WM ruiniert, Olympia verpasst Handballerinnen erleiden Debakel
10.12.2011, 12:39 Uhr
Die Leere nach dem Aus: Sabrina Richter (vorn) kniet nach dem Schlusspfiff enttäuscht auf dem Spielfeld, während Clara Woltering sie zu trösten versucht.
(Foto: dpa)
Der Start war herausragend, das Ende ist beschämend: Die deutschen Handballerinnen verpassen bei der WM das Achtelfinale und damit auch die Olympischen Spiele 2012. Gegen Angola bringen sich die DHB-Damen mit einem erneuten "Katastrophenspiel" um alle Chancen. DHB-Coach Heine Jensen konstatiert: "Das ist eine riesige Enttäuschung."
Debakel und Totalschaden für die deutschen Handballerinnen: Nach einem weiteren katastrophalen Auftritt hat die Nationalmannschaft bei der WM in Brasilien das Achtelfinale und damit auch die Qualifikation für die Olympischen Spiele in London verpasst. Das Team von Trainer Heine Jensen verlor zum Abschluss der Vorrunde in Santos gegen Außenseiter Angola 22:25 (10:14) und verfehlte zwei Tage nach dem enttäuschenden 20:26 gegen Island endgültig alle seine Ziele. Ein Jahr nach dem desaströsen 13. Platz bei der EM stehen die deutschen Damen damit erneut vor einem Scherbenhaufen.
Nach der dritten Niederlage im fünften Gruppenspiel muss die Auswahl des Deutschen Handball-Bundes (DHB) als Tabellenfünfter der Gruppe A nun am Sonntag gegen Kasachstan (11.45 Uhr MEZ) im sogenannten Presidents Cup um die Plätze 17 bis 24 antreten. Für das deutsche Team war es gegen Afrikameister Angola im zehnten Duell die erste Niederlage, die auch Stefanie Melbeck mit sieben Treffern als beste Werferin nicht verhindern konnte.
Unerklärliche Leistungsschwankungen

DHB-Coach Heine Jensen machte vor allem die "unterirdische Chancenverwertung" fassungslos.
(Foto: dpa)
"Das ist eine riesige Enttäuschung. Wir haben mit dem Weiterkommen gerechnet. Jetzt müssen wir in aller Ruhe analysieren, wenn das Team wieder zu Hause ist. Diese Schwankungen in den Leistungen sind jedenfalls unerklärlich", sagte DHB-Vizepräsident Horst Bredemeier. Jensen haderte vor allem mit seiner Offensive: "Unsere Chancenverwertung war unterirdisch. Jeder Sportler möchte nach London, so wie wir gespielt haben muss man sagen, haben wir da auch nichts zu suchen. Wir müssen uns an die eigene Nase fassen, wir haben es nicht verdient."
Nach den schwachen Auftritten gegen Island und China waren den deutschen Frauen Nervosität und Verunsicherung von Beginn an deutlich anzumerken, obwohl mit einem Sieg gegen Olympiasieger Norwegen ein perfekter Start ins Turnier gelungen war. Erst nach vier Minuten und vier Fehlwürfen gelang Isabell Klein das erste Tor zum 1:1, und auch danach fehlten die spielerische Linie und vor allem Treffsicherheit im Angriff.
Der Faden reißt am Pfosten
So hielt Angola das Spiel offen, auch eine Zwei-Tore-Führung (5:3/11.) verhalf nicht zu Konstanz. Trotz einiger guter Paraden und lautstarker Anweisungen durch Torfrau Clara Woltering brachten die quirligen, aber keineswegs herausragenden Gegnerinnen die deutsche Defensive immer wieder in Verlegenheit - und vorne reihte sich Fehlwurf an Fehlwurf.

Nervenspiel: Ein verworfener Elfmeter von Toptorjägerin Franziska Mietzner brachte das DHB-Team endgültig aus dem Konzept.
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Als Top-Torjägerin Franziska Mietzner dann auch noch einen Siebenmeter an den Pfosten setzte, verlor Jensens Team endgültig den Faden. Bis zur 25. Minute zog Angola mit drei Toren in Folge auf 10:7 davon. Auch nach einer Auszeit agierte das Team kopflos, niemand übernahm Verantwortung, selbst erfahrene Spielerinnen wie Anna Loerper, Stefanie Melbeck, Anja Althaus oder Nadine Krause vermochten dem Spiel keine Struktur zu verleihen - sie alle schlichen mit hängenden Köpfen beim Halbzeitstand von 10:14 in die Kabine.
Anhaltender Tiefschlaf
Auch eine spektakuläre Parade der starken Woltering kurz nach Wiederbeginn weckte deren Teamkolleginnen nicht aus dem Tiefschlaf. Die Afrikanerinnen dagegen blieben hellwach und verteidigten ihren Vorsprung mit einfachen Mitteln und dank zahlloser technischer Fehler des Gegners zunächst erfolgreich. Beim Stand von 13:17 nach 40 Minuten zeichnete sich ab, dass die DHB-Frauen erneut einen gebrauchten Tag erwischt hatten.
"Ein Katastrophenspiel hätte man der verjüngten Mannschaft zugestanden, aber nicht drei hintereinander", konstatierte DHB-Präsident Ulrich Strombach nach der Blamage. Denn das Team schien im gesamten WM-Jahr auf einem guten Weg zu sein. Der souveränen und nicht unbedingt erwarteten WM-Qualifikation folgten herausragende Ergebnisse gegen internationale Top-Mannschaften wie Norwegen, Spanien, Schweden oder Dänemark, die allesamt locker in Brasilien das Achtelfinale erreichten. "Deshalb sind wir auch mit großen Erwartungen hier angereist", erklärte auch Jensen: "Aber jetzt sehe ich so viele Baustellen."
Quelle: ntv.de, sid/dpa