Historisches Aus der Weltmeister Frustrierte Dänen schimpfen über EM-Modus
16.01.2020, 13:51 Uhr
Welthandballer Hansen enttäuschte mit dem dänischen Team bei der EM.
(Foto: imago images/Bildbyran)
Der dänische Traum vom Handball-Grand-Slam platzt bei der EM schon in der Vorrunde. Die Ausgeglichenheit des Wettbewerbs stößt dem Olympiasieger und Weltmeister sauer auf. Nach dem Schock über das frühe Aus sieht sich Dänemark als "Opfer des neuen Turnier-Modus".
"Schock", "Fiasko", "Tiefpunkt der dänischen Handball-Geschichte": Das historische Scheitern des Weltmeisters und Olympiasiegers löste im handballverrückten Dänemark eine kleine Staatskrise aus. Ein K. o. in der Vorrunde einer EM - das hatte es bei den erfolgsverwöhnten Skandinaviern noch nicht gegeben. Während sich die Kommentatoren in der Heimat mit negativen Superlativen überschlugen, waren die dänischen Stars um Welthandballer Mikkel Hansen in Malmö konsterniert.
Insbesondere Trainer Nikolaj Jacobsen wirkte mächtig angefressen. Die allgemeine Endzeitstimmung ging dem langjährigen Bundesliga-Coach und Weltmeister-Macher dann aber doch zu weit. Ob das schlechteste EM-Abschneiden in der Geschichte der Handballnation ein "Fiasko" sei? "Ich habe keinen Bock, solche Wörter zu benutzen", sagte Jacobsen genervt: "Wir haben diesmal das Niveau nicht erreicht." Er wolle nicht als schlechter Verlierer dastehen, "aber wir sind auch Opfer des neuen EM-Modus geworden. Wenn man wegen einer Niederlage mit einem Tor ausscheidet, ist das schon fragwürdig."
Noch deutlicher in seiner Kritik wurde Dänemarks Sportchef Morten Stig Christensen. "Der Handball muss sich überlegen, ob es gut ist, wenn Nationen wie Frankreich und Dänemark nach der Vorrunde raus sind", sagte Christensen.
Grand-Slam-Versuch gescheitert
Die Dänen hatten vor dem Turnier vom Grand Slam des Handballs, der Vereinigung aus Olympiasieg, Welt- und Europameistertitel geträumt - doch drei Punkte waren am Ende zu wenig. Nach einer Niederlage gegen Island (30:31) und dem Unentschieden gegen Ungarn (24:24) fiel der abschließende 31:28-Erfolg gegen Russland nicht mehr ins Gewicht. Auch die Handball-Großmacht Frankreich wurde nach Niederlagen gegen Portugal und Norwegen nur Dritter ihrer Vorrundengruppe - ein Platz, der bei den vorherigen Europameisterschaften für das Weiterkommen genügt hätte. Schon nach der ersten Turnierphase ging es für die Franzosen aber in die Heimat.
Viel mehr als mit dem neuen Modus dürfte das Ausscheiden der Favoriten mit der Tatsache zu erklären sein, dass 2020 ein Olympiajahr ist. Während Dänemark als Weltmeister längst für Tokio qualifiziert ist und auch Frankreich als WM-Dritter seinen Platz für ein Qualifikationsturnier sicher hat, geben die (vermeintlich) kleinen Teams Vollgas, um noch eines der begehrten Tickets für die Olympia-Ausscheidung zu ergattern.
Selbstkritik nach Turnier-Aus
Im Fall Dänemarks stimmte aber auch die Leistung nicht. Gebeutelt von einigen Verletzungen, fabrizierten Hansen und Co satte zehn technische Fehler im Schnitt pro Spiel. Zum Vergleich: Bei der WM waren es gerade einmal die Hälfte. "Das ist viel zu viel, wenn jeder einzelne Spieler so viele produziert wie letztes Jahr im ganzen Turnier", sagte Hansen, der in der Heimat für seine mäßigen Auftritte kritisiert wurde.
Doch auch Trainer Jacobsen bekam sein Fett weg. "Darüber solltest Du nachdenken, Nikolaj", schrieb das dänische Boulevardblatt BT in großen Lettern. Das wird er. "Ich trage die komplette Verantwortung und muss mich hinterfragen, was ich besser machen kann", sagte Jacobsen. Noch so einen Blackout dürfen er und sein Team sich bei den Olympischen Spielen nicht erlauben.
Quelle: ntv.de, Christoph Stukenbrock und Irina Gnep, sid