Fußball-WM 2019

Zwei WM-Tore gegen Birgit Prinz Grings macht sich unersetzlich

Grings trumpfte mit zwei Treffern groß auf.

Grings trumpfte mit zwei Treffern groß auf.

(Foto: AP)

Gegen Frankreich spielen die deutschen Fußballerinnen bei ihrer Heim-WM endlich groß auf, und Kapitänin Birgit Prinz spielt nicht mit. "Mental nicht in der Lage" räumt sie ihren Stammplatz offenbar freiwillig für Inka Grings. Die spielt prompt so famos, wie es Prinz im Sturm nicht mehr kann.

Gerd Müller hätte es nicht schöner machen können. Die 32. Minute im deutschen Gruppenfinale bei der Fußball-Weltmeisterschaft gegen Frankreich lief und Mittelstürmerin Inka Grings lief dahin, wo Mittelstürmer stehen sollen. Sekunden zuvor war ihr bei einem schönen Konter noch der finale Pass auf misslungen. Nun bot sich schon die nächste Chance – und Grings sich im Strafraum schon wieder an. Sie lauerte. Dass ihre französische Bewacherin Wendie Renard 18 Zentimeter größer ist? Egal. Als die Flanke von Simone Laudehr kam, scharf und präzise, war Renard da, aber Grings trotzdem zuerst am Ball - und der deshalb zum zweiten Mal an diesem Abend im französischen Tor.

An der spritzigen Grings führt gerade kein Weg vorbei.

An der spritzigen Grings führt gerade kein Weg vorbei.

(Foto: AP)

60 Spielminuten später schwappten "Oh, wie ist das schön"-Sprechchöre durch den Borussia-Park in Mönchengladbach, und Grings hatte zur Seligkeit der 45.867 Zuschauer mit einem weiteren Tor und einer Vorlage maßgeblich beigetragen. Nur am 1:0 durch Kerstin Garefrekes (25.) war die 32-Jährige beim phasenweise wilden 4:2 (2:0)-Erfolg über die hochgehandelten Französinnen, den Okoyino da Mbabi (89.) perfekt machte, nicht direkt beteiligt. Gruppensieg, Viertelfinale gegen Japan – der Weltmeister ist wieder da.

Zwei Tore gegen Kapitänin Birgit Prinz

"Das war Fußball von uns. Wir sind jetzt wirklich im Turnier angekommen", kommentierte Silvia Neid die überzeugendste Turnierleistung ihrer Mannschaft. Grings, die erstmals in der Startelf stand und prompt zur "Spielerin der Partie" gekürt wurde, mochte die Bundestrainerin nicht extra hervorheben. Aus gutem Grund. Die 32-Jährige vom FCR Duisburg hat Deutschland nicht nur zum Sieg und in die Heim-WM verholfen, sondern auch eine hübsche Stürmerinnendebatte beschert.

Zwei Tore für Grings, die vor der WM überraschend degradiert worden war - zwei Tore gegen Kapitänin Birgit Prinz, die diesmal nicht mitspielen durfte: So lässt sich das Spiel gegen Frankreich auch lesen. Wenn man will. Neid wollte es nicht. Ihr pflichtschuldiger Verweis auf die "tolle Mannschaftsleistung" gegen Frankreich konnte auch aber nichts ändern am glänzenden Einzeleindruck, den Grings in Mönchengladbach hinterlassen hatte.

Die betonte zwar ihrerseits pflichtschuldig, wichtiger als ihre beiden Tore sei doch, "dass wir uns als Mannschaft gefangen, gefunden haben". Doch aus dem verbesserten deutschen Team ragte die 32-Jährige heraus, mit ihr nahm die zuvor stockende Offensive erstmals Fahrt auf. Grings trat die Ecken von rechts und ebenso raffinierte wie gefährliche Freistöße. Sie forderte im Sturmzentrum den Ball, grätschte aber auch in der eigenen Hälfte. Sie schoss zwei Tore, eins wunderbar per Kopf und eins nervenstark vom Elfmeterpunkt, und sie setzte gleichzeitig ihre Mitspielerinnen in Szene.

