Sport

Nach dem Kahn-Blackout "Kaiser" äußerst verärgert

Aus der Mannschaft kam kein Vorwurf, sogar die entzauberten Stars von Real Madrid äußerten Mitgefühl statt Häme - nur Franz Beckenbauer kannte kein Pardon mit dem gefallenen Helden. "Ich kann nur hoffen, dass der Oliver Kahn in Madrid so gut hält, dass er den Fehler wieder gut macht", sagte ein verärgerter "Kaiser" nach dem 1:1 des gut aufspielenden FC Bayern München gegen Real Madrid.

Ausgerechnet in seinem ersten Spiel nach dem Torwart-Streit mit seinem Nationalmannschafts-Rivalen Jens Lehmann leistete sich "Titan" Kahn den gröbsten Fehler in zehn Dienstjahren beim Rekordmeister. Wie ein geprügelter Hund schlich er vom Platz, pfefferte seine Torwart-Handschuhe an der Strafraumgrenze auf den Rasen, schleuderte die Kapitänsbinde zu Boden und flüchtete aus dem Olympiastadion.

Kahn reagierte sehr nachdenklich auf seinen folgenschweren Fehler. Er kündigte am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in München an, dass er sich hinterfragen müsse, warum sich derlei Fehler in letzter Zeit häuften.

Gleichzeitig setzte sich der Bayern-Kapitän für das Rückspiel in zwei Wochen persönlich unter Erfolgsdruck: "Das Spiel in Madrid muss ich alleine gewinnen", erklärte Kahn.

Beistand aus der Mannschaft

Trainer Ottmar Hitzfeld nahm Kahn nach dem Spiel in Schutz: "Das ist ein Schicksal für Oliver Kahn. Das ist bitter. Er hatte gut trainiert, er hatte keine Beschwerden mehr. Er hat sich fit gefühlt, von daher war er auch einsatzfähig. Man darf ihm nicht so große Vorwürfe machen."

Auch seine Mannschaftskameraden standen ihrem Kapitän bei. Der zuletzt selbst oft gescholtene Michael Ballack brachte seine Ermutigung kurz und knackig rüber: "Wir haben den Oliver schon aufgemuntert. Das passiert im Fußball, da muss er durch. Wir sind eine Mannschaft. Noch ist nichts verloren."

Roy Makaay sprach hingegen auch den unangenehmen Teil der 1:1-Wahrheit an: "Wir sind sauer über das Ergebnis. Ein 1:1 macht eine Mannschaft kaputt. Aber das hat nichts mit Oliver Kahn zu tun. Das kann passieren. Es geht weiter, und der Olli muss sich keine Gedanken machen."

Hohn und Spott in Spanien

In Spanien ist Kahns Fehlgriff mit unverhohlener Schadenfreude aufgenommen worden. Die Presse kommentierte den Lapsus mit spöttischen Wortspielen. Das Fachblatt "Sport" schreibt: "Welch eine Kahntate!" Eine Kantate ( "cantada ") ist in Spanien nicht nur ein Gesangstück, sondern auch ein schwerer Schnitzer im Sport. "Marca" lässt allerdings auch Mitleid mit dem Bayern-Keeper durchschimmern. "Auf Kahn kommen nun 15 Tage zu, um die ihn niemand beneiden wird ", schrieb das Blatt mit Blick auf das Rückspiel am 10. März.

Für die spanischen Kommentatoren markierte Kahns Fehlgriff den Anfang vom Ende einer Torwartkarriere. "Der tiefe Fall des 'King Kahn': Dies war der vielleicht endgültige Sturz des letzten deutschen Fußball-Mythos ", meinte die Zeitung "El Pas". Das Konkurrenzblatt "El Mundo" titelte: "Der Sturz eines unsympathischen Stars." Der Kolumnist Hugo Gatti geht davon aus, dass Kahn im Rückspiel nicht mehr im Tor stehen wird: "Der Keeper warf sich nach dem Ball wie in Zeitlupe. Er ging wie eine alte, schwangere Frau zu Boden."

"Ich war der Held"

Real Madrids Verteidiger Roberto Carlos beharrte allerdings darauf, dass letzten Endes er es war, der das Ausgleichstor erzielt hatte. "Mir kommt auch ein kleiner Verdienst zu", meinte der Brasilianer. "Schließlich war mein Schuss nicht schlecht."

Kahns Fehlgriff erinnerte die Spanier an einen fast identischen Lapsus ihres Nationalkeepers Luis Miguel Arconada. Dieser hatte im Finale der Europameisterschaft 1984 einen Schuss von Michel Platini durchrutschen lassen und damit Frankreichs 2:0-Sieg eingeleitet.

Quelle: ntv.de

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