"Farce" erzürnt Olympiasieger Kanuten müssen Dopingtests mitfinanzieren
18.07.2018, 16:04 Uhr
Sebastian Brendel muss in diesem Jahr auf Sponsorengelder verzichten.
(Foto: imago/Sven Simon)
Der dreimalige Olympiasieger Sebastian Brendel spricht von einer "Farce", der Verband sieht keine Alternative: Die deutschen Kanuten müssen wegen gestiegener Kosten für Dopingkontrollen auf Geld verzichten.
Sebastian Brendel ist sauer. "Das geht gar nicht. Es ist eine Farce", sagte der dreimalige Canadier-Olympiasieger, als er während der WM-Vorbereitung in Kienbaum von den Plänen des Deutschen Kanu-Verbandes (DKV) erfuhr. Die Athleten sollen ihre Dopingkontrollen künftig mitfinanzieren. 300 Euro weniger bekommt Brendel deswegen in diesem Jahr aus dem Sponsorentopf - weil die Kosten für Dopingtests gestiegen sind. Auch alle anderen Top-Kanuten, darunter mehrere Olympiasieger, sind betroffen.
Der Ärger war vorprogrammiert. "Ich kann Sebastian verstehen. Der Job eines Präsidenten ist nicht immer vergnügungssteuerpflichtig", sagte DKV-Chef Thomas Konietzko, der Brendel und Co. über die Maßnahme informiert hatte. Konietzko betonte aber auch: "Das war unsere letzte Möglichkeit, die wir sehr offen mit unseren Sportlern abgestimmt haben, und der sie auch zähneknirschend zugestimmt haben."
Konietzko sieht die Vorgehensweise aufgrund der vor wenigen Wochen erhöhten Jahresumlage für die Nationale Anti Doping Agentur (Nada), die besonders für Trainingskontrollen verwendet wird, als alternativlos an. Der Deutsche Kanu-Verband müsse nun 87.000 Euro an die Nada zahlen - annähernd doppelt so viel wie zuvor. "Mit dieser hohen Summe haben wir so nicht gerechnet", sagt Konietzko. "Wir haben keine anderen Finanzierungsmöglichkeiten. Wir können nicht mit den Beiträgen unserer vielen Freizeitsportler den olympischen Hochleistungssport finanzieren."
Das Geld wird nun aus den Sponsoreneinnahmen abgezwackt, die sonst - für einen deutschen Sportverband eher unüblich - komplett an die Athleten weitergegeben werden. "Bei anderen Verbänden dienen die Sponsorengelder der Finanzierung des Haushaltes, bei uns geht das direkt weiter an die Sportler", sagt Konietzko, der keine andere Möglichkeit sah: "Wir könnten es uns leicht machen und weniger Kontrollen für die deutschen Meisterschaften bestellen. Dann würde sich die Zahlung verringern. Aber das ist das Letzte, was wir wollen."
"Geht gar nicht"
Brendel machte gegenüber der Zeitung "Die Welt" aus seiner Empörung dennoch keinen Hehl: "Alle Kaderathleten werden zur Kasse gebeten. Von Verbandsseite wurde uns gesagt, dass man das alleine nicht stemmen könne und deshalb uns Sportler in die Pflicht nimmt. Ich finde es gut, dass wir für einen sauberen Sport stehen. Aber das, was da jetzt von uns gewollt wird, geht gar nicht", sagte der 30-Jährige. Mit seinem Minus von 300 Euro trifft es Brendel mit am härtesten, bei Junioren fällt die Reduzierung geringer aus. Insgesamt kommen rund 120 DKV-Athleten aus den Sparten Slalom und Rennsport in den Genuss von Sponsoren-Geldern.
2019 will der Verband die zusätzlichen Ausgaben möglichst wieder selbst stemmen. Als Hilferuf will Konietzko seine Maßnahme derweil nicht verstanden wissen. Eher als "Signal, darüber nachzudenken, die Nada stabil und unabhängig zu finanzieren und nicht von den Verbänden abhängig zu machen, die sie zu kontrollieren hat." Vor allem die Spitzenverbände im Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) zahlen im Jahr 2018 insgesamt 1,247 Millionen Euro an die Nada, um Kontrollen zu gewährleisten.
Mit Blick auf kleinere Verbände wurde sogar ein Härtefonds eingerichtet, für den der DOSB 50.000 Euro zur Verfügung stellt. Da die Nada künftig für den Anti-Doping-Kampf jährlich 1,5 Millionen Euro vom organisierten Sport benötigt, wollen der DOSB und die Spitzenverbände mit dem Bundesinnenministerium über einen Modus verhandeln, wie der Verpflichtung des Sports nachgekommen werden kann. Nicht nur Sebastian Brendel würde sich über eine Lösung freuen.
Quelle: ntv.de, ara/sid