Fußball-WM 2010

"Glückwunsch, Deutschland" Argentinier traurig, aber fair

So schmerzvoll die 0:4-Niederlage gegen Deutschland auch war, die Argentinier zeigen sich anschließend nicht als schlechte Verlierer. Sie erkennen an, dass Deutschland an diesem Nachmittag einfach besser war. Das klingt dann so: "Scheiße Mann, das ist eben Fußball und keine Wissenschaft."

"Scheiße Mann, das ist eben Fußball und keine Wissenschaft."

"Scheiße Mann, das ist eben Fußball und keine Wissenschaft."

(Foto: dpa)

Die argentinischen Fußballfans haben äußerst fair auf die bittere Niederlage ihrer Mannschaft gegen Deutschland reagiert. "Glückwunsch Deutschland" und "verdienter Sieg" lauteten die häufigsten Kommentare der zugleich extrem enttäuschten Fußball-Enthusiasten. Viele Menschen konnten die Tränen nicht zurückhalten, fassungs- und hilflos mussten sie das deutsche Schützenfest über sich ergehen lassen. "Scheiße Mann, das ist eben Fußball und keine Wissenschaft", presste Diego heraus, während ihm die Tränen kleine Bahnen durch die hellblau-weiße Gesichtsschminke zogen.

Auf der Plaza San Martin im Zentrum der Millionenmetropole Buenos Aires war die Stimmung nach dem frühen Gegentor von Anfang an gespannt und nervös gewesen. Aber dennoch feuerten Tausende von Zuschauern ihre Mannschaft zunächst noch kräftig an. Doch schon bald kamen den Kennern Zweifel: "Unsere Mannschaft spielt so la la. Aber wir werden gewinnen", machte sich Juan Carlos mit Irokesenperücke in den Nationalfarben während der ersten Halbzeit Mut. Mirta Inés strickte mitten im Durcheinander aber schon immer hektischer an ihrem weißen Schal: "Sonst halt' ich das hier einfach nicht aus", kicherte sie nervös.

"Diego muss die Taktik ändern!"

Nur einmal kam so richtig Stimmung in die Menschenmasse, beim Ausgleichstreffer für die Gauchos - doch der wurde wegen Abseits nicht anerkannt. Im allgemeinen Durcheinander bekamen das nicht alle mit. "Wieso 2:0? Es war doch 1:1", fragte eine Deutsche später nach dem nächsten deutschen Treffer. Messi und Co stürmten, schossen weit neben das deutsche Tor und die Gesichter wurden immer besorgter. "Diego muss die Taktik ändern, das Mittelfeld stärken", stöhnte ein Fan während der Halbzeit.

Am meisten Spaß hatten die kleinen Kinder in dem Riesentrubel. "Ich beiß' die Deutschen", piepste der Dreikäsehoch Emanuel, der ein schickes Krokodilskostüm mit langem gezacktem Schwanz anhatte. Die achtjährige Natalie fragte ungläubig: "Bist Du Deutscher? Ja, bist Du dann für die anderen?" Ihr Vater schleuderte derweil einen deftigen argentinischen Fluch Richtung Großbildschirm, wo gerade wieder ein Schuss weit übers deutsche Tor hinwegging. Beim 2:0 für Deutschland wird es still auf dem sonnendurchfluteten Platz, alle Menschen scheinen ein Stückchen geschrumpft zu sein. Laura, die gerade einen Deutschkurs belegt, sagt ganz korrekt: "Das gefällt mir nicht".

Auflösungserscheinungen nach Friedrichs Tor

Schmerz lass nach: Nach 3:0 mochten die argentinischen Fans nicht mehr hinsehen.

Schmerz lass nach: Nach 3:0 mochten die argentinischen Fans nicht mehr hinsehen.

(Foto: AP)

Nach dem dritten deutschen Treffer können viele das Treiben auf dem Bildschirm nicht mehr mitansehen. Die Masse beginnt sich aufzulösen, die Leute ziehen mit gesenkten Köpfen davon. Wer bleibt, steht mit versteinertem Gesicht da, manche weinen, halten einander in den Armen und klopfen sich tröstend auf die Schultern. Ein Holländer ärgert sich: "Mir wäre Argentinien im Endspiel gegen uns lieber gewesen. Deutschland, oh je", meint Rens.

Diego Maradona, an dem so viele seiner Landsleute gezweifelt hatten, bekommt trotz der Niederlage Lob: "Er hat keine wirklichen Fehler gemacht. Sicher, Diego hätte den einen oder anderen eintauschen können, aber das sind ja schon diese typischen Diskussionen zwischen Fußballfans", sagt Roberto und hält seine Nationalflagge in die Höhe. Nach dem Abpfiff, dem endgültigen Aus, dem Ende der hochfliegenden Hoffnungen, dreht sich ein Paar zu einem besonders wimmernd gespielten Tango wehmütig im Kreise. Die Leute ziehen in ähnlicher Stimmung zurück in den Alltag.

Quelle: ntv.de, Jan-Uwe Ronneburger, dpa

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