Liebling des DDR-Rundfunks "HFO" wird 80
11.12.2007, 12:16 UhrSeine Sprüche sind bis heute Kult. Erinnert sei nur an den "Tartan-Elch" als Synonym für den finnischen Wunderläufer Lasse Viren. Sein Ausspruch beim Marathon-Olympiasieg Waldemar Cierpinskis 1980 ist unvergessen: "Haben Sie Mut, nennen Sie die Neuankömmlinge des heutigen Tages Waldemar." Heinz Florian Oertel, die Stimme des Sports im Osten, wird am Dienstag 80 Jahre alt.
Die promovierte Reporterlegende lockte einst Generationen an die Rundfunkgeräte und fesselte sie vor den TV-Apparaten. Oertel sang vor Zehntausenden "Hoch soll er leben", als Täve Schur 1955 zum ersten Mal die Rad-Friedensfahrt gewann. Heute sagt der in Berlin lebende gebürtige Lausitzer: "Leider gibt es die Friedensfahrt nicht mehr, dabei bräuchten wir gerade jetzt viele Friedensfahrten - eine im Irak, gesponsert von US-Präsident Georg W. Bush."
"Wer rastet, der rostet"
"HFO" ist ein Markenzeichen für Liebe zum Sport, Nähe zum Athleten und Fachkenntnis. DDR-Fußballstars wie Jürgen Sparwasser oder Jochim Streich wissen das ebenso zu schätzen wie Eiskönigin Katarina Witt und die Skispringer Helmut Recknagel, Hans-Georg Aschenbach oder Jens Weißflog. Er berichtete von 17 Olympischen Spielen, acht Fußball-Weltmeisterschaften und 25 Welt- und Europameisterschaften im Eiskunstlaufen.
Nach dem Motto "Wer rastet, der rostet" geht Heinz Florian Oertel auch heute noch auf Tour. In zahlreichen ostdeutschen Buchläden ist er Stammgast. Oft müssen bei seinen Lesungen die Läden wegen Überfüllung geschlossen werden. Der einstige Sportreporter genießt nicht nur bei den Menschen im Osten einen Promistatus.
Sendungen für Millionen
Oertel kennt sich nicht nur im Sport gut aus. Mit journalistischem Fingerspitzengefühl entwickelte er einst Sendungen für Millionen, egal ob sie "Schlager einer kleinen Stadt" oder "Schlager aus Berlin" hießen. Oertels "Porträt per Telefon - Gespräche mit Prominenten" flimmerte 250-mal über die Bildschirme auf DDR-Kanal fünf. Legendär ist seine Rundfunk-Sendung "He, he, he - Sport an der Spree". Für jeden Sportfan zwischen Elbe und Oder war die Samstagssendung zwischen 10 und 12 Uhr als Einstimmung auf das Sportwochenende Pflicht.
Mit seinen Kollegen setzte sich der wortgewandte Journalist oft kritisch auseinander, war dabei aber nie hinterlistig oder verletzend. Oertel schrieb Kolumnen in der Lausitzer Rundschau und der Berliner Zeitung. Wenn er seine Stimme erhob, hörten selbst die DDR-Oberen gelegentlich hin.
Feier verschoben
Heinz Florian Oertel geriet als Matrose der deutschen Kriegsmarine auf Sylt 1945 in britische Gefangenschaft, wurde aber schon 1946 in seine Heimatstadt Cottbus abgeschoben. Als Junglehrer stieß der spätere Starreporter 1951 zum Berliner Rundfunk. Bis zur Schließung 1991 gehörte er zum Sender. Nach der Wende hielt Oertel an der Freien Universität Berlin und der Uni Göttingen Vorlesungen über Rhetorik und Publizistik.
Den Geburtstag selbst verbringt der nach wie vor leidenschaftliche Autofahrer außerhalb Berlins. "Wir schließen unser Haus in Pankow zu und fahren weg", sagt Ehefrau Hannelore. Die Feier mit den zwei Töchtern, dem Sohn, den vier Enkeln und einem Urenkel wird nachgeholt.
von Martin Haas, sid
Quelle: ntv.de