Hamilton fühlt sich komisch Entscheidung am Grünen Tisch
23.10.2007, 11:05 UhrLewis Hamilton lehnt eine Formel-1-Weltmeisterschaft am Grünen Tisch ab, doch sein Rennstall McLaren-Mercedes zieht den Protest in der Benzin-Affäre mit aller Konsequenz durch. Damit wird nach dem Konstrukteurs- auch der Fahrertitel außerhalb der Rennstrecke in einer sportgerichtlichen Auseinandersetzung zwischen den Silberpfeilen und Ferrari entschieden.
Champion Kimi Räikkönen muss somit wieder zittern. "Das wäre falsch. Ich möchte den Titel auf der Strecke holen", hatte der 22 Jahre alte WM-Vize Hamilton kurz zuvor noch gewarnt.
Doch um 18.21 Uhr teilte der Internationale Automobilverband FIA mit, dass der britische Verband im Namen des britisch-deutschen Teams den endgültigen Protest vor dem FIA-Berufungsgericht eingelegt habe. "Es geht unserem Team nicht darum, den WM-Titel am Grünen Tisch zu gewinnen", erklärte Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug.
Genau das wäre allerdings die Konsequenz, wenn das Berufungsgericht die drei in Sao Paulo vor Hamilton platzierten Piloten wegen zu kalten Benzins disqualifizieren würde und Hamilton die entsprechenden Punkte zugesprochen bekäme. Fünfter müsste er sein, um den Titel zu gewinnen, Siebter wurde er am Sonntag in Sao Paulo. Die Formel-1-Fans dürfen sich nun auf einen langen Kampf vor den FIA-Instanzen gefasst machen. Denn eines ist klar: Sollte nun Ferrari mit Pilot Räikkönen Leidtragender werden, dürften weitere Schritte vorprogrammiert sein und die vom Spionage-Skandal geprägte Saison ein langes und unschönes Nachspiel am Grünen Tisch haben.
Es gehe um die Klärung der Basis zur Einhaltung von eindeutigen Reglements und dies sei im Interesse aller Teams, so Haugs Begründung. Letztlich ist es aber der verzweifelte Versuch zu retten, was das Team vor allem selbst verspielte, nachdem Räikkönen in der Saison zwischenzeitlich mit 26 Punkten hinter Hamilton gelegen hatte.
Es wäre ein "bisschen grausam" für den neuen Weltmeister Räikkönen im Ferrari und "wahrscheinlich auch nicht gut für den Sport", so der erst im letzten Saisonrennen am Sonntag im Kampf um die Krone geschlagene Hamilton vor der Bekanntgabe des endgültigen Protests in einem Interview mit dem britischen Sender BBC.
"Kimi hat einen fantastischen Job gemacht"
"Ich würde mich komisch fühlen, denn Kimi hat in den letzten beiden Rennen einen fantastischen Job gemacht", sagte der Brite zwei Tage nach seiner bitteren Niederlage ausgerechnet beim Saisonfinale in Sao Paulo. Dort war bei drei Autos, die vor Hamilton ins Ziel kamen, zu kaltes Benzin gemessen worden. "Ich bin erst 22 und es wird noch eine Menge Gelegenheiten für mich geben, die WM zu gewinnen. Ich habe keinen Zweifel, dass wir es in der Zukunft schaffen", sagte Hamilton.
Sein in der Endabrechnung punktgleicher (109/3. Platz) spanischer Kollege und Titelverteidiger Fernando Alonso hatte den Einspruch bereits am Montag heftig kritisiert. "Wenn der Protest bei der FIA Erfolg hat und Hamilton dadurch doch noch den Titel gewänne, würde ich vor Scham vergehen. Das wäre eine Schande", sagte Alonso dem spanischen Radiosender Cadena SER.
Das Team, das wegen der Spionage-Affäre ganz aus dem Rennen um die Konstrukteurswertung genommen worden war, habe sicherlich gute Gründe für den Protest, meinte Hamilton. "Aber als Fahrer ist es aus und erledigt - die WM gelaufen", so der Sensations-Neuling. Er hatte den Titel als jüngster Pilot um zwei Punkte verpasst und damit auch den Eintrag, es als erster Fahrer im ersten Formel-1-Jahr geschafft zu haben. "Du willst es mit Stil machen, das Rennen gewinnen oder um die Führung kämpfen. Dadurch aufzurücken, dass andere aus der Wertung genommen werden, ist nicht die Art und Weise, wie ich es schaffen will", sagte Hamilton.
Vom Protest betroffen sind Fahrer, die beim Finale vor Hamilton ins Ziel gekommen waren: Der Williams-Toyota des Brasilien-Vierten Nico Rosberg aus Wiesbaden und die hinter ihm auf fünf und sechs rangierenden BMW-Sauber mit dem Polen Robert Kubica und dem Mönchengladbacher Nick Heidfeld. Wegen möglicher Mess-Schwankungen wurde auf eine Strafe verzichtet. Als Fünfter wäre Hamilton Weltmeister geworden. Allerdings gilt es als nicht sicher, dass bei einer möglichen Disqualifikation der Vorderleute Hamilton automatisch auch die entsprechend höhere Punktzahl einheimsen würde. Am Ende fehlten zwei Zähler gegenüber Räikkönen, der mit sechs Siegen und 110 Punkten vor den punktgleichen Silberpfeil-Piloten Hamilton und Alonso triumphierte.
Womöglich kommt die angesetzte Feier der Scuderia über den zweiten WM-Titel in dieser Saison vor dem derzeit mit leeren Händen dastehenden Erzrivalen zu früh. Nach einem Bericht der "Gazzetta dello Sport" wollen die Italiener am Sonntag in Mugello anstoßen. Auch Rekordweltmeister Michael Schumacher soll dann mit dabei sein. Er hatte 2004 Ferrari den bis dato letzten Fahrer-Triumph beschert.
Quelle: ntv.de