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Sprint-Komet Lemaitre "Es ist das pure Glück"

Christophe Lemaitre ist der neue Sprint-Liebling Frankreichs. Der 20-Jährige triumphiert im 100-Meter-Finale der Europameisterschaft in Barcelona. Topfavorit Dwain Chambers wird im Fotofinish nur Fünfter, gibt sich aber als fairer Verlierer.

"Ich wollte diese Medaille so sehr": Christophe Lemaitre.

"Ich wollte diese Medaille so sehr": Christophe Lemaitre.

(Foto: AP)

Christophe Lemaitre ist auf Barcelonas Hausberg Montjuic zum neuen Sprint-"Kometen" Europas aufgestiegen. "Es ist das pure Glück. Ich wollte diese Medaille so sehr", jubelte der 20-jährige Franzose nach seinem 100-Meter-Triumph bei der Leichtathletik-EM in 10,11 Sekunden. "Es war ein brillantes Finale."

Während Lemaitre eindeutig die Nase vorn hatte, entschieden Wimpernschläge bei vier zeitgleichen Läufern über die Reihenfolge: Pech hatte dabei der britische Topfavorit Dwain Chambers, dessen 10,18 Sekunden nur zum 5. Platz reichten. "Ich nehme es mit einem Lächeln und bin dankbar für die Gelegenheit, hier sein zu können", sagte der 32-Jährige, der zwei Jahre wegen Dopings gesperrt war und seitdem beim Bemühen um Anerkennung und Integration gegen Mauern läuft. "Ich habe das Beste gegeben, aber es war nicht gut genug."

Gegenentwurf zu muskelbepackten Sprintern

Und es war auch großes Pech. Nur sechs beziehungsweise fünf Tausendstelsekunden waren der EM-Zweite Mark Lewis-Francis (Großbritannien) und Martial Mbandjock (Frankreich) bei diesem Foto-Finish schneller. "Zweiter! Ich glaube es nicht. Ich bin der glücklichste Mensch auf Erden", freute sich Lewis Francis und brach eine Lanze für Landsmann Chambers, der nicht mal in der britischen EM-Broschüre erwähnt wird: "Dwain Chambers ist immer meine Inspiration gewesen, seit ich klein war. Trotz seiner Vergangenheit."

Der schmächtige Lemaitre ist ein Gegenentwurf zu muskelbepackten Sprintern wie Chambers. Als er mit einem Cowboyhut auf dem Kopf in den Katakomben des Olympiastadions von 1992 Rede und Antwort stand, wirkte er mehr wie ein verspielter Junge und nicht wie ein abgebrühter Film-Held. "Die Freude, Europameister zu sein, ist viel größer, als unter zehn Sekunden zu rennen", sagte der Student der Elektrotechnik aus Aix-les Bains, dessen Siegerzeit von 10,11 Sekunden die langsamste bei einer EM seit 16 Jahren ist. Der Münchner Tobias Unger hätte mit seiner Saisonbestzeit von 10,13 Sekunden Silber gewonnen. Er schied aber im Halbfinale mit 10,52 Sekunden aus.

Mit Fußball und Rugby begonnen

Lemaitre hat nun mit möglichen Siegen über 200 Meter - das Halbfinale erreichte er locker mit 20,64 Sekunden - und der Sprint-Staffel die Chance mit einem Titel-Triple erfolgreichster Athlet der EM zu werden. "Da bleibt noch eine Menge Arbeit. Ich bin heiß", sagte Lemaitre, der mit seinen 9,98 Sekunden bei den französischen Meisterschaften einen Titel für die Ewigkeit gewann: Erster weißer Sprinter, der unter der Zehn-Sekunden Barriere blieb.

Im EM-Finale musste der in der Olympia-Kandidatenstadt Annecy geborene Athlet hart um den Sieg kämpfen. "Ich hatte keinen tollen Start und habe dann wie ein Verrückter beschleunigt. Es war schwer", berichtete Lemaitre, der als Jugendlicher zunächst mit Fußball und Rugby begann. Entdeckt wurde er von seinem Trainer Pierre Carraz, der ihn auf einem Marktplatz Probeläufe machen ließ. Um seine Körper zu schonen, lässt ihn der Coach zu 80 Prozent auf Rasen trainieren.

"Ehrgeizig und überhaupt nicht eingebildet"

"Er ist talentiert, ehrgeizig und überhaupt nicht eingebildet", urteilte Alain Blondel, der frühere französische Zehnkämpfer und Ex-Mann von Heike Drechsler, über den neuen Stern der "Grande Nation". Den entfachten Rummel um seine Person versucht der eher introvertierte Lemaitre gelassen zu nehmen. "Das Interesse ist gewachsen, so wie für jeden Europameister", meinte er, "aber ich weiß, dass es ein Teil meines Jobs ist - und ich tue mein Bestes." Besser werden will er auch auf der Bahn. "Die zehn Sekunden zu unterbieten sind nur ein Schritt gewesen, kein Ziel", sagte Lemaitre, der sich eine Beschleunigung auf 9,92 Sekunden noch zutraut.

Quelle: ntv.de, Andreas Schirmer, dpa

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