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Shaolin-Training, völlig absurd Grenzenverschieber Wembanyama bricht den Basketball

Wembanyama (Mitte) lässt andere NBA-Riesen wie Kinder aussehen.

Wembanyama (Mitte) lässt andere NBA-Riesen wie Kinder aussehen.

(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)

Der Basketball sieht dieser Tage Dinge, die es noch nie zuvor auf dem Court gab. Der Grund: Victor Wembanyama. Der erst 21-jährige Franzose verzaubert die USA und stellt die NBA vor komplett neue Probleme. Dafür sorgen wohl auch Shaolin-Mönche aus China.

Unbeschreiblich. Phänomenal. Absurd. Es sind Szenen des Basketballs, die noch niemals zuvor ein Mensch gesehen hat. Das neue NBA-Jahr hat gerade erst begonnen, aber bereits jetzt drehen alle Fans und Experten in den USA am Rad. Der Grund: Victor Wembanyama.

Der 21-jährige Center von den San Antonio Spurs fasziniert in der ersten Woche der besten Basketball-Liga der Welt mit Rekorden und Highlights, die ihresgleichen suchen. Zwei völlig abwegig erscheinende Spielsituationen stechen heraus und zeigen, dass Wembanyama eine neue Ära eingeläutet hat. Dass gerade ein Bruch der Zeitachse des Basketballs live vor den Augen aller Welt stattfindet.

Beim Sieg gegen Brooklyn blockt der junge Franzose in einem Spielzug zwei verschiedene Gegenspieler der Nets, schnappt sich dann den Ball, sprintet über das Parkett - und versenkt einen Dreier in Stephen-Curry-Manier vom Logo, das in der Mitte des Spielfelds platziert ist. Im ersten Saisonspiel gegen die Dallas Mavericks knallt er zunächst dem 213 Zentimeter großen Center Dereck Lively den Ball aus den Händen, um ihn im direkten Gegenzug mit Dribblings schwindelig zu spielen, die selbst manchen Point Guard neidisch dreinblicken lassen.

Erst Blutgerinnsel, dann Dominanz

"Wemby", wie er in den USA gerufen wird, ist aber 226 Zentimeter groß, seine Arm-Spannweite misst 2,43 Meter. Es wirkt schlichtweg unfair, dass ein Spieler gleichzeitig so riesig, geschmeidig, agil, talentiert, geschickt und instinktiv ist. Sieht er manchmal wie eine unbeholfene Zeichnung eines Athleten aus, ergeben seine Gliedmaßen physikalisch eigentlich keinen Sinn, so bringt er dennoch eine Balance und eine Beweglichkeit auf den Court, die unmöglich erscheinen.

Wembanyama ist ein neuer Archetyp, der so unrealistisch ist, dass er aus einem Videospiel stammen muss. Doch er ist die neue Realität der NBA, wird in diesem Jahr möglicherweise bereits zum Gesicht der Liga. Man kannte das Konzept Wembanyama aus den vergangenen beiden Saisons, sah sein rohes Potenzial und sein unglaubliches Talent immer wieder aufblitzen. Doch diese erste Woche stellt seinen wahren Durchbruch dar - der alle riesigen Erwartungen noch einmal getoppt hat.

Nachdem der Franzose die zweite Hälfte der letzten Saison wegen eines Blutgerinnsels in der Schulter verpasst hatte, eilten die Spurs, bei denen die Legenden wie David Robertson und Tim Duncan unglaublich erfolgreiche Ären prägten, unter seiner Regie nun zum ersten Mal in ihrer Vereinsgeschichte zu einem Start mit fünf Siegen und keiner Niederlage. Zwei der letzten drei NBA-Champions haben ihre Meister-Spielzeiten mit genau einer solchen Serie begonnen.

Wembanyama macht Gegner zu Kindern

Zwar fehlt den Spurs mit All-Star De'Aaron Fox noch ein Schlüsselspieler verletzt, das macht aber nichts, wenn Wembanyama völlig nonchalant historische Dinge tut. Als erstem Spieler überhaupt gelangen ihm in den ersten drei Spielen einer Saison mehr als 100 Punkte, mehr als 30 Rebounds und mehr als zehn Blocks. Mit 30,2 Punkten, 14,6 Rebounds und 4,8 Blocks ist er der zweite Spieler in der NBA-Geschichte hinter Bob McAdoo (1975), der in den ersten fünf Spielen einer Saison durchschnittlich mindestens 30 Punkte, 14 Rebounds und 4 Blocks erzielt hat.

