Sport

Fall Gatlin weckt Funktionäre auf IAAF will vier Jahre Sperre

Durch eine Verdoppelung seiner Dopingsperren auf vier Jahre will der Leichtathletik-Weltverband IAAF nach der Affäre um 100-m-Olympiasieger Justin Gatlin 2007 die Abschreckungsgefahr für potenzielle Sünder drastisch erhöhen. "Der Fall von Gatlin, der in den USA eine wichtige Rolle im Anti-Doping-Kampf spielte, ist ein Desaster für unseren Sport. Wir können keine Zweifel an den Leistungen unserer Athleten zulassen", betonte IAAF-Präsident Diack bei den Europameisterschaften in Göteborg.

Der IAAF-Präsident sieht beim Kongress des Weltverbandes vor der WM im August 2007 in Osaka/Japan eine deutliche Mehrheit für die Verschärfung der Sperren, die für schwere Fälle wie Steroide und das Blutdoping mit EPO gelten soll, nicht aber für Stimulanzien und leichtere Vergehen: "Unsere Athletenkommission und auch die meisten Mitgliedsländer sind dafür."

Diack will im November 2007 bei der Generalversammlung der Welt-Anti-Doping-Agentur darauf hinwirken, dass auch die WADA dieses Strafmaß übernimmt. "Ob sie und andere internationale Fachverbände mitziehen, ist uns egal. Wenn Athleten dann vor den internationalen Sportgerichtshof ziehen, muss dieser die Fälle klären. Sollen sie vor den CAS gehen."

Ausgerechnet in Göteborg war beim IAAF-Kongress vor der WM 1995 die Halbierung der Vier-Jahres-Sperren beschlossen worden. Dies geschah damals, weil man die Durchsetzbarkeit von Startverboten über mehr als zwei Jahre als Lehre aus dem Fall der Sprinterinnen Katrin Krabbe und Grit Breuer nicht gegeben sah. Der deutsche IAAF-Vizepräsident Helmut Digel sieht die Lage inzwischen nach aus seiner Sicht milden Urteilen der letzten Zeit verändert: "Wir scheuen uns inzwischen weniger vor diesen Gerichten."

Dieser Ansicht widerspricht Clemens Prokop. Der Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), Direktor am Amtsgericht, sagt: "Bei der Umsetzung einer Vier-Jahres-Sperre wird es erhebliche Probleme geben vor deutschen Gerichten. Auch ein Gutachten des Internationalen Olympischen Komitees kam zum Schluss, dass mehr als zwei Jahre nicht durchsetzbar seien. Parallel zu einer solchen Strafmaßerhöhung müssten Kontroll- und Analysesysteme verbessert werden. Ich sehe vor allem das Problem, dass zu viele Athleten nicht erwischt werden."

Diack bedauerte, dass die IAAF im Fall Gatlin hinsichtlich der Bestrafung von Trainer Trevor Graham, der in den letzten Jahren neun gedopte Athleten betreute, die Hände gebunden seien. "Es ist schlimm, dass so viele seiner Athleten positiv getestet wurden. Aber wir können ihn nicht bestrafen." Dies müsse der Staat übernehmen, "sonst können wir diesen Kampf nicht gewinnen." Auch Digel forderte erneut ein, dass in Deutschland der Staat sein Gewaltmonopol einsetzt: "Er muss das Athletenumfeld bestrafen."

Diack und Digel wollen auch finanzielle Sanktionen gegen Doper durchsetzen, so die Rückzahlung von IAAF-Prämien für Medaillen oder Rekorde. Doch beide wandten sich dagegen, dass es ähnlich wie bei Olympia auch bei der WM Startverbote für Athleten gibt, die einmal wegen Dopings bestraft waren.

Beide haben somit keine Bedenken, wenn der in den amerikanischen Balco-Skandal verwickelte britische Sprinter Dwain Chambers nach Aberkennung der beiden EM-Goldmedaillen von München 2002 (100 m, 4x100 m) wieder in den Kampf um die Medaillen eingreift. Digel: "Wir müssen das Prinzip des Rechtsstaates beachten, das nach Strafen eine Resozialisierung vorsieht."

von Gerd Holzbach, sid

Quelle: ntv.de

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