"War nicht das Maß aller Dinge" Löw dämpft die Euphorie
14.06.2010, 11:22 UhrDas 4:0 (2:0)-Schützenfest der Youngster-Truppe von Joachim Löw gegen Australien spricht für eine ausgezeichnete Vorbereitung - und schürt in der Heimat schwarz-rot-goldene Finalträume. Also, alles richtig gemacht? Nein, sagt der Bundestrainer. Im Interview spricht er auch darüber, warum er sich jetzt noch schwerer tut, von einer Startformation zu sprechen.
Was sagen Sie nach diesem glänzenden WM-Start?
Joachim Löw: Wir haben das Spiel während der gesamten Zeit bestimmt. Wir haben es gegen einen defensiven Gegner richtig gemacht, dass wir immer wieder den Rhythmus verändert haben. Wir haben immer wieder in die Tiefe gespielt. Podolski, Klose, Müller, Özil und auch Khedria sind immer wieder in die Tiefe gegangen, das war wichtig. Es war unser Plan, die Bälle flach in die Spitze zu spielen, nicht hoch. So wussten wir, dass die Australier Probleme bekommen.
Würden Sie sagen, Sie haben alles richtig gemacht?
Nein. Wir haben schon noch Dinge zu verbessern. Die Abwehr hat in der Defensive hervorragend gespielt. Allerdings gab es auch Situationen, wo die Mannschaft mehr nach vorne hätte schieben können. Es gibt schon noch Ansätze, insgesamt war ich mit dem Spiel nach vorne und dem Umschalten sehr zufrieden.
Werden Sie jetzt versuchen, die Euphorie zu bremsen, oder lassen Sie die junge Truppe laufen?
Es war das erste Spiel in diesem Turnier. Wir wissen alle, dass Australien nicht das Maß aller Dinge war. Wir werden natürlich noch härtere Prüfsteine haben in diesem Turnier. So gesehen war es ein Auftakt, der uns gut tut. Aber es besteht kein Grund zur Euphorie.
Wie ist Ihr Befinden?
Also, der Druck vor dem ersten Spiel ist schon groß. Das hat man gespürt. Ein guter Start ist immer wichtig, um Selbstbewusstsein und Sicherheit mitzunehmen. Natürlich ist man als Trainer und als Spieler dann zufrieden, wenn man so ein Spiel gewinnt. Wir haben jetzt die Möglichkeit, mit einem weiteren Sieg aus zwei Spielen den nächsten Schritt ins Achtelfinale zu machen. Das gibt ein Gefühl der Zufriedenheit - im Moment. Serbien wird ein ganz anderer Prüfstein. Die werden mit ganz anderen Qualitäten in der Offensive spielen. Für uns heißt es, konzentriert zu bleiben und weiterzuarbeiten.
Warum hatten Sie sich doch für Thomas Müller in der Startelf entschieden?
Piotr Trochowski hat eine gute Vorbereitung gespielt, aber Müller geht gegen defensive Mannschaften mehr in den Rücken der Abwehr, Richtung Tor. Das hat er einige Male gut gemacht.
Tun Sie sich jetzt leichter, von einer Startformation zu sprechen, die Sie gefunden haben?
Nein, jetzt tue ich mich noch schwerer. Weil in der Offensive unglaubliche Möglichkeiten bestehen. Wir haben Spieler wie Cacau, Marin, Gomez, Trochowski, die einem Spiel auch einen besonderen Kick geben können. Ich hätte Cacau, Trochowski oder Marin auch von Anfang an spielen lassen können. Die Entscheidung, Cacau nicht von Anfang an spielen zu lassen, hatte ich mir schon noch überlegt. Er war in der Vorbereitung klasse. In der Defensive wechselt man weniger, in der Offensive kann man sagen, dass ich auch mal im Vorfeld eines Spiels sage, der Spielertyp ist besser geeignet für den nächsten Gegner.
Sie haben an den Torschützen Podolski und Klose festgehalten. Fühlen Sie sich bestätigt?
Ich musste nicht an ihnen festhalten. Das war vielleicht ein Thema außerhalb von unserem Trainerstab. Das gab es immer wieder mal, dass Stürmer, ob Lukas, Miro oder Mario Gomez eine Phase haben, in der sie nicht treffen. Miroslav Klose ist schon seit 2002 dabei und hat jetzt bei Weltmeisterschaften elf Tore erzielt. Und was soll ich zum Lukas sagen? Er hat 2004 das erste Turnier gespielt und war seitdem immer mit der beste Spieler bei uns. Da weiß ich doch, dass ich Vertrauen in diese Spieler habe, auch wenn sie mal ab und zu eine schlechtere Phase haben. Diese Spieler haben eine große Qualität.
Quelle: ntv.de, dpa