Vuvuzela für den Schneemann Willkommen zur Winter-WM
17.06.2010, 09:02 UhrEs ist Fußball-WM - und trotzdem Winter. Zwar denkt man bei Afrika sofort an Sonne satt, aber spätestens am Abend wird es auch im südafrikanischen Winter kalt. Doch die Teams sind vorbereitet: Nicht nur die DFB-Elf hat Handschuhe und Mützen mit ans Kap gebracht.
Torhüter in langen Hosen, Brasiliens Samba-Kicker mit Handschuhen und fröstelnde Fans in Daunen- und Regenjacken auf den Tribünen: Das aktuelle Foto eines Schneemanns mit einer Vuvuzela auf der Titelseite der Zeitung "Volksblad" in der WM-Stadt Bloemfontein steht fast schon symbolisch für das Turnier in Südafrika, das als das bislang kälteste in die WM-Geschichte eingehen dürfte. Und ein Ende des schlechten Wetters, das weite Teile des Landes heimsucht, ist in den nächsten Tagen nicht in Sicht.
Franck Ribéry & Co. holten zum Training am Dienstag die Handschuhe raus und auch vor dem deutschen Teamhotel wurde schon gebibbert. Der südafrikanische Winter hat bei der Fußball-WM den Fröstel-Faktor steigen lassen. Ein Vorstoß deutlich kälterer Luft, ein sogenannter Trog, habe das Wetter am Kap der Guten Hoffnung allmählich kippen lassen, erklären die Metereologen. Dabei dreht der Wind von nördlicher auf südliche Richtung, was - anders als in Mitteleuropa - bedeutet, dass er nun aus polaren Regionen die kühlere Luft heranbringt. "Es ist kalt. In Serbien sind es jetzt 35 Grad. Darauf müssen wir vorbereitet sein", stöhnte Serbiens Stürmerstar Marko Pantelic.
"Extrem kalt" soll es vor allem in den Provinzen Gauteng mit Johannesburg, dem kalten Herz der WM, und der Hauptstadt Pretoria sowie Free State mit dem Spielort Bloemfontein werden, kündigte der südafrikanische Wetterdienst an. "Wir erwarten starken Frost", sagte Meteorologin Elke Brouwers. In den Regionen von Kapstadt bis Port Elizabeth regnete es seit Tagen immer wieder in Strömen. Wegen anhaltender Niederschläge musste am Dienstag in der Küstenstadt Knysna das Training der dänischen Mannschaft abgesagt werden. Beide Trainingsplätze waren völlig überschwemmt und damit unbespielbar.
DFB-Team auf Winter eingestellt
Auf die erste Winter-WM hatten sich Bundestrainer Joachim Löw und sein Team schon in der Vorbereitung eingestellt. Zeugwart Thomas Mai versuchte, "auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein". Darum wurden neben dicken Jacken und Mützen sogar Handschuhe mitgebracht. Weiße und schwarze Trikots gibt es auch in der Ausführung mit langen Ärmeln - die brauchten Lothar Matthäus, Jürgen Klinsmann & Co. bei ihren WM-Auftritten nicht. Diesmal ist's kühler, auch wenn es für die DFB-Kicker erst im dritten Gruppenspiel gegen Ghana richtig kalt werden dürfte. Die zweite Partie findet am Freitag in Port Elizabeth am Indischen Ozean um 13.30 Uhr statt. Das dort angesetzte deutsche Abschlusstraining im Nelson Mandela Bay Stadium wurde von der FIFA gestrichen, um den ramponierten Platz zu schonen. Aus diesem Grund fliegt die DFB-Auswahl nun erst am späten Nachmittag von Pretoria in den Spielort.
Shootingstar Thomas Müller, der vom Temperatursturz überrascht wurde und zur Pressekonferenz am Dienstag in kurzen Hosen erschien, zeigte sich hart im Nehmen: "Darauf kann man sich einstellen." Der Deutsche Fußball-Bund hatte vor Turnierbeginn sogar eine Sauna für 15 Personen per Schiff nach Südafrika transportieren und im Mannschaftshotel installieren lassen. TV-Moderatoren mussten ihre Aufsager für die Frühsendungen allerdings außerhalb bei ein Grad minus produzieren.
