Sonderschichten in Stadien Italien sucht Normalität
09.02.2007, 16:28 UhrMit Sonderschichten auf der Stadion-Baustelle versucht der AC Mailand, ein "Geisterspiel" am Sonntag gegen Livorno doch noch zu verhindern. Bei der Abnahme durch die Behörden an diesem Samstag hofft Milan zumindest auf Grünes Licht für eine reduzierte Anzahl von Dauerkartenbesitzern. Wegen fehlender Einlasskontrollen gehörte die Mailänder Arena zu den 25 Stadien, die bei der Überprüfung durch den Nationalen Sicherheitsrat durchgefallen waren. Nur die sechs Arenen in Rom, Genua, Siena, Cagliari, Turin und Palermo waren regelkonform. Neben dem San Siro haben auch andere Fußball-Arenen noch Chancen, zumindest die Genehmigung für Liga-Spiele vor reduzierter Kulisse in letzter Minute noch zu erhalten.
Mit oder ohne Publikum -an diesem Wochenende heißt es in Italien: Da capo! Nach wütenden Protesten und Streikdrohungen unterwarfen sich die Clubs endgültig dem "Geisterspiel"-Diktat der Regierung. Voraussichtlich bei 11 von 21 Spielen bleiben die Fans ausgesperrt, weil die Arenen nicht den Sicherheitsvorschriften entsprechen, berichtete die "La Gazzetta dello Sport". "Damit ruinieren sie den Fußball", schimpfte Neapels Clubchef Aurelio De Laurentiis.
Hilfe von oben
Rückendeckung bekamen die Clubs vom Präsidenten der Europäischen Fußball-Union (UEFA), Michel Platini: "Es ist schade, dass immer die Vereine bestraft werden, wo es doch Personen sind, die die Probleme bereiten", sagte frühere Star von Juventus Turin. Auf Anordnung des Fußballverbandes (FIGC) finden vor allen Spielen des vierten Rückrundenspieltags Schweigeminuten statt. Der ausgefallene dritte Spieltag wird am 18. April nachgeholt, die Pokalfinals zwischen Inter Mailand und dem AS Rom verschieben sich deshalb auf den 9. und 17. Mai.
In der nächsten Woche wird die UEFA entscheiden, ob sie die italienischen Clubs auch in den Europacup-Wettbewerben zu "Geisterspielen" zwingen wird. "Betroffen sind die Stadien in Mailand und Livorno", sagte UEFA-Sprecher William Gaillard am Freitag. "San Siro zu schließen wäre unglaublich, wo die UEFA es doch für die mögliche EM 2012 noch als bestes Stadion Italiens bezeichnet hat", sagte Mailands Bürgermeisterin Letizia Moratti. Am Mailänder Stadion wird nun rund um die Uhr gearbeitet, um die geforderten 40 Einlasskontrollen mit Drehkreuzen zu installieren.
Alles soll besser werden
"Wir müssen die echten Fans wieder in die Stadien locken", forderte AS Roms Stars Francesco Totti. "Der Sport muss wieder verbinden und nicht trennen", sagte Lazio-Chef Claudio Lotito. Derzeit ist Italiens Fußball aber gespalten, sein Verhältnis zur Politik mehr als gespannt. "Denkt nicht nur ans Geld", mahnte der kommissarische Fußballverbandspräsident Luca Pancalli die Clubchefs. Die aber werden immer nervöser: Die Zwangspause und der enorme Imageschaden durch die Krawalle koste die Clubs hunderte Millionen Euro, schätzen Wirtschaftsexperten.
Nicht nur die Clubs, auch die Regierung und die Polizei stehen unter Druck: So wurde unter Berufung auf die Polizei in Catania am Donnerstagabend der vermeintliche Schuldige für die Tötung des Polizisten Filippo Raciti präsentiert. Er habe den Mord gestanden, berichteten Fernsehen und Zeitungen. Der Anwalt des 17-Jährigen dementierte dies jedoch. Sein Mandant habe lediglich zugegeben, bei den Krawallen dabei gewesen zu sein und einen Polizisten angegriffen zu haben. Mit der Tötung des 38-jährigen Raciti aber habe er nichts zu tun.
Quelle: ntv.de