#NBA75: Jordan, Dirk, Kobe & Co. Eine NBA-Show, die es so noch nie gab
26.02.2022, 12:32 Uhr
Legenden unter sich: LeBron James und Michael Jordan.
(Foto: AP)
Ein seltener Auftritt von Michael Jordan wird zum Highlight einer epischen Basketball-Nacht, die zwischen einem ehrfürchtigen Dirk Nowitzki, einer Rekord-Gala von Steph Curry, einem Siegtreffer von LeBron James und den 75 besten Spielern aller Zeiten eine perfekte Show bietet.
Es gibt Abende, selbst in einer Liga, die schon unzählige, unvergessliche Basketball-Momente hervorgebracht hat, die stellen alles in den Schatten. Vergangener Sonntag war solch ein Abend. Wiewohl sich "Team LeBron" und "Team Durant" auf dem Parkett unerwartet hochklassig duellierten, war es die epische Halbzeitshow, die aus dem All-Star Wochenende im kalten Cleveland ein unvergleichliches, legendäres machte.
Die NBA ehrte anlässlich ihres 75-jährigen Bestehens die 76 besten Basketballspieler aller Zeiten. Von den überlebenden 61 waren 45 am Sonntag in der Halle. Vorgestellt von den Oscar-Preisträgern Spike Lee und Forest Whitaker, liefen innerhalb von Minuten Ikonen wie Magic Johnson, Jerry West, Kareem Abdul-Jabbar, Oscar Robertson, Hakeem Olajuwon, Shaquille O'Neal, Tim Duncan, Charles Barkley, Reggie Miller oder Patrick Ewing übers rote VIP-Parkett. Eine Mischung aus Ehrfurcht, Bewunderung, sentimentaler Nostalgie und Dankbarkeit füllte die ausverkaufte Arena und den Äther des World Wide Web.
Mittendrin auch: Dirk Nowitzki, der die Dallas Mavericks 2011 zu ihrer ersten und einzigen Meisterschaft führte. Erst vor wenigen Wochen durfte der Deutsche sein Trikot mit der Nummer 41 unter die Hallendecke ziehen, nachdem er es 21 Jahre ununterbrochen getragen hatte – ein ewiger NBA-Rekord in einer Rekord-versessenen Liga. "Das ist schon etwas ganz Besonderes, in diesem Raum zwischen all diesen Legenden", sagte der Würzburger nach der Zeremonie. "Da muss man sich schon kneifen, das ist ein bisschen surreal. Einfach ein unglaubliches Gefühl, hier mit dabei zu sein."
"Das ist schwer zu begreifen"
Zwischen Helden der Bürgerrechtsbewegung in Abdul-Jabbar und Robertson, Ikonen der 1990er in Olajuwon und O'Neal, oder Style-Pionieren wie Allen Iverson und Dennis Rodman, tauchten auch die Superstars von heute auf. So etwa der beste Schütze aller Zeiten: Stephen Curry. Nowitzkis Nachfolger als europäischer Finals-MVP: Giannis Antetokounmpo. Oder Lokalheld LeBron James, der nur 30 Minuten entfernt geboren und aufgewachsen ist und die Cleveland Cavaliers 2016 in ebenjener Halle zum einzigen Titel in der Klubgeschichte getragen hatte. "Das ist schwer zu begreifen", versuchte James seine Euphorie in Worte zu fassen. "Vor 25 Jahren haben wir uns gewünscht, einmal nah dran zu sein an unseren Helden. Sie heute nicht nur zu sehen, sondern mit ihnen zusammen da oben zu stehen, das ist einfach nur verrückt."
Für den besten Moment des Abends sorgte James und der Mann, der als letztes vorgestellt, aber am lautesten gefeiert wurde: Michael "Air" Jordan. Einer seiner ganz seltenen Auftritte in der Öffentlichkeit und die wenigen Minuten im Rampenlicht untermauerten einmal mehr Jordans Ruf als "G.O.A.T. - The greatest of all time". Ungeachtet, wen man persönlich in der ewigen Debatte um den besten Spieler aller Zeiten präferiert: Jordans Einfluss – auf das Spiel und dessen Beliebtheit weltweit, moderne Pop-Kultur, sowie alle Generationen seit seinem dritten und endgültigen Rücktritt vor knapp 20 Jahren – bleibt auch heute unerreicht.
