Frauen vergeben Olympia-Chance Fabian Hambüchen patzt am Geburtstag
25.10.2015, 17:49 Uhr
Fabian Hambüchen trainiert für die WM in Glasgow.
(Foto: dpa)
Noch 24 Stunden nach ihrem Versagen stehen den deutschen Turnerinnen Tränen in den Augen. Die WM in Glasgow hätte für sie kaum schlechter laufen können. Auch Fabian Hambüchen hat an seinem Geburtstag keinen Grund zum Feiern.
Die Ernüchterung war Fabian Hambüchen ins Gesicht geschrieben. An seinem 28. Geburtstag führte der Wetzlarer die deutsche Riege bei den Turn-Weltmeisterschaften in Glasgow an fünf Geräten zu einer stabilen Leistung, ehe am Pauschenpferd gleich drei schwere Patzer das Team enorm schwächten. Nun müssen die Deutschen um ihre Olympia-Tickets zittern: Im Zwischenklassement liegen sie mit 345,717 Punkten nach zwei von acht Durchgängen nur auf dem fünften Platz. Nur die besten acht Teams erhalten die direkten Rio-Tickets.
Zu Gunsten des Team-Resultats hatten fast alle Turner auf mehrere schwierige Elemente und damit auf das Risiko verzichtet. Dieser Kurs zahlte sich lange Zeit aus. Sie motivierten sich nach jeder gelungenen Übung, klatschten sich ab, bewiesen echten Teamgeist - ehe am Schlussgerät die Gesichter immer länger wurden. Ohne größere Probleme waren die Deutschen am Startgerät - den Ringen - durchgekommen, aber dann konnte Andreas Bretschneider seinen Roche-Sprung nicht in den Stand bringen. Zudem fehlten an beiden Geräten Schwierigkeiten von Weltniveau. Anders die Situation am Barren, an dem die Deutschen durchweg Topleistungen ablieferten. Der Olympia-Zweite Marcel Nguyen stellte sich ganz in den Dienst des Teams und verzichtete mit Fingerverletzung auf seinen derzeit nicht stabilen Tsukahara-Abgang.
Trainings-Tortur statt Weihnachtsurlaub

Die Saarländerin Pauline Schäfer präsentierte unbeeindruckt vom Versagen ihrer Teamgefährtinnen einen brillanten Vierkampf.
(Foto: imago/Schreyer)
Am Reck musste Geburtstagskind Hambüchen beim Handstand nach dem Adler kurz nachdrücken, unterstrich aber mit der Übung trotzdem seine Final-Ambitionen. Bretschneider stand ihm auch ohne seinen Doppelsalto mit zwei Schrauben kaum nach. Auch am Boden überzeugte das Team, ehe das Pferd den Gesamt-Eindruck arg schmälerte.
Tags zuvor hatten schon die deutschen Turnerinnen mit den Konsequenzen ihres enttäuschenden WM-Auftritts mit Rang zwölf leben müssen. Nun folgt wohl Trainingstortur statt Weihnachtsurlaub: Wegen der zweiten Qualifikationschance im April in Rio steht ihnen ein harter Winter bevor. "Wir werden eher mit dem Training einsteigen müssen, das heißt, der Weihnachtsurlaub wird gestrichen. Zwei bis drei Wochen Urlaub wie sonst sind nicht drin", stellte Cheftrainerin Ulla Koch klar.
"Keine Kaffeefahrt an die Copacabana"
"Die Welt geht nun nicht unter", tröstete Koch ihre Schützlinge, die noch 24 Stunden nach ihrem Auftritt Tränen in den Augen hatten. Es sei aber eine Illusion zu glauben, dass die zweite Qualifikation einfacher würde. "Das wird keine Kaffeefahrt an die Copacabana", befürchtet die Trainerin. Beim Testwettkampf in Rio qualifizieren sich nur noch vier von acht Riegen für Olympia. Unbeeindruckt von den sechs Stürzen ihrer Teamgefährtinnen präsentierte die Saarländerin Pauline Schäfer einen glänzenden Vierkampf. Zur Belohnung zog sie nicht nur als Zwölfte in die Mehrkampf-Entscheidung am Donnerstag ein. Sie erreichte auch als erste Deutsche seit der achtplatzierten Monheimerin Julia Stratmann 1994 in Brisbane ein WM-Finale am Schwebebalken.
"Dann wird auch wieder mein Schäfer-Salto zum Programm gehören", kündigte sie an. Die 18-Jährige gab sich auch mit Blick auf Olympia angriffslustig: "Na, dann fahren wir eben zweimal nach Rio. Aber im April müssen wir abliefern." Ulla Koch hat sich schon eine Extra-Motivation für ihre Mädchen ausgedacht, falls sie die zweite Chance nutzen. "Dann werden wir uns an der Copacabana eine Woche von den Strapazen erholen." Sophie Scheder konnte sich über ihren Finaleinzug als Vierte am Stufenbarren nicht so recht freuen: "Ich kann die Fehler am Balken und Boden nicht erklären." Einen Finalplatz ergatterte Elisabeth Seitz, die nach langem Zittern auf Platz 23 gerade noch ins Feld der besten 24 Mehrkämpferinnen rückte.
Quelle: ntv.de, Frank Thomas, dpa