"Gejammer ist unerträglich" Kann es zuviel Fußball geben?
10.06.2002, 15:00 UhrMit "das Gejammer ist unerträglich" ist nicht etwa das Gejammer der Fußballer gemeint, die bei jedem Stoß in die Rippen oder vor die Wade so tun, als ob sie von einem Kugelhagel aus der Maschinenpistole niedergestreckt werden, sondern eher vom Gejammer der Verantwortlichen, die sich über ihre hinkenden Helden beklagen.
Geld regiert die Welt
Und so betont Professor Dr. Wilfried Kindermann, Chefarzt der deutschen Olympiamannschaft und ehemaliger `Oberarzt` der deutschen Fußball-Nationalmannschaft: "Das Geld steht im Mittelpunkt. Vereine und Verbände sind doch selbst für den Terminstress und die Folgen verantwortlich!"
Nach Ansicht von Millionen Hobby-Trainern ...
Vor dem Beginn der WM haben sich sämtliche Hobby-Trainer und Besser-Spieler ja wieder darüber lustig gemacht, dass die deutsche Nationalmannschaft deswegen nicht vollständig in Japan und Süd-Korea antreten kann, weil sich die Spieler auf dem Weg zum Bus oder in der Badewanne noch verletzten werden. So abwegig waren diese Späßchen aber gar nicht, denn die Spieler sind fast völlig verbraucht und verschlissen, wenn sie für ihr Land antreten dürfen.
Kaiser Franz: "Da muss sich was ändern!"
Franz Beckenbauer nimmt die Vorlage des Saarbrückener Arztes, der die Elitekicker vor der WM einer genauen Untersuchung unterzogen hatte, nur zu gerne auf: "Wir treiben Raubbau an den Spielern. Die Zuschauer gehen in die Stadien, um die besten Spiele zu sehen - und was sehen sie? Müde und hinkende Helden!" Der FAZ sagte der Weltmeister-Coach von 1990: "Es wird Zeit, das hier etwas in die Wege geleitet wird."
Physischer und psychischer Dauerstress
Zinedine Zidane, Luis Figo, Michael Ballack, Diego Tristan und Daniel Ortega stehen für eine Reihe beliebig austauschbarer Helden, die nach einigen Turniertagen immer dieselbe Diagnose aufweisen oder gar nicht wirklich antreten konnten: Körperlicher Einbruch aufgrund nicht vollständig erfolgter Regeneration. Michael Ballack kann ein Lied davon singen: Nach einer Saison voller Dauerstress bei Bayer Leverkusen gibt er zu bedenken: " Auf der einen Seite straucheln Top-Mannschaften wie Portugal oder Frankreich und auf der anderen kommen Südkorea und Japan in körperlichem Topzustand auf den Platz. Die können Vollgas geben, wozu die Großen dann nicht mehr in der Lage sind."
Krieg auf dem Platz!
Zu den nicht ausgeheilten Wehwehchen kommt danach hinzu, dass auf dem Platz kriegsähnliche Zustände herrschen. Das findet jedenfalls der Ärztliche Direktor der Klinik für Sport-Orthopädie und Traumatologie an der Uni Freiburg, Dr. Heinz Birnesser.
Hat noch jemand eine Idee?
Vorschlag von Prof. Dr. Kindermann: "Allein die Abschaffung der Zwischenrunde in der Champions League würde das Problem kleiner machen." Und der "Kaiser" fügt hinzu: "Alle müssen zurückstecken, ob bei der Liga, in der Champions League oder bei Länderspielen.
Quelle: ntv.de