Mehrkampf-EM in Amsterdam Hambüchen holt Silber
28.04.2007, 18:10 UhrEin winziger Moment der Unachtsamkeit hat Fabian Hambüchen bei den Europameisterschaften in Amsterdam die greifbar nahe Goldmedaille gekostet. Nach einem verunglückten Abgang vom Seitpferd konnte der 19-Jährige aus Niedergirmes seine "Halbzeitführung" nach drei von sechs Geräten nicht verteidigen und musste mit 89,675 Punkten und der Silbermedaille zufrieden sein.
Der angehende Abiturient verpasste diesmal noch die historische Chance, als erster deutscher Turner bei Europameisterschaften den Mehrkampf-Titel zu holen. Vor 2.000 Zuschauern im Rai-Center ging der Sieg stattdessen an Maxim Dewiatowski aus Russland (90,250), Bronze holte sich sein Landsmann Juri Riasanow (89,000).
Am Pauschenpferd, seinem fünften Gerät, verließen den zweimaligen deutschen Mehrkampf-Meister am Ende schlichtweg die Kräfte und er konnte die Übung nicht mehr sauber beenden. An den Ringen biss der frühere Reck-Europameister dann sichtbar die Zähne zusammen und verließ anschließend mit zittrigen Beinen und völlig erschöpft das Podium.
Konditionelle Probleme hatte Hambüchen schon nach dem Qualifikations-Wettkampf nicht ausschließen wollen: "Zwei komplette Mehrkämpfe in zwei Tagen sind schon sehr anstrengend." Im Schatten Hambüchens belegte Robert Juckel aus Cottbus nach einer guten Gesamtleistung einen beachtlichen 14. Platz (87,200).
16-Jährige Titelträgerin
Am Nachmittag hingegen war Oksana Chusovitina, älteste EM-Debütantin der Kunstturn-Geschichte, nur knapp an ihrer ersten Mehrkampf-Medaille für den Deutschen Turner-Bund (DTB) vorbeigeschrammt. Die 31-Jährige lag bis zur Schlussrunde noch auf Rang vier, doch nach einem Sturz vom Schwebebalken bedeuteten 57,450 Punkte am Ende nur den sechsten Platz.
Dynamisch und mit atemberaubenden Tempo raste hingegen Weltmeisterin Vanessa Ferrari förmlich zum Titel. Die temperamentvolle 16-Jährige setzte sich vor 5.000 Zuschauern im Rai-Center mit 61,975 Punkten am Ende deutlich vor der Rumänin Sandra Izbasa (59,900) und Alina Kozich aus der Ukraine (59,300) durch.
Die erst 16 Jahre alte Anja Brinker (Herkenrath) dagegen, in der Qualifikation sensationell auf Rang fünf platziert, konnte diese Leistung nicht wiederholen und musste sich diesmal mit dem zehnten Platz (56,025) begnügen. Die Schülerin eröffnete ihren bislang wichtigsten Wettbewerb gleich mit einem gestürzten Abgang am Schwebebalken, erst an ihrem "Schokoladengerät", dem Stufenbarren, konnte sie die Punktrichterinnen vollends überzeugen.
Die gebürtige Usbekin Chusovitina ging den umgekehrten Weg. Sie steigerte sich gegenüber dem Ausscheidungswettkampf und musste ihre Hoffnungen auf Edelmetall erst nach ihrem Patzer am "Zitterbalken" endgültig begraben. "Schade, aber ich bin noch nicht in optimaler Verfassung. Meine Top-Form will ich erst bei der WM im September in Stuttgart erreichen", erklärte die WM-Dritte im Sprung.
DTB-Cheftrainerin Ulla Koch nahm Brinker vor allzu großen Erwartungen in Schutz: "Anja hat hier bewiesen, dass man sich auf sie verlassen kann. Sie ist und bleibt eine wahre Perle."
von Andreas Frank, sid
Quelle: ntv.de