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Umstrittener Sponsor für Frauen Große Brüste sollen dem Schach Geld bringen

Schach wird mit dem Kopf gespielt, nicht mit großen Brüsten, kritisieren Spielerinnen.

Schach wird mit dem Kopf gespielt, nicht mit großen Brüsten, kritisieren Spielerinnen.

(Foto: imago images/Westend61)

Im Schachsport gibt es für Frauen deutlich weniger Geld als für Männer. Der Weltverband schließt nun einen Sponsorendeal, um die Spielerinnen zu fördern. Doch dafür hagelt es Kritik. Denn der Sponsor ist ein Hersteller von Implantaten für Brustvergrößerungen. Viele Frauen fühlen sich stigmatisiert.

Im Schachsport geht es um Millionen. Zumindest, wenn die Superstars spielen. Der Norweger Magnus Carlsen etwa, oder die US-Amerikaner Fabiano Caruana und Hikaru Nakamura. Doch das Geld ist im Schach sehr ungleich verteilt. Leidtragende sind vor allem die Frauen. Die Sportart tut sich schwer damit, Spielerinnen anzulocken. Umso willkommener sollte der größte Sponsoringdeal aller Zeiten für das Frauen-Schach sein. Stattdessen prasselt Kritik auf den Weltverband Fide ein.

Fide kündigte zu Beginn der Woche an, dass der Vertrag bis zum kommenden Jahr laufe. Bis 2022 also, dem Jahr, das zum "Jahr der Frauen im Schach" erklärt wurde, wie die Fide mit Stolz erklärte. Doch Spielerinnen bezeichneten den Deal als "ekelhaft" und "frauenfeindlich". Weil der Sponsor ausgerechnet die Firma Motiva ist, ein Hersteller für Brustimplantate. Ein Fakt, den der Weltverband in seiner Bekanntgabe geflissentlich umgeht. Man freue sich, eine Partnerschaft mit dem "weltweit tätigen Medizintechnikunternehmen, das sich für die Verbesserung der Gesundheit und des Wohlbefindens von Frauen einsetzt", bekannt zu geben.

Einige Spielerinnen äußerten sich auf der Schach-Website Lichess.org, die auch einen Blog beinhaltet. Die zumeist anonym geäußerten Meinungen sind mehrheitlich kritisch. Laut Lichess wollten sie anonym bleiben, weil sie von Turniereinladungen der Fide abhängig seien. "Sollte sich das Schachspiel - ein Spiel, bei dem es auf den Verstand und nicht auf die Brüste ankommt - nicht von dieser Art von frauenfeindlicher Denkweise distanzieren?", fragt eine anonyme Spielerin. Und eine weitere kommentiert: "Ich finde es in Ordnung, wenn sich Frauen Brustimplantate einsetzen lassen, wenn sie das wollen. Aber ich finde es nicht in Ordnung, Frauen dazu zu ermutigen, das zu tun. Und genau das ist das Problem mit diesem Sponsoring. Ich verstehe, dass die Fide mehr Geld für die Frauen bekommen wollte, was großartig ist. Aber die Botschaft, die sie damit aussenden, ist nicht gut."

Boom dank Netflix-Serie

Mehr als 1500 Großmeister gibt es im Schach, weniger als 40 von ihnen sind Frauen. Und das in einem Sport, in dem das Geschlecht keine Rolle spielt, in dem Männer und Frauen gegeneinander antreten können. In dem es aber auch geschlechtergetrennte Wettbewerbe gibt. Der Verband hat sich in den vergangenen Jahren zunehmend bemüht, Frauen zu werben und zu fördern. Unerwartete Unterstützung bekam der Sport von der Netflix-Serie "Das Damengambit", die zu einem weltweiten Erfolg wurde. Die Serie löste nicht nur Zuschauerrekorde aus, sondern auch einen Boom für die Sportart. Die Spiel-Website Chess.com registrierte Millionen neue Mitglieder. Auch die zweifache US-Schachmeisterin Jennifer Shahade hatte von Unmassen an Anfragen nach Unterricht oder Spieltipps berichtet. Sie sei "überwältigt", hatte sie im vergangenen Jahr gesagt.

Aus dem Boom etwas Langfristiges machen, das ist die Aufgabe von Fide. Doch mit dem neuen Sponsor gehe der Verband zu weit, lautet die verbreitete Kritik: "Ich habe im Internet bereits Kommentare von Leuten gelesen, die hoffen, dass die Preise für Frauenwettbewerbe auch Brustvergrößerungen beinhalten werden. Ich habe Witze gesehen, in denen die Namen bestimmter Spitzenspielerinnen genannt wurden, die davon profitieren könnten" , so eine weitere anonyme Spielerin bei Lichess.

Es gibt aber auch Befürworterinnen des Sponsorenvertrags. Etwa die Internationale Meisterin Shela Barth Stanford, die dem "Dagbladet" sagte: "Wir brauchen dringend einen Sponsor. Wir spielen für weniger Geld als die Männer, was es schwieriger macht, auf Schach zu setzen. Ich hoffe, dass es dadurch für Frauen einfacher wird, professionell zu spielen." Auch die Deutsche Elisabeth Pähtz hat laut Lichess kein Problem mit dem Sponsor: "Das Wichtigste ist die Unterstützung des Schachs. Ich persönlich bin froh, wenn wir irgendeinen Sponsor für Frauen im Schach haben, und solange es nicht um etwas geht, das mit Geschlecht, Rassismus oder Drogen oder irgendetwas anderem zu tun hat, würde ich diesen Sponsor generell unterstützen."

Laut "Guardian" betonte der Verband, man ermutige nicht zu Schönheitsoperationen. Fide erklärte zudem, der Vertrag sei vorab ausgiebig beratschlagt worden. Demnach hätten sowohl der Vorstand als auch der Fide-Rat diskutiert, "zwei Gremien, in denen Frauen stärker vertreten sind als in der Schachgemeinschaft insgesamt".

Quelle: ntv.de, ara

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