Otto Rehhagel bereitet der Wintereinbruch keine Sorgen. "Ich denke, bei kaltem Wetter kann man besser spielen, als wenn es heiß ist", sagte Griechenlands Nationaltrainer am Mittwoch in Bloemfontein, dem kältesten WM-Spielort. Bei der Partie des Europameisters von 2004 gegen Nigeria am Donnerstag (16.00 Uhr/ZDF) werden Temperaturen um den Gefrierpunkt erwartet. Auch seinen Gegenüber Lars Lagerbäck stört die Kälte nicht. "Mir macht das nichts aus", sagte der Schwede schmunzelnd, "und die Spieler lassen sich bisher nichts anmerken. Der eine oder andere friert ein bisschen, aber das ist kein Problem."
Heizdecken sorgen für Freude
Auch wenn in Europa Afrika immer mit Sonne satt verbunden wird, auf der Südhalbkugel ist jetzt eben Winter. Nicht nur die Nächte sind in vielen Spielorten kalt. Selbst Hartgesottene freuen sich in den nicht zwingend winterfesten Häusern über Heizdecken. Am Dienstag waren in Südafrika zahlreiche Bergpässe in der Ostkap-Provinz wegen Schneefällen gesperrt. Nahe der Karoo-Stadt Graaff-Reinet bauten Urlauber nach Rundfunkberichten sogar Schneemänner.
Dick eingepackt in winterlichen Jacken verfolgte Ghanas Coach Milovan Rajevac am Dienstag das Training seiner "Black Stars". "Der Wind ist ein großes Problem. Weder der Coach noch die Spieler trainieren gerne bei so viel Wind", so der Serbe im Mogwase-Stadion. In Bloemfontein brachen die Temperaturen von 18 auf fünf Grad ein, bis zu minus drei Grad wurden vom Wetterdienst für die Nacht angekündigt. Alles kein Problem für Japans Coach Takeshi Okada: Weil es trocken bleibe, könne man sich gut darauf einstellen. Aber lange Hosen kamen auf den Trainingsplätzen überall wieder in Mode.
Im am Indischen Ozean gelegenen Durban, wo beim Deutschland-Spiel noch Frauen in Bikini-Oberteilen und Männer mit nacktem Oberkörper im Stadion gesehen wurden, hatte es sich auch abgekühlt. Es war zwar tagsüber immer noch deutlich wärmer als in den Höhenlagen von Johannesburg oder Pretoria, wo für Mittwoch trockener Frost erwartet wurde, aber die Zeit der Partys am welligen Strand war erst einmal vorbei.

Auch in Durban hat sich das maritime Klima abgekühlt. Die Strandpartys sind erstmals vorbei.
(Foto: AP)
"Es ist einfach furchtbar kalt. Das macht uns schwer zu schaffen", sagte Brasiliens Maicon, der den fünfmaligen Weltmeister bei seinem Auftaktspiel am Dienstag in Johannesburg gegen Nordkorea (2:1) bei Temperaturen um den Gefrierpunkt in Führung schoss. Coach Dunga behauptete: "Es wäre uns vieles leichter gefallen, wenn es warm gewesen wäre."
Vor der mühsamen Partie gegen Nordkorea hatten die sonneliebenden Samba-Kicker aus Brasilien freilich noch nicht über die Winter-WM gejammert. "In Portugal ist es auch kalt. Die Kälte beeinflusst unser Spiel nicht, wir kennen das ja vom Confederations Cup letztes Jahr. Wichtig ist, konzentriert zu sein und sich gut aufzuwärmen", sagte Brasiliens Mittelfeldspieler Ramires (Benfica Lissabon). Und auch wenn die Franzosen beim Training ob des Wetters betrübt auftraten, sie hatten in der WM-Vorbereitung beim Schneeschuhwandern schon kältere Temperaturen erlebt.
Quelle: ntv.de, dpa/sid