"Wir sind bereit, auf dem Platz zu sterben" Frankreich hofft auf ein Fußball-Wunder
19.11.2013, 09:46 Uhr
Wenigstens steht Alexander Kucher Europas Fußballer des Jahres nicht im Weg: Der Schrecken von Franck Ribery ist heute abend gesperrt.
(Foto: dpa)
Alles oder nichts: Die französische Nationalmannschaft muss im Playoff-Rückspiel gegen die Ukraine ein 0:2 aufholen, um die WM-Endrunde in Brasilien zu erreichen. Nicht nur Ribéry und Co. zittern, für ihren Trainer Deschamps steht sein Job auf dem Spiel.
Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen: Witzbolde haben auf einem Internet-Schnäppchenportal die französische Fußball-Nationalmannschaft für Garten- und Hausarbeiten im WM-Monat Juni 2014 zur Versteigerung ausgeschrieben. Mindestgebot: 1 Euro.
Dabei ist der Mannschaft um Superstar Franck Ribéry vor dem Play-off-Rückspiel im Stade de France von St. Denis gegen die Ukraine alles andere als zum Lachen zumute. Das Hinspiel ging krachend mit 0:2 verloren, der Equipe Tricolore droht das erste Verpassen einer WM-Endrunde seit 20 Jahren - damals scheiterten die Franzosen an Bulgarien und einem gewissen Emil Kostadinow, der damals für den FC Bayern München spielte.
Natürlich geht es bei dem Spiel auch um den Kopf von Trainer Didier Deschamps. Der hatte nach seinem Amtsantritt 2012 die WM-Qualifikation als oberstes Ziel ausgegeben und angekündigt: "Wenn wir nicht nach Brasilien fahren, trete ich zurück." Nicht auszudenken, wenn der Verband nach Raymond Domenech (bis 2010) und Laurent Blanc (bis 2012) schon wieder einen neuen Trainer suchen müsste. Bald gehen dem Verband die Weltmeister-Galionsfiguren von 1998 aus.
Klar ist, Ribéry und Co. hilft nur ein Sturmlauf gegen die Ukrainer. "Wenn ich nicht an ein Wunder glaube, wie sollen es dann die Spieler tun?", sagte Deschamps fast schon fatalistisch und spricht das an, was die gesamte Grande Nation denkt: Frankreich braucht ein Fußball-Wunder, um das WM-Ticket doch noch zu lösen. Torjäger Olivier Giroud vom FC Arsenal deutete an, dass die französische Auswahl nochmals alles abrufen werde. "Wir sind bereit, auf dem Platz zu sterben, um die Leute stolz zu machen", sagte er martialisch. Deschamps wird im Mittelfeld wohl Samir Nasri durch Mathieu Valbuena ersetzen und muss einen Vertreter für den gesperrten Laurent Koscielny finden. Ansonsten wirkt er aber hilflos, denn er hat 42 Spieler in 17 Spielen eingesetzt, 12 Neulinge gebracht, 7 Siege, 6 Niederlagen kassiert, 4 Unentschieden verbucht, aber keine Mannschaft gefunden.
Es geht vor allem um Geld
Ernsthafte Sorgen hat auch Frankreichs Fußball-Verband FFF. Der will gerade die Sponsoren-Verträge für die Periode 2014 bis 2018 verlängern. Da käme ein Ausscheiden höchst ungelegen. Zwar haben auf dem Rückflug von Kiew einige Top-Sponsoren versichert, an Bord bleiben zu wollen, komme, was wolle - doch gewiss nicht mehr zu den aktuellen Konditionen. Und selbst die sinken schon, genau wie der Beliebtheitswert der Equipe Tricolore, den ein unabhängiges Meinungsforschungsinstitut regelmäßig erhebt, seitdem die Spieler bei der WM 2010 in Südafrika eine Trainingseinheit boykottiert haben und nicht aus dem Bus ausgestiegen sind.
Derzeit kassiert die FFF auf dem Papier 62,2 Millionen Euro jährlich von ihren Sponsoren. Den größten Batzen davon steuert Ausrüster Nike bei. Der überweist alleine bis 2018 jährlich 42,6 Millionen Euro. Die Amerikaner waren seinerzeit beleidigt, dass der Deutsche Fußball-Bund (DFB) für deutlich weniger Geld dem Konkurrenten Adidas die Treue hielt und hofften, die einstige Grande Nation würde im Fußball wieder zur Augenhöhe mit der Truppe von Joachim Löw finden.
Höchste Anspannung auch beim Privatsender TF1. Der hat die kompletten WM-Rechte für 130 Millionen Euro gekauft. Schon 2010 hat der Sender mit der WM rund 40 Millionen Euro Verlust gemacht. Ohne Frankreich dürften die Einschaltquoten in den Keller sinken. Schon versuchen die Verantwortlichen, mehr als die Hälfte der Spiele exklusiv an die Pay-Sender Canal plus oder BeInSport zu verkaufen.
Quelle: ntv.de, sno/Rainer Kalb, sid