Vom Rambo zum Retter Italien dankt De Rossi
15.06.2010, 13:30 Uhr
De Rossi nach seinem Tor.
(Foto: REUTERS)
Vor vier Jahren hätte er sich beinahe mit einem Ausraster aus der italienischen Nationalelf geschossen, jetzt ist er Italiens erster Held bei der WM in Südafrika. Daniele De Rossi hat einen großen Wandel durchgemacht.
Vom Rambo zum Retter: Bei der WM 2006 hatte Daniele De Rossi Italien mit einem brutalen Foul im Spiel gegen die USA noch in Schwierigkeiten gebracht, in Südafrika bewahrte er den Titelverteidiger im Auftaktspiel vor einem kapitalen Fehlstart. Mit seinem Ausgleichstor zum 1:1 gegen Paraguay wurde der Römer für die Italiener zum Helden der "Regenschlacht von Kapstadt". Mit "Grazie Daniele!"-Sprechchören feierten die wenigen Tifosi im Stadion ihren Heroen mit dem triefend nassen Vollbart. Die "La Gazzetta dello Sport" titelte am Dienstag: "De Rossi holt uns aus dem Schlamassel."
"Das war wohl das wichtigste Tor meiner Nationalmannschafts-Karriere", meinte der Mittelfeldspieler des AS Rom, der mit insgesamt neun Länderspieltreffern sein Idol und Vereinskollegen Francesco Totti eingeholt hat. In der 63. Minute gelang dem 26-Jährigen das Abstaubertor, das eine ganze Nation aufatmen ließ. "Zuvor ging aber das 1:0 für Paraguay ganz klar auf meine Kappe", räumte der 55-malige Nationalspieler ein. Trainer Marcello Lippi lobte dennoch: "De Rossi war grandissimo!"
"Den Titel zu verteidigen wäre toll"
Vor vier Jahren hatte dieser Lippi in Kaiserslautern beinahe in den Wahnsinn getrieben. Damals streckte der völlig übermotivierte De Rossi den Amerikaner McBride mit einer Ellenbogenattacke nieder, dem Amerikaner platzte die Wange auf. De Rossi sah Rot, wurde für vier Spiele gesperrt und rückte Italien mit "Brutalo"-Schlagzeilen in ein schlechtes Licht. Erst im Finale gegen Frankreich kehrte der Römer zurück und machte mit seinem Treffer im Elfmeterschießen wieder einiges gut.

WM 2006: Der Amerikaner Brian McBride nach seinem Aufeinandertreffen mit De Rossis Ellbogen.
(Foto: REUTERS)
"Richtig genießen konnte ich den WM-Titel wegen meiner Sperre damals aber nicht", räumte De Rossi in Südafrika ein. Deshalb sei er nun umso motivierter: "Den Titel zu verteidigen wäre toller als der WM-Sieg 2006", sagte der Römer und kündigte an: "Wir werden wie in Deutschland im Laufe des Turniers wachsen."
"Ja, diese Mannschaft kann man lieben!"
De Rossi hat gelernt, seine Nerven auf dem Platz in den Griff zu bekommen, für ein bisschen "Polemica" ist er aber immer noch gut. Als er im Trainingslager das Vorgehen der Polizei gegen die Fans kritisierte, ließ Italiens Polizeichef in Sestriere demonstrativ die Personenschützer für die "Squadra Azzurra" abziehen. Fußball- Verbandspräsident Giancarlo Abete war wütend und musste sich bei der Regierung in Rom für De Rossis unüberlegtes Geplapper entschuldigen.
Erst nach einem "mea culpa" des Spielers glätteten sich die Wogen, und nach dem wichtigen Tor in Kapstadt herrscht nun wieder eitel Sonnenschein. "De Rossi rettet Italien", titelte der "Corriere dello Sport". Angesichts dieser heroischen Tat seien ihm die Fehltritte der Vergangenheit verziehen.

Unzufrieden mit dem Ergebnis, aber nicht mit seinen Italienern: Weltmeistercoach Marcello Lippi.
(Foto: AP)
Trainier Lippi stimmte ein, das magere 1:1 des wankenden Weltmeisters Italien gegen Paraguay konnte seine Zuversicht nicht schmälern. "Falls jemand daran gezweifelt hat: Italien ist da - mental, athletisch und mit ganzem Herzen", tönte er. Die stoische Gelassenheit des erfahrenen Trainers scheint sich langsam aber sicher auf seine Landsleute zu übertragen. Selbst in der bisher zweifelnden italienischen Öffentlichkeit wächst der Glaube an die Mission Titelverteidigung, die "La Gazzetta dello Sport" urteilte gar: "Ja, diese Mannschaft kann man lieben!"
Quelle: ntv.de, Bernhard Krieger, dpa