Krimi bei den US Open Haas macht es spannend
02.09.2007, 10:31 UhrMit Kampfgeist und seinem besten Tennis seit Wochen hat Thomas Haas das Zitterspiel gegen Sebastien Grosjean gemeistert und seinen Platz im Achtelfinale der US Open gebucht. "Ich bin unheimlich erleichtert", sagte der an Nummer 10 gesetzte Hamburger am Samstagabend (Ortszeit) in New York nach dem in 3:17 Stunden hart erarbeiteten 6:2, 6:4, 3:6, 4:6, 6:3-Erfolg gegen seinen Drittrunden-Widersacher aus Frankreich, den er bis Mitte des dritten Satzes klar beherrscht hatte. Doch dann wackelte der 29-Jährige gerade in dem Moment, als er sich anschickte, wie vor drei Jahren an selber Stelle den Sack gegen den Weltranglisten-78. zuzumachen.
"Sowas passiert", meinte Haas, der von 24 Breakchancen nur fünf nutzen konnte. "Aber ich bin stolz, dass ich die Ruhe bewahrt habe. Das war ja nicht immer so." Der grimmige Blick der ersten Tage von Flushing Meadows ist einem freundlichen Lächeln des nach Spielen meist einsilbigen Haas gewichen. Der Grund dürfte auch die rechte Schulter sein, die seit dem Zweitrunden-Match gegen den Bayreuther Philipp Petzschner kaum noch Probleme bereitet. "Die Schulter hält", lautete Haas' knapper Kommentar. Doch der Blick verriet, wie sehr die Verletzung am Selbstverständnis auf dem Platz gezehrt hatte. Es sei zwar noch nicht alles okay, aber die nächste schwere Aufgabe gegen Publikumsliebling James Blake kann kommen.
"Das wird natürlich nicht einfach", meinte der Australian-Open-Halbfinalist, der mit dem Erreichen des Viertelfinals im Vorjahr und 2004 seine besten Ergebnisse in New York hatte. "James ist ein sehr guter Spieler. Man braucht sich nur die letzten Ergebnisse anzusehen: Finale in Cincinnati und dann der Titel in New Haven. Das spricht für sich." Auch wenn er seine schon zwei Mal operierte Schulter noch immer nicht voll belasten und deshalb kaum trainieren kann, glaubt Haas fest an seinen Chance im fünften Vergleich mit dem kahlköpfigen Amerikaner, auch wenn er nur den letzten im Vorjahr in der Halle von Paris gewinnen konnte.
Eine mentale Auszeit wie gegen Grosjean, der nach Siegen noch immer 5:4 gegen Haas führt liegt, darf sich der Deutsche am Montag freilich nicht erlauben. Der an Nummer 6 gesetzte Blake würde solche Gelegenheiten konsequenter ausnutzen. Das bewies er am Sonntagmorgen (Ortszeit) in seinem eine Stunde nach Mitternacht zu Ende gegangenen Match gegen den Ö sterreicher Stefan Koubek, das er mit 6:4, 3:6, 7:6 (7:5), 6:1 glücklich, aber verdient nach Hause brachte.
Wie Deutschlands momentan bester Tennisprofi bewahrten auch Titelverteidiger Roger Federer und Vorjahresfinalist Andy Roddick ihre weiße Weste und stürmten mit Bravour in die zweite Woche des mit 19,6 Millionen Dollar dotierten Grand-Slam-Turniers. Dort könnten sie schon im Viertelfinale aufeinander treffen. Vorausgesetzt, der Schweizer, der gegen den Amerikaner John Isner am Samstag den ersten Satz seit dem Endspiel des Vorjahres abgab, schlägt am Montag den Spanier Filiciano Lopez. Und Lokalmatador Roddick setzt sich gegen Thomas Berdych aus Tschechien durch. Ausgeschieden sind dagegen die früheren Champions Lleyton Hewitt, Marat Safin und Martina Hingis.
Am schlimmsten freilich erwischte es Glamour-Girl Maria Scharapowa: Sie trug nach ihrem Drittrunden-Debakel gegen Agnieszka Radwanska statt neuer Kreationen Trauer. Denn die Titelverteidigerin wurde bei ihrer 4:6, 6:1, 2:6-Niederlage zunächst von der 18-jährigen Polin vorgeführt und bekam hernach von ihrem Vater Jouri wie gewohnt die Leviten gelesen. Schon vor dem Matchball hatte der Trainer-Vater stinksauer die Tribüne des Arthur-Ashe-Stadions verlassen.
Was er ihr nach dem frühen Ausscheiden mehr oder minder lautstark mitgeteilt hat, wollte die bitter enttäuschte Russin nicht verraten. Ihre jugendlich-freche Gegnerin, die nun auf die gleichaltrige Nicole Vaidisova aus Tschechien trifft, plauderte dagegen über Gott und die Welt und machte sich keinen Kopf wegen ihrer Provokationen beim Aufschlag ihrer schwachen Kontrahentin, die während der 2:06 Stunden Spielzeit erschreckende 49 leichte Fehler produzierte.
"Sie mag es nicht, wenn man sich bewegt bei ihrem Aufschlag", erklärte die Nummer 32 der Weltrangliste, die in Gronau aufgewachsen ist, wo ihr Vater als Club-Trainer gearbeitet hatte. Also hampelte sie herum und ging vor allem beim zweiten Aufschlag bis dicht an die T-Linie, um dann wieder Richtung Grundlinie zurückzusinken. Dass sie dies zur Weißglut gebracht hatte, mochte Scharapowa zwar nicht zugeben. Aber zwölf Doppelfehler sprachen eine klare Sprache.
Von Andreas Bellinger, dpa
Quelle: ntv.de