Fußball-WM 2010

"Ein unglaublicher Fußball-Orgasmus" Slowakei feiert Wunder von Afrika

Noch vor wenigen Tagen war die Stimmung in der Slowakei im Keller. Nun ist sie es in Italien - und: "Alle Slowaken sind heute glücklich", jubelt Trainer Vladimir Weiss.

Da stand es 3:1 - Kamil Kopunek feiert, Daniele de Rossi hängt im Netz.

Da stand es 3:1 - Kamil Kopunek feiert, Daniele de Rossi hängt im Netz.

(Foto: dpa)

Besser als Sex: Die schönste Nebensache der Welt hat der ganzen Slowakei einen Höhepunkt der besonderen Art beschert. "Die Slowakei hat einen unglaublichen Fußball-Orgasmus erlebt", titelte die Tageszeitung Plus nach dem 3:2 (1:0) gegen Italien. Es war eine historisch schwarze Stunde für den blamierten Titelverteidiger - und der bislang größte Moment in der 17-jährigen Fußball-Geschichte des WM-Debütanten. Die Tageszeitung "SME" nannte es schlicht: "Das Wunder von Afrika."

Kaum zu glauben: Noch vor wenigen Tagen war die Stimmung in Bratislava im Keller. "Unfähig" seien Trainer Vladimir Weiss und seine Spieler, schrieben die gleichen Medien nach dem "peinlichen" 1:1 gegen Neuseeland und dem folgenden 0:2 gegen Paraguay. Erst der "Thriller mit Happyend" (Zeitung "Novy Cas") gegen Italien sorgte für die plötzliche Kehrtwende: "Der slowakische Fußball hat sich den Respekt der ganzen Welt verdient", hieß es nun in der "SME".

Unfaire Kritik

Ein Friedensangebot, von dem die Spieler zunächst nichts wissen wollten. Schweigend und schmollend zog die Mannschaft eine Stunde nach Schlusspfiff an den Journalisten vorbei, kein einziges Wort kam über ihre Lippen. "Dieser Boykott war die alleinige Entscheidung der Jungs. Sie haben viel unfaire Kritik einstecken müssen", sagte Nationaltrainer Vladimir Weiss.

Fabio Cannavaro zeigt sich als fairer Verlierer und gratuliert Miroslav Stoch - Fabio Quagliarella (r) kann die Niederlage fassen.

Fabio Cannavaro zeigt sich als fairer Verlierer und gratuliert Miroslav Stoch - Fabio Quagliarella (r) kann die Niederlage fassen.

(Foto: dpa)

Wenige Minuten zuvor hatte das Team auf dem Rasen des Stadions Ellis Park in Johannesburg noch ausgelassen gefeiert. "Das ist ein großer Erfolg für den slowakischen Fußball. Davon hätten wir nie zu Träumen gewagt", sagte der ehemalige Nürnberger Robert Vittek, der mit zwei Treffern den Grundstein zum Coup gelegt hatte. Später war außerdem klar: Achtelfinalgegner sind die Niederlande.

Erfolg keine Überraschung

Wirklich überraschend kommt der Erfolg allerdings nicht. Schon vor der WM hatte die Mannschaft ihr Potenzial gezeigt und in der Qualifikation Polen, Slowenien oder Tschechien hinter sich gelassen. Vor allem die Duelle mit Tschechien waren Balsam auf die Seele. Die Slowaken gewannen in Prag 2:1 und holten zu Hause in 0:0. Damit trat der kleine Bruder endgültig aus dem Schatten des großen Bruders.

Unumstrittener Architekt des Erfolges ist Trainer Vladimir Weiss, der sich gerne auch mal mit dem slowakischen Fußball-Verband anlegt oder mit Rücktritt droht. Spätestens am Donnerstag zahlte sich das gegenseitige Vertrauen aus: "Für unsere junge Republik bedeutet das enorm viel. Alle Slowaken dürfen heute stolz sein", sagte Trainer Weiss, der "vom schönsten Tag meines Lebens nach der Geburt meines Sohnes" sprach. "Das ist so  unglaublich. Alle Slowaken sind heute glücklich. Wir standen vor dem Spiel stark unter Druck, aber war hatten uns sehr gut vorbereitet."

Robert Vittek: In der WM-Torjägerliste mit drei Treffern ganz oben.

Robert Vittek: In der WM-Torjägerliste mit drei Treffern ganz oben.

(Foto: APN)

Die nächste Gelegenheit zum Feiern bietet sich schon am Montag in Durban. Gegen die Niederlande sind die Slowaken nicht nur nach Ansicht von Torjäger Vittek zwar Außenseiter, aber nicht chancenlos. "Wir haben nichts zu verlieren. Wir haben heute überrascht, und wir können das noch einmal schaffen", sagt der 28-Jährige, der in der WM-Torjägerliste mit drei Treffern ganz oben steht.

Hollands Angreifer Arjen Robben jedenfalls warnt seine Mitspieler bereits: "Die Slowakei ist ein sehr gutes Team. Einen Fehler dürfen wir nicht machen: Diese Mannschaft unterschätzen."

Quelle: ntv.de, Erik Roos, sid

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