"Er hat mich inspiriert", sagt James. "Ich wäre heute so nicht hier, ohne Jordan. Ich wollte immer sein wie er, als ich jünger war. Es ist verrückt: sogar mein Siegtreffer heute war ein Fadeaway, inspiriert von MJ. Das bedeutet mir eine Menge." Dass James und Jordan, mit dem der "King" seit seiner Adoleszenz pausenlos verglichen wird, nicht nur gemeinsam in einer Halle standen, sondern sich nach der Zeremonie auch noch innig umarmten und Scherze austauschten, war nicht weniger als geschichtsträchtig. Die Faszination: regelrecht greifbar. Dieser Moment alleine setzte einem ohnehin schon fürstlichen Abend die Krone auf.
"Dieser Typ ist nicht von diesem Planeten"
Insgesamt sieben All-Star Neulinge tauchten in die Szenerie ein und saugten die geballte Starpower auf, bevor es nach der Pause mit dem eigentlichen Basketballspiel weiter ging. Auch dort staunten die Youngster nicht schlecht, denn Halbzeit zwei wurde zur großen LeBron- und Curry-Show. Die beiden größten Stars der NBA liefen gemeinsam für dasselbe Team auf und sorgten in Co-Produktion für den Comeback-Sieg von Team LeBron.
Curry, der erst im Dezember den Rekord für die meisten Dreier in einer NBA-Karriere brach, warf sich mal wieder in einen Rausch. Alles ging rein, insgesamt 16 Dreier netzte der dreifache Meister auf dem Weg zu 50 Punkten. "Dieser Typ ist nicht von diesem Planeten", analysierte James. Noch nie hat ein Spieler in einer NBA-Partie mehr Dreier erzielt, der Scoring-Rekord im All-Star Spiel (52) wäre um ein Haar ebenfalls gepurzelt. Curry gewann die nach dem verstorbenen Kobe Bryant benannte Trophäe für den "wertvollsten Spieler" des Abends. "Wir vermissen Kobe", sagte Nowitzkis ehemaliger Teamkollege bei den Mavs, Jason Kidd. "Er hätte perfekt hierher gepasst, neben Jordan, Dr. J, LeBron und den Besten der Besten."
Der Schlusspunkt war James vorbehalten. Einen einzigen Treffer vom Sieg entfernt, verlangte der 37-jährige Lakers-Star den Ball am rechten Zonenrand, drehte sich in besten Jordan-Manier weg und versenkte den entscheidenden Korb zum 163:160 Endstand. Fans und Beobachter scherzen schon länger, ob die NBA vielleicht nicht tatsächlich über ihre eigens kreierte Drehbuchabteilung verfügt, sich dramaturgisch ansprechende Höhepunkte ausdenkt und gewieft umsetzt. Momente wie in Cleveland nähren den Mythos. Es war ein perfekter All-Star Sonntag, den sich Liga und ihre Protagonisten nicht besser hätten erträumen können – eine willkommene, wohltuende Abwechslung in diesen Zeiten globaler Angespanntheit und kollektiver Unsicherheit.
Die Faszination dieses Spiels liegt seit jeher in den Synergien, die zwischen Individuen und dem Teamkonstrukt entstehen und im Idealfall zum gemeinsamen Triumph führen. Der Erfolg dieser Liga jedoch ist unzertrennbar mit der Faszination verbunden, die vor allem diese 76 Superstars über 75 Jahre entfacht haben. Das 71. NBA All-Star Game in Cleveland erinnerte uns einmal mehr: So wie das Zepter der Großartigkeit von einer Generation zur nächsten übergeben wird, so furcht sich auch der Basketball unaufhaltsam neue Spuren. Höher, schneller, weiter, größer. Auf die nächsten 75...
Quelle: ntv.de