Sport

Körperliche Grenzen erreicht Ende der Weltrekorde

Die Diskussion über Rekorde im Sport lebt mit der Debatte um Doping gerade erst auf, da sagen ihr französische Forscher schon den natürlichen Tod voraus. "Wir stehen am Anfang vom Ende. Die Grenzen der physiologischen Leistungsfähigkeit sind erreicht", meint Jean-Francois Toussaint, Chef des angesehenen Biomedizinischen und Epidemiologischen Instituts für Sport (IRMES) vor den Toren von Paris. Spätestens 2060 sei Schluss mit neuen Rekorden: "In der Hälfte aller Sportarten und Disziplinen schon 2027."

Toussaint analysierte zusammen mit einer Gruppe von Wissenschaftlern 3260 seit den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit im Jahr 1896 aufgestellte Weltrekorde in den Sportarten Leichtathletik, Radsport, Gewichtheben, Schwimmen und Eisschnelllaufen und kam zu dem Schluss: "Die Menschheit hat 99 Prozent der Leistungsfähigkeit erreicht."

In der Leichtathletik würden Rekordverbesserungen zuerst ausbleiben, dann folge Gewichtheben und schließlich technisch anspruchsvollere Sportarten wie Schwimmen und Rudern, erläuterte Toussaint der englischen Tageszeitung Sunday Times. Bereits seit 1970 sei die Zahl der aufgestellten Rekorde rückläufig: "Die Kurve flacht ab."

Fabel-Weltrekord von Griffith-Joyner über 100 Meter

Schon jetzt gäbe es Rekorde, die in der Sackgasse steckten, wie die 10,49 Sekunden von Florence Griffith-Joyner (USA/1988) über 100 m, in deren Nähe seit fast 20 Jahren niemand mehr kam. "Man mag Doping als Grund für diese Leistung vermuten. Es könnte stimmen, aber diese Rekorde haben ihre eigene Logik", erklärt Toussaint: "Wir müssen sie glauben, weil sie nummerisch gemessen wurden. Die Frage ist, wie Griffith-Joyner 10,49 geschafft hat. Wir können alle Fakten analysieren und schauen, ob man die Bedingungen noch einmal herstellen kann. Es scheint, als könne man es nicht."

Dabei berechnete noch im Vorjahr Statistik-Professor John Einmahl von der Universität Tilburg/Niederlande in einer Extremwert-Studie die ultimativen Weltrekorde in 14 Leichtathletik-Disziplinen und kam dabei zu ganz anderen Aussagen. Er schlussfolgerte, dass über 100 m der Männer 9,29 Sekunden (bisher 9,74 von Asafa Powell/Jamaika) genauso möglich seien wie 2:06:35 im Frauen-Marathon (bisher 2:15:25 Stunden von Paula Radcliffe/Großbritannien). Den Männern gab Einmahl nur noch einen Spielraum von wenigen Sekunden.

Damit wiederum widersprach er Forschern der Universität Texas, die meinen, ein Mann sei in der Lage, die 42,195 km in 1:57:48 Stunden zu laufen. Bei den Frauen sind aus ihrer Sicht nur 2:13:00 drin. Ihre Analyse basierten die US-Wissenschaftler auf der maximalen Sauerstoffaufnahme, die Menge an Sauerstoff also, die ein Sportler einatmen und den Muskeln zur Energieproduktion zur Verfügung stellen kann.

Umstrittene Jagd nach Rekorden


Egal, wer am Ende Recht behält, das Rekordstreben ist im Sport mittlerweile umstritten. So kritisierte IOC-Vize Thomas Bach jüngst Sportverbände und Sponsoren: "Es sollten für Rekorde keine Prämien mehr gezahlt werden", sagte er und erhielt Unterstützung von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble: "Wir täten gut daran, die Rolle der Rekorde ein Stück zurückzunehmen, denn in ihnen liegt die Versuchung, das Eigentliche des Sports durch Übertreibung zu zerstören."

Besonders ausgeprägt ist das Rekorddenken allerdings noch immer in der Leichtathletik. So hätte der Weltverband IAAF für einen Weltrekord bei der WM in Osaka 100.000 Dollar gezahlt. Doch keine der neun Bestmarken des Jahres 2007 wurde bei den Titelkämpfen erzielt, was dem Verband Geld und vielleicht auch Erklärungsnot ersparte.

Quelle: ntv.de

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