Eindeutig die bessere Mittelstürmerin

"Es war ein richtig toller Abend für uns", sagte die beste Spielerin des Matches.

"Es war ein richtig toller Abend für uns", sagte die beste Spielerin des Matches.

(Foto: dapd)

Grings war so gut und präsent, dass ihre Duisburger Teamkollegin Alexandra Popp nach dem Spiel die Frage beantworten musste: Ist Inka Grings die beste Stürmerin in Deutschland? Popp dachte kurz über die Bedeutung der Frage und die Konsequenz ihrer Antwort nach, der implizite Bezug zum Problemfall Birgit Prinz war offensichtlich. Dann lächelte sie und sagte: "Inka ist auf jeden Fall eine gute Stürmerin. Aber dass sie die Beste ist, will ich jetzt nicht sagen."

Wer allerdings die drei Vorrundenspiele der deutschen Mannschaft verfolgt hat, kann sich dieser Schlussfolgerung nur schwer entziehen: Im Vergleich zu Prinz ist Grings nicht die bessere Fußballerin, aber eindeutig die bessere Mittelstürmerin. Grings will ins Sturmgewühl. Prinz, die sich inzwischen eher als Spielmacherin sieht, muss auf Geheiß von Neid – und deshalb scheitern. Es klingt absurd, aber Deutschlands Rekordtorschützin ist im deutschen Angriffszentrum nicht mehr richtig aufgehoben. Zu antrittsschwach, zu wenig Durchsetzungsvermögen, zu wenige richtige Entscheidungen, wenn sie Gegenspielerinnen hart bedrängen. Zu wenig Grings, könnte man auch sagen.

Prinz "mental nicht in der Lage"

Für Birgit Prinz blieb nur der ungewohnte Platz auf der Bank.

Für Birgit Prinz blieb nur der ungewohnte Platz auf der Bank.

(Foto: dapd)

Während an der ungeliebten Rolle im Sturmzentrum erst verzweifelte und dann sogar – wie Neid seltsam leichtherzig ausplauderte – davor kapitulierte, indem sie sich als "mental nicht in der Lage" für einen Startelf-Einsatz selbst aus dem Frankreich-Spiel nahm, nahm Grings die ungeliebte Rolle als WM-Joker an. Gegen Kanada blieb sie noch blass. Gegen Nigeria warf sie sich dann direkt nach ihrer Einwechslung – für Prinz – ins Getümmel. Per Hacke war sie zumindest am Siegtor beteiligt, auch wenn sonst nicht mehr viel glückte.

Vor dem Spiel gegen Frankreich beschrieb sie ihre Situation in der "Süddeutschen Zeitung" dennoch realistisch und reflektiert, nicht mehr rebellisch fordernd wie noch vor Jahren, als sie zeitweise aus dem DFB-Team geflogen war: "Das ist gerade schwierig. Sehr schwierig. Ich war zuvor immer in der Startelf, jetzt aber nicht mehr." Sie betonte aber auch, dass Wichtigste sei "der Mannschaftserfolg".

Nach dem Spiel gegen die spielstarken Französinnen scheint es nun undenkbar, dass Grings am kommenden Samstag im WM-Viertelfinale gegen das spielstarke Japan nicht von Beginn an zum Erfolg dieser Mannschaft beitragen darf. Dazu äußern wollte sich die Bundestrainerin nicht. Aber als sie gefragt wurde, warum sie denn Prinz nicht wenigstens eingewechselt habe, sagte sie: "Es gab ja überhaupt keinen Grund, Birgit zu bringen. Nur damit sie dann schreiben können, die Birgit hat zehn Minuten gespielt und kein Tor geschossen, und die Grings zwei?"

Was Neid nicht sagte, aber Fußball-Deutschland sich jetzt fragt: Welchen Grund sollte es geben, Birgit Prinz im WM-Viertelfinale wieder im Sturm spielen zu lassen?

Quelle: ntv.de

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