"Hamburg 1974" sagt alles Eine Legende wird 60
02.06.2008, 13:16 Uhr"Sparwasser - Tooor": Mehr Worte braucht es nicht, um den größten Moment der DDR-Fußballgeschichte zu schildern. Ein einziger Schuss, der über dem hechtenden Sepp Maier und dem grätschenden Berti Vogts hinweg im Tor einschlug, machte Jürgen Sparwasser berühmt. Am 4. Juni feiert der ehemalige DDR-Fußballheld in der alten Heimatstadt Magdeburg seinen 60. Geburtstag. Zugleich erscheint die Autobiografie des Stürmers, der am 22. Juni 1974 für den 1:0-Sieg der DDR gegen den "Klassenfeind" Bundesrepublik im Hamburger WM-Spiel sorgte und sich künftig in einer eigenen Fußballschule um den Nachwuchs kümmern möchte.
"Ein Großteil der Leute, die mich noch sehen wollen, wird sicher kommen. Ich bin mal gespannt", meint Jürgen Sparwasser vor der Feier in einem Hotel des Magdeburger Vorortes Olvenstedt. Ganz sicher erwartet der Jubilar seinen alten Weggefährten aus der großen Zeit des 1. FC Magdeburg, der 1974 mit Sparwasser den Europapokal der Pokalsieger gewann. Gerade hat die Truppe auf ihrem alljährlichen Treffen wieder einmal den damaligen 2:0-Endspielsieg gegen den AC Mailand gefeiert. Mit viel Bier und einem lustigen Torwandschießen auf dem Brocken, dem höchsten Harzgipfel.
Eines der drei historischen Tore
Jürgen Sparwasser selbst hängt an jener Mannschaft mehr, als an der DDR-Auswahl in der er 53-mal spielte (15 Tore), deren Aushängeschild er nach seinem legendären Tor wurde und die ihn nach der spektakulären Flucht im Januar 1988 aus den Annalen strich - am Rande eines Altherren-Turnieres in Saarbrücken hatte er sich abgesetzt.
Eigentlich sei sein Tor zum 2:1-Halbfinalsieg des FCM über Sporting Lissabon in jenem Superjahr 1974 "das wichtigste Tor meiner Karriere", meint Sparwasser. "Aber die Leute erinnern sich eben nur an das Tor von Hamburg. Überhaupt gibt es wohl nur drei Tore, die ewig von den deutschen Fußball-Fans diskutiert werden. Das im WM-Finale 1954 von Helmut Rahn, das Wembley-Tor von 1966 und meines."
Nach dem vorzeitigen Karriereende
Sparwasser, der 1979 vorzeitig seine Laufbahn wegen eines Hüftleidens beenden musste, wurde Zeit seines Lebens an seinem berühmten Tor gemessen und wünschte sich manchmal, es nie geschossen zu haben. "Wenn auf meinem Grabstein eines Tages nur 'Hamburg 1974' stehen würde, wüsste wahrscheinlich trotzdem jeder, wer da liegt", lautet einer der Sprüche des ehemaligen Weltklasse-Fußballers, der sich nach der sportlichen Karriere mit mäßigem Erfolg als Trainer in Darmstadt und als Co-Trainer bei Eintracht Frankfurt versuchte und der später auch Vorsitzender der Vereinigung der Vertragsfußballspieler (VDV) war.
Ein Comeback als Trainer werde es nicht geben. "Das Kapitel habe ich abgehakt. Ich möchte viel lieber mit Kindern arbeiten, und wenn das nicht klappt, dann gehe ich in Rente." Noch im Juni ist die Grundsteinlegung für die Sportwelt Havelland in Brieselang westlich von Berlin geplant, die bereits im Internet mit der "Fußballschule Sparwasser" um Kundschaft wirbt. Außerdem erscheinen im Umfeld des runden Geburtstages die ersten 1000 Exemplare der mit zahlreichen Episoden gewürzten Biografie. Titel natürlich: "Sparwasser - Tooor".
Der ehemalige Ausnahme-Stürmer wird sich in den nächsten Wochen auch die EM-Auftritte der deutschen Nationalmannschaft via TV ansehen und ist dabei wenig zuversichtlich: "Der Druck auf die Mannschaft ist groß, alles andere als der Titel zählt nicht. Aber etliche Spieler waren zuletzt nicht in der Form von 2006 und spielten in der Meisterschaft keine Rolle. Der EM-Titel wäre für mich eine Überraschung."
Peter Stracke, sid
Quelle: ntv.de