage - mit einem erfahrenen Trainer an seiner Seite. "Inhalt geht vor Person", betonte DEB-Sportdirektor Stefan Schaidnagel. Im Gespräch ist offenbar der frühere Nationalspieler und langjährige Schweizer Cheftrainer Ralph Krueger, derzeit Vorstandsboss beim englischen Fußball-Erstligisten FC Southampton. Zu ihm wurde wohl schon Kontakt aufgenommen. Geld spiele "momentan die geringste Rolle", meinte Reindl augenzwinkernd: "Dann müssen wir eben das Büffet ein bisschen kleiner machen."
Gross, Kreis, Krupp?
Das weitere Vorgehen bei der Suche nach Sturms Nachfolger soll am Rande des Turniers im DEB-Präsidium zusammen mit Vertretern der Deutschen Eishockey Liga besprochen werden. Klar ist, dass der DEB auch in Zukunft auf einen Deutsch sprechenden Coach, bestenfalls auf einen Deutschen, setzt. "Der deutsche Nationaltrainer muss Deutsch sprechen. Das ist für mich klar", sagte Reindl. In diesem Punkt mischte sich auch Sturm mit ein: "Das Feedback der Spieler war so, dass meine Spieler es auch genossen haben, dass wieder Deutsch gesprochen wurde. Ich bin auch dafür, dass es mit einem deutschen Trainer weitergeht."
Geeignete Kandidaten scheinen aber Mangelware zu sein. Als zwangsläufig möglich erscheinen Pavel Gross (Mannheim), Harold Kreis (Düsseldorf) und der frühere Bundestrainer Uwe Krupp (Sparta Prag), die aber alle unter Vertrag stehen und Erfolg in ihren Klubs haben. Eine Dauerlösung mit einem Klubcoach in Doppelfunktion schloss Reindl auch bereits aus. "Das kann man nicht nebenbei machen. Für die Nationalmannschaft braucht man ein Gesicht, ein Aushängeschild", sagte der 63-Jährige, ließ sich aber für einen gewissen Zeitraum eine Option offen: "Als Übergangslösung will ich das nicht ausschließen."
"Wir sind zusammengewachsen"
Mit all dem hat Sturm nichts mehr zu tun. Er will das Wochenende "mit den Jungs genießen", denn: "Die Zeit war wunderschön, wir haben Wundervolles erreicht." Wehmut schwingt mit: "Wir sind zusammengewachsen als Familie. Das werde ich mein Leben lang nicht vergessen." Die große Chance, sich den Traum von der zweiten NHL-Karriere zu erfüllen, will sich der 40-Jährige aber nicht entgehen lassen. Bei den Los Angeles Kings steht Sturm am kommenden Dienstag erstmals als Co-Trainer an der Bande, mit seinem Vertrag bis 2021 gilt er als Chefcoach der Zukunft. Seine Familie, die ihm im vergangenen Jahr aus der Wahlheimat Florida zurück nach Bayern folgte, wird erst zu Weihnachten in die USA nachreisen.
Für den Verbandschef aber werden die Gespräche am Rande des Turniers wichtiger als die Spiele gegen Russland am Donnerstag (19 Uhr), gegen die Schweiz am Samstag (13.30 Uhr) und die Slowakei am Sonntag (14.30 Uhr/alle Sport1 und Telekomsport). "Bis zum Wochenende werden wir einen Plan haben", versprach Reindl.
Quelle: ntv.de, ara/sid/dpa