Wembanyama allein hat in dieser Spielzeit mehr Blocks gesammelt als die Hälfte der NBA-Teams mit ihren gesamten Kadern sammeln konnte. In 90 aufeinanderfolgenden Spielen hat er nun zumindest einen Block verbucht, es gibt in der NBA-Geschichte lediglich drei längere Serien und die von "Wemby" ist sicherlich noch nicht zu Ende. Der Karrierewert von 3,72 Blocks pro Spiel ist zudem der beste der Historie.

Aber all die Statistiken können nicht beschreiben, wie monumental das Spiel des jungen Franzosen wirklich ist. Wie grandios sein Einfluss auf das Geschehen auf dem Court ist. Gegnerische Offensiven trauen sich kaum noch, gegen die Spurs zum Korb zu ziehen, wo es normalerweise die einfachsten Punkte zu holen gibt. Doch wenn Wembanyama dort wartet, werden selbst die NBA-Riesen zu Normalos vom Park um die Ecke am Sonntagnachmittag und wie ungezogene Kinder abgewatscht.

Grenzenverschieber wie Steph Curry

Allein Wembanyamas Präsenz ist Defensive. Doch auch offensiv mutiert er nun zum Monster. Nachdem der Center im vergangenen Jahr (zu) viele Dreipunktewürfe nahm, operiert er jetzt überall auf dem Parkett: mit dem Rücken zum Korb, aus der Mitteldistanz, im Dribbling von außerhalb der Dreierlinie. Er fängt ganz lässig jeden noch so hoch geworfenen Lob-Pass, tänzelt mit zwei Schritten durch jede Verteidigung. Das Training in der Sommerpause mit der NBA-Legende Hakeem "The Dream" Olajuwon, mit dem er vor allem seine Fußarbeit und sein Post-Game verbesserte, zahlt sich jetzt aus.

Wembanyamas aktuelle Veränderung des Basketball-Zeitstrahls erinnert an das Jahr 2016, als Stephen Curry von den Golden State Warriors die Dreier wie ein Verrückter regnen ließ und die NBA für immer veränderte. Auch der 21-jährige Franzose verschiebt Grenzen. Vom Basketballspiel. Von der Rolle des Centers. Von dem, was auf dem Court für möglich gehalten wurde.

Dan Patrick, ein bekannter US-amerikanischer Sportreporter, sagte über Wembanyamas Spielweise angelehnt an computergenerierte Bilder in Filmen: "Sie sollten ihn CGI nennen, weil es einfach nicht echt wirkt." Macht der Center so weiter, hat er nicht nur die Trophäe des Defensivspielers des Jahres sicher, er könnte sich am Ende der Saison als wertvollster Spieler auch zum jüngsten MVP aller Zeiten krönen.

Ob auch eine Meisterschaft bereits drin ist? Geschenkt. Das Projekt Wembanyama war eines für die Zukunft. Eine junge Truppe und den angehenden Superstar sollte behutsam aufgebaut werden, um langfristig Erfolge einfahren zu können. Der 21-jährige Superstar hat den Plan schon jetzt über den Haufen geworfen.

Mit Shaolin-Mönchen in die Ära Wembanyama

Die Ära Victor Wembanyama hat offiziell begonnen - und alle Basketball-Fans dürfen sich freuen. Er ist der ultimative "Außerirdische", der vielleicht talentierteste Basketballspieler aller Zeiten. Einer, wie man ihn noch nie zuvor gesehen hat. Der Youngster zieht nun die Massen an, wie Michael Jordan und LeBron James vor ihm. Bleibt er gesund, könnte er irgendwann auch in einem Atemzug mit den Legenden genannt werden, weil dann die Meisterschaftsringe von selbst kommen.

Wembanyamas Blutgerinnsel aus dem vergangenen Jahr ist eine Erkrankung, die sowohl die Karriere als auch das Leben eines Sportlers gefährden kann. Auch deshalb bereitete sich Wembanyama nicht "nur" mit Olajuwon auf diese NBA-Spielzeit vor, sondern suchte einen gesamtheitlichen Ansatz. Während andere Stars Urlaub in der Sonne machten, spielte er Schach und Fußball mit Einheimischen in Costa Rica und Tokio und tauschte sich mit der NASA aus.

Das zukünftige Gesicht der NBA ging aber noch einen Schritt weiter - und verbrachte 10 Tage in einem Shaolin-Tempel in China und trainierte dort mit Mönchen. In der nächsten Off-Season könnten die Kurse dort bei NBA-Spielern durchaus beliebt sein.

Quelle: ntv.de

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