Fundamentalkritik am Spielstil Der Kaiser empört England
15.06.2010, 12:41 UhrDie harte Kritik von Franz Beckenbauer an Englands erstem WM-Auftritt versetzt das Fußball-Mutterland in helle Aufregung. Die Bemerkung des "Kaisers", England sei wieder in die Zeiten des Kick and Rush verfallen, ist Salz in Englands offene WM-Wunde.

Engländer, hört die Signale! Franz Beckenbauer bereitet das Mutterland des Fußballs auf eine frühe WM-Abreise vor.
(Foto: REUTERS)
Franz Beckenbauer hat die Spielweise der englischen Nationalmannschaft beim 1:1 in deren WM-Auftaktspiel gegen die USA harsch kritisiert und damit den englischen Boulevard zum Beben gemacht. "Was ich in dieser Begegnung gesehen habe, hatte nicht viel mit Fußball zu tun. Es war ein Rückfall in die alten, schlechten Zeit des Kick and Rush", schrieb der "Kaiser" in einer Kolumne in der südafrikanischen Zeitung "Times".
"Kaiser sticks DAS BOOT in", titelte daraufhin das englische Massenblatt "The Sun" mit der ihm eigenen Vorliebe für Weltkriegsmetaphern. Die Engländer hatten am Samstag gegen die Amerikaner nicht überzeugt, allerdings den Sieg durch einen kapitalen Fehler ihres Torhüters Robert Green leichtfertig verschenkt.
Zu viele Engländer in England

Englands Fabio Capello kämpft nach toller WM-Qualifikation mit einem rapiden Leistungsabfall.
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Weitgehend einig waren sich Englands Medien allerdings darin, dass Beckenbauers Urteil durchaus einen wahren Kern enthält. "Die Engländer werden dafür bestraft, dass es nur sehr wenige englische Spieler in der Premier League gibt, weil die Clubs sich besserer Spieler aus aller Welt bedienen", meinte die deutsche Fußball-Legende. "Da wird ihm Englands Trainer wohl recht geben", befand die Londoner "Times".
In der WM-Qualifikation hatte der Weltmeister von 1966 unter dem italienischen Fußballlehrer allerdings voll überzeugt. Nach acht Siegen in den ersten acht Spielen holten sich die "Three Lions" vorzeitig das Ticket für Südafrika und erzielten 34 Treffer in zehn Spielen, so viele Tore wie noch nie in einer WM-Qualifikation.
Für die WM machte Beckenbauer den "Three Lions" wenig Hoffnung auf Besserung. "Ich bin nicht sicher, ob Fabio Capello viel ändern kann", urteilte der Weltmeister von 1974 (Spieler) und 1990 (Trainer). Die Engländer sind im Achtelfinale ein möglicher Gegner der deutschen Mannschaft. Deshalb vermutet die "Sun" Taktik hinter Beckenbauers Worten: "Er ist ganz deutlich kein England-Fan und hofft, dass seine üble Attacke ihnen in einem geplanten Psychospielchen unter die Haut gehen wird."
Carragher tritt nach
Keine Erklärung für Englands schlechten, wohl aber für Deutschlands überaus guten Start hatte Abwehrspieler Jamie Carragher parat. Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft habe durch den WM-Ball "Jabulani" einen Vorteil gegenüber allen 31 Konkurrenten, ist Carragher überzeugt.
"Die Deutschen spielen seit Februar mit dem Ball. Das ist gibt ihnen einen unfairen Vorteil. Das ist offensichtlich", sagte der 32 Jahre alte Abwehrspieler des FC Liverpool. "Der Ball ist vollkommen anders als andere. Das ist für alle Mannschaften dasselbe - außer vielleicht für Deutschland." Tatsächlich fand das Premierenspiel mit "Jabulani" in der Bundesliga bereits am 4. Dezember 2009 beim Duell zwischen dem FC Bayern München und Borussia Mönchengladbach statt. "Jabulani"-Hersteller adidas bot allerdings auch anderen Ligen an, den WM-Ball schon in der vergangenen Saison zu benutzen. Die Premier League konnte auf das Angebot aber nicht zurückgreifen, weil man vertraglich an US-Sportartikelhersteller Nike gebunden ist.
Quelle: ntv.de, sid/dpa