Nur Federer steht noch im Weg Haas will ins Finale
03.07.2009, 11:44 Uhr"Das Match ist noch nicht vorbei!" Das sagen sie alle, aber was bei anderen Spielern vor einem Duell mit Roger Federer wie das Pfeifen im dunklen Wald erscheint, klingt aus dem Mund von Tommy Haas tatsächlich glaubwürdig. "Ich spiele so gut wie hier noch nie in meiner Karriere", sagt der 31-Jährige vor dem Wimbledon-Halbfinale. Zu Recht.

Tommy Haas spielt in Wimbledon so gut Tennis wie lange nicht mehr.
(Foto: AP)
Manchmal möchte man ihn schütteln und schreien: "Warum erst jetzt?" Haas in der Verfassung dieses Frühjahrs löst ein Versprechen ein, das er seit seinem Karrierebeginn vor 13 Jahren viel zu selten gehalten hat. Er kann ein Weltklassespieler sein. Dass er zum vierten Mal in der Vorschlussrunde eines Grand-Slam-Turniers steht, ist ein "unglaublicher" Erfolg. Angesichts seiner Fähigkeiten nach bereits 41 Starts auf Major-Turnieren aber eigentlich viel zu wenig.
"Tommy ist sehr talentiert, er ist einer der Spieler mit dem meisten Ballgefühl überhaupt", sagt Roger Federer. Der große Schweizer, der nur noch zwei Siege von seinem 15 Grand-Slam-Titel und damit dem alleinigen Rekord entfernt ist, schätzt seinen deutschen Gegner mehr als dessen sportliche Erfolge allein das rechtfertigen würden. Man trainiert regelmäßig miteinander und geht auch mal zusammen essen. "Er ist ein guter Kumpel", sagt Federer, "es ist schön, dass er jetzt wieder zurück ist."
Fehlende Reife in jungen Jahren
Ja, es gab drei Schulteroperationen und immer wieder gesundheitliche Probleme, die natürlich größeren Erfolgen im Weg standen. Aber das war es ja nicht allein. Viel zu lange in seiner Laufbahn verließ sich der gebürtige Hamburger allein auf sein überragendes Talent. Da wurden Burger gegessen und mal kurz zwischen zwei Turnieren in Europa in die USA gejettet, um die Freundin zu sehen. Und so fort. Coaches, die professionelle Einstellung forderten, wurden gefeuert, kamen wieder, wurden nochmal gefeuert.
"Einige sind schon in sehr jungen Jahren sehr reif und andere nicht", sagt Haas, und man weiß, dass er über sich spricht und über Spieler wie Federer oder Rafael Nadal und Novak Djokovic: "Einige haben das richtige Team um sich und andere nicht." Auch das passt bei Haas jetzt offenbar.
Die Verlobte Sara Foster sorgt für das seelische Gleichgewicht, Physiotherapeut Alex Stober kümmert sich um die Schulter und Trainer Thomas Högstedt um das Spiel. Seit Mai ist der Schwede, mit dem Haas bereits von 2006 bis September 2007 zusammengearbeitet hat, wieder im Team." "Wir sind immer in Kontakt geblieben", sagt Haas, "er hilft meinem Spiel."
Wenn es Klick macht

Der 31-Jährige begeistert mit perfektem Serve & Volley.
(Foto: dpa)
Irgendwann hat es dann also doch noch geklickt beim Wahlamerikaner. Die Schulterprobleme und das fortschreitende Alter mögen nachgeholfen haben. "Ich bin noch jung, ich habe noch viel Zeit, etwas Großes zu gewinnen", behauptete er mantragleich während seiner gesamten Karriere. Jetzt hat er begriffen, dass so viel Zeit nicht bleibt, und was ihm sein Sport und Job bedeutet: "Ich bin glücklich, dass ich den Sport, den ich liebe, so lange ausüben und leben konnte."
Er spielte schon im Mai in Madrid sehr gut, hatte Roger Federer auf Sand bei den French Open am Rand einer Niederlage und gewann anschließend in Halle/Westfalen seinen ersten Titel auf Rasen. "Das bedeutet mir unglaublich viel", sagt Haas, "ich bin damit einer der wenigen Spieler, die Titel auf allen vier Belegen gewonnen haben. Danach hat es Klick gemacht."
Hohe Hürde Federer

Favorit: Roger Federer will seinen sechsten Wimbledon-Titel gewinnen.
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Zehn Spiele in Folge ist er jetzt auf Rasen ungeschlagen, spielt in Wimbledon perfektes Serve und Volley wie aus einer anderen Zeit und präsentiert sich wie ein Titelfavorit - stünde da heute ab 14 Uhr nicht Roger Federer auf der anderen Seite des Netzes. Gegen den Schweizer konnte Haas bei elf Versuchen nur zweimal gewinnen, zuletzt vor siebeneinhalb Jahren.
"Roger ist wahrscheinlich derjenige, der eines Tages als bester Spieler aller Zeiten in die Geschichtsbücher eingehen wird", sagt Haas, "das ist eine hohe Hürde, aber ich werde versuchen, ihn ein bisschen zu ärgern."
Quelle: ntv.de, Andreas Hardt, sid