Fußball-WM 2010

Endspiel viel mehr Lust als Last DFB-Team bereit für Ghana

Der Deutsche Fußball-Bund hat vorsichtshalber schon mal den Rückflug gebucht, von einem WM-Aus gegen Ghana will aber niemand etwas wissen. Bundestrainer Löw erwartet zwar "ein hoch intensives Spiel". Zweifel am Sieg seines jungen Teams hat er nicht.

Löw bereitet seine Spieler auf ein hartes Ringen mit Ghana vor.

Löw bereitet seine Spieler auf ein hartes Ringen mit Ghana vor.

(Foto: picture alliance / dpa)

"Dieses Spiel wird kein Selbstläufer. Aber wir wissen, dass wir alles haben, um auch Ghana zu besiegen. Wir sind nicht nervös oder verunsichert, sondern haben das Selbstbewusstsein und die innere Überzeugung, dass wir gewinnen und die nächste Runde erreichen." Bundestrainer Joachim Löw ruht vor dem Gruppenshowdown in Johannesburg gegen Ghana (20.30 Uhr/ARD und im n-tv.de Liveticker) in sich. Trotz der ungeheuren Anspannung strahlt er grenzenlosen Optimismus aus.

"Wir haben die Niederlage gegen Serbien gut aufgearbeitet und uns konzentriert und in aller Ruhe auf Ghana vorbereitet. Unsere Spieler, auch die jungen, können mit dem Druck umgehen. Zudem habe ich gesehen, dass Spieler wie Lahm, Friedrich, Schweinsteiger oder Mertesacker die Mannschaft gut führen können", sagte Löw, der deshalb betonte: "Ich habe mehr Freude als Angst."

Bereits 30 Stunden vor dem Anpfiff gab Löw dem extrem motivierten Cacau grünes Licht für einen Platz in der Startformation. "Im Moment tendiere ich zu Cacau", erklärte Löw schon vor dem Abschlusstraining, bei dem im "Super Stadium" in Atteridgeville alle 23 Akteure unter Flutlicht dabei waren. Der 29 Jahre alte Stuttgarter Cacau, bisher nur als Joker zum Zuge gekommen, soll für den nach seiner Gelb-Roten Karte gesperrten Stoßstürmer Miroslav Klose auflaufen. "Ich bin ein anderer Spielertyp als Miro. Aber ich bin überzeugt, dass ich auf der Position spielen kann", sagte Cacau.

Weitere Änderungen sind laut Löw nicht ausgeschlossen, auch ein Systemwechsel zu einem 4-4-2 sei immer eine Option. Wahrscheinlich sind sie nicht. Löw dürfte zur Wiedergutmachung der 0:1-Pleite gegen Serbien wieder sein Stammpersonal aufs Feld schicken.

Zweifeln verboten

Betont lässig: Jogi Löw und sein Team.

Betont lässig: Jogi Löw und sein Team.

(Foto: picture alliance / dpa)

Zweifel lässt Löw vor dem 95. WM-Spiel einer DFB-Elf nicht zu. "Wenn richtig die Stimmung brodelt, die ganze Nation und die Welt auf das Spiel schauen - das empfinde ich positiv, nicht als unglaubliche Last, sondern als Herausforderung." Die Frage aber bleibt, wie gerade die jungen und unerfahrenen WM-Spieler die Extremsituation im 84.490 Zuschauer fassenden Soccer-City-Stadion meistern werden. Doch auch da sagte Löw: "Ich habe nicht das Gefühl, dass Spieler wie Sami Khedira oder Mesut Özil nervliche Probleme haben. Wenn man mit den Spielern spricht, machen sie nicht den Eindruck, als wären sie nervös oder unsicher."

Mittelfeldchef Bastian Schweinsteiger sieht in der jugendlichen Frische sogar einen Vorteil: "Es ist immer gut, wenn ein Spieler eine Mischung aus Unbekümmertheit und Cleverness hat. Ich glaube, in unserer Mannschaft haben wir diese Mischung." Die Marschroute ist für den Vize-Kapitän klar: "Entscheidend ist, dass man nicht reagiert, sondern agiert. Wir sind eine Mannschaft, die vom spielerischen Element lebt. Man muss in jeder Aktion sehen, dass wir gewinnen wollen. Und wir müssen hinten wie eine Wand stehen, durch die kein Durchkommen ist."

