Spannung in San Francisco Fackellauf stark verkürzt
09.04.2008, 19:35 UhrDer olympische Fackellauf in San Francisco ist mit dem Entzünden der Fackel unter einem großen Polizeiaufgebot eröffnet worden. Tausende Demonstranten und Schaulustige haben sich entlang der Laufroute an der Hafenpromenade der Westküstenstadt eingefunden. 77 Läufer sollten die Fackel von Polizisten begleitet durch die Stadt tragen. Drei Fackelträger hatten aus Angst vor Tumulten ihre Teilnahme kurzfristig abgesagt.
Die zunächst zehn Kilometer lange Laufstrecke war in letzter Minute auf die Hälfte verkürzt worden. Nach den Ausschreitungen in London und Paris haben die Organisatoren die Sicherheitsvorkehrungen verschärft.
Die Beamten drohten mit Festnahmen, falls Zuschauer und Demonstranten die aufgestellten Absperrungen entlang der Laufstrecke übertreten sollten. Am Vormittag war es bereits zu Zusammenstößen zwischen chinesischen und pro-tibetischen Demonstranten gekommen. San Francisco ist die sechste Station der Fackel auf ihrer internationalen Reise nach Peking und die einzige auf nordamerikanischem Boden.
Lauf soll weitergehen
Die olympische Flamme soll allen Protesten zum Trotz weiter brennen: Auch nach den anhaltenden Demonstrationen gegen die Tibet-Politik Chinas am Rande des Olympischen Fackellaufs werde die Flamme ihre Reise um die Welt fortsetzen, verlautete aus dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) während eines Besuchs in Peking. Dort traf IOC-Präsident Jacques Rogge unter anderem mit dem chinesischen Regierungschef Wen Jiabao zusammen.
Manfred von Richthofen, Ehrenpräsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), erneuerte indes seine Forderung nach einem sofortigen Abbruch des internationalen Teils. "Die makabre Veranstaltung des Fackellaufs muss sofort gestoppt werden", forderte von Richthofen vor dem Sportausschuss des Deutschen Bundestages. Er war eingeladen worden, vor dem Gremium die aktuellen Entwicklungen rund um die Olympischen Spiele als Sachverständiger zu kommentieren.
Kein Zurückweichen
IOC-Präsident Jacques Rogge stellte in Peking jedoch klar, dass der Fackellauf 2008 fortgesetzt werde. Bereits am Vortag hatte der Belgier Meldungen über einen Abbruch der internationalen Route als "Gerüchte" bezeichnet. Auch IOC-Vize Thomas Bach lehnt Änderungen ab: "Das wäre ein Zurückweichen vor der Gewalt. Es ist davon auszugehen, dass der olympische Fackellauf weitergeht."
Die dritte Weltreise des Feuers nach 2000 (Sydney) und 2004 (Athen) wird aber mit großer Wahrscheinlichkeit die letzte sein. "Wir müssen hier etwas ändern. Die derzeitigen Probleme können wir nicht gebrauchen", sagte der Mexikaner Mario Vazquez Rana, Präsident der NOK-Generalversammlung, mit Blick auf die teils gewalttätigen Proteste in London und Paris.
Tränen für Tibets Freiheit
In Tibet nutzten Mönche derweil einen von Peking organisierten Besuch ausländischer Journalisten zu einer weiteren friedlichen Protestaktion. Im buddhistischen Kloster Labrang in der Provinz Gansu umringten zunächst 15 bis 20 weinende Mönche die ausländischen Journalisten, um so für kulturelle Freiheit in Tibet, gegen Unterdrückung und für den Dalai Lama zu demonstrieren.
Später sei die Gruppe auf bis zu 50 Mönche angewachsen. Nach einem emotionalen, etwa zehnminütigen Gespräch seien sie schließlich von älteren Mönchen abgedrängt worden. Die Sicherheitskräfte hätten nicht eingegriffen und lediglich versucht, die Korrespondenten zum Weitergehen zu bewegen. Schon den ersten Besuch ausländischer Journalisten in Lhasa vor etwa zwei Wochen hatten Mönche zu ähnlichen Protesten genutzt. Nach offizieller Darstellung Pekings sollen die Mönche dafür nicht bestraft werden.
"Erhebliche Menschenrechtsprobleme"
Australiens Ministerpräsident Kevin Rudd kritisierte die "erheblichen Menschenrechtsprobleme" in Tibet mit deutlichen Worten. In einer auf Chinesisch gehaltenen Rede vor Studenten der renommierten Peking Universität rief er gleichzeitig alle Parteien in Tibet dazu auf, auf Gewalt zu verzichten und eine Lösung im Dialog zu finden.
In Paris machte Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy seine Teilnahme an der Eröffnung der Spiele am 8. August von einem Dialog zwischen Peking und dem Dalai Lama abhängig: "Dies ist der Schlüssel zur Lösung des Tibet-Konfliktes und er wird auch meine Entscheidung bestimmen."
Quelle: ntv.de