Körperlicher und mentaler Kraftakt

Löw erwartet gegen Ghana, das möglicherweise als letzter Afrika-Vertreter 800 Millionen Menschen des Kontinents hinter sich hat, "ein hoch intensives Spiel, dass uns körperlich und mental alles abverlangt". Doch in der Defensive hält er den Gegner für verwundbar. Auch der verletzte DFB-Kapitän Michael Ballack wird die Partie im Urlaub auf Sardinien vor dem Fernseher verfolgen, ein Problem sieht er nicht. "Ich bin hundertprozentig davon überzeugt, dass wir in die nächste Runde einziehen. Durch die Niederlage sind wir etwas mehr unter Druck gekommen. Dadurch fängt die K.o.-Phase halt etwas früher an", sagte der 33-Jährige der "Bild"-Zeitung.

Ihn fürchten die deutschen Fans mehr als Ghana: Carlos Simon, brasiliansicher Referee mit zweifelhaftem Ruf.

Ihn fürchten die deutschen Fans mehr als Ghana: Carlos Simon, brasiliansicher Referee mit zweifelhaftem Ruf.

(Foto: picture alliance / dpa)

Auf zeitgleiche australische Schützenhilfe gegen Serbien, wodurch der deutschen Mannschaft schon ein Unentschieden gegen Ghana reichen würde, will man sich lieber nicht verlassen. "Wir müssen auf uns schauen", verordnete Bierhoff: "Es wäre falsch, ins Spiel zu gehen und mit einem Ohr auf das andere Spiel zu achten." Befürchtungen, dass der brasilianische Schiedsrichter Carlos Simon ähnlich wie dessen spanischer Kollege Alberto Undiano gegen Serbien negativen Einfluss auf das deutsche Spiel nimmt, hat Löw trotz seiner fünf mit Verwarnungen vorbelasteten Profis nicht: "Meine Informationen sind, dass er sehr korrekt, fast schon pedantisch ist. Darauf müssen wir uns einstellen. Ich mag es sowieso nicht, wenn man zuviel mit dem Schiri diskutiert."

Zukunft kein Thema

Was seine Zukunft als Bundestrainer betrifft, muss sich Löw keine Sorgen machen. Denn selbst beim ersten Vorrunden-K.o. einer deutschen Nationalmannschaft bei einer WM-Endrunde könnte Löw sofort beim DFB seine Unterschrift unter einen neuen Vertrag setzen, beteuert DFB-Präsident Theo Zwanziger: "Auf jeden Fall. Diese Entscheidung kann ja nicht von einem Spiel abhängen. Ich sehe genauso wie meine Mitstreiter beim DFB, dass es zwischen der Mannschaft und dem Bundestrainer passt, das Verhältnis ist absolut intakt."

Allerdings glaubt Zwanziger auch an ein großes "Vertrauensverhältnis zwischen dem Bundestrainer und mir". Eine Wertschätzung, die recht einseitig zu bestehen scheint. Diesen Eindruck konnte zumindest bekommen, wer Löws reservierte Reaktion auf Zwanzigers peinliche Lobrede nach dem furiosen 4:0 zum WM-Auftakt gegen Australien beobachtet hatte. Ein Fakt ist zudem auch: Noch nie hat ein Bundestrainer nach einem Vorrunden-Aus, das es bisher nur bei Europameisterschaften gab, weitergearbeitet.

Löw selbst wischte das Thema vor dem Spiel gegen Ghana selbstbewusst vom Tisch, nachdem er sich bei der Antwort auf die Frage nach seiner Zukunft "zumindest eine Sekunde" Bedenkzeit erbeten hatte: "Ich habe es noch nie erlebt, dass ein Trainer während des Turniers ausgetauscht wird. Deshalb werde ich Ihnen am Donnerstag noch in dem Amt begegnen."

Quelle: ntv.de, cwo/dpa/sid

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