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"Ach du Scheiße" Klinsi wird Bayern-Coach

Sogar Mama Klinsmann staunte und auch die Bundeskanzlerin ließ der Bayern-Coup nicht kalt. Die überraschende Nachricht von der Zusage des Sommermärchen-Hauptdarstellers von 2006, der beim Rekordmeister aus München im Juli die Nachfolge von Ottmar Hitzfeld antreten soll, war auch im Kanzleramt Gesprächsstoff: " Angela Merkel freut sich wie Millionen Fußballfans in Deutschland, dass Jürgen Klinsmann jetzt zurückkommt nach Deutschland und dort seine große Kunst zur Geltung bringt", berichtete Regierungssprecher Ulrich Wilhelm.

Erst der Anruf des Radiosenders "Hit-Radio Antenne 1" setzte Klinsmanns Mutter Martha von der Rückkehr des Sohnes in Kenntnis: "Nee, das habe ich noch nicht gewusst. Ach du Scheiße."

Euphorisch äußerten sich führende Vertreter der nationalen Fußball-Szene. "Er ist eine absolute Bereicherung für den deutschen Fußball. Insgesamt ist es ein spannendes Projekt, dass ein ehemaliger Bundestrainer, der viel bewegt hat, einen deutschen Spitzenclub trainiert", kommentierte Bundestrainer Joachim Löw die Einigung zwischen dem Branchenführer und Klinsmann.

Alle Bedenken, dass es dem Bundesliga-Debütanten auf der Trainerbank an Berufspraxis mangeln könnte, versuchte Bayern- Präsident Franz Beckenbauer via "Bild" zu zerstreuen: "Ich finde die Entscheidung nicht mutig, sondern klug und durchdacht. Klinsmann hatte mit seinen neuen Methoden bei der Nationalmannschaft Erfolg. Und ich bin sicher er wird auch beim FC Bayern Erfolg haben."

An Stressanfälligkeit wird Klinsmanns nach Einschätzung von Thomas Doll beim Schlagzeilen trächtigen und mitunter als FC Hollywood bezeichneten Club jedenfalls nicht scheitern. "Er hat bewiesen, dass er großem Druck standhalten kann. Gegen Kritik ist er immun", befand der Coach von Borussia Dortmund. Ähnlich äußerte sich der ehemalige Bundestrainer Rudi Völler (Bayer Leverkusen): "Der Herausforderung hat sich Jürgen Klinsmann immer gestellt. Das passt. Es ist gut für Jürgen, der einen tollen Verein übernimmt."

Vor allem in Verbandskreisen ist die Vorfreude auf die Rückkehr des Wahl-Kaliforniers nach Deutschland groß. Das Ja-Wort von Klinsmann, der mit der Nationalmannschaft bei der WM im eigenen Land 2006 den dritten Platz erreicht und einen neuen Boom um die Elite- Auswahl ausgelöst hatte, wird nach Einschätzung von DFB- Generalsekretär Wolfgang Niersbach einen positiven Einfluss auf das mitunter angespannte Verhältnis zwischen Rekordmeister und DFB haben: "Ich gehe davon aus, dass durch sie eine noch stärkere Allianz zwischen dem DFB und einem der wichtigsten Vereine der Bundesliga entstehen wird."

Aufkommende Bedenken, dass die Arbeit von Klinsmann eine noch stärkere Sogwirkung auf die besten deutschen Spieler ausüben könnte, wollte Klaus Allofs nicht teilen: "Ich befürchte jetzt keine große Abwanderung von Nationalspielern", sagte der Geschäftsführer von Titelkonkurrent Werder Bremen, dessen Team nach der Hinserie punktgleich hinter dem Spitzenreiter auf Rang zwei liegt.

Ohne sichtbare Gefühlsregung nahm Bayern-Schlussmann Oliver Kahn die Kunde seines Arbeitgebers auf. Inmitten der Lobredner wollte der vom einstigen Bundestrainer vor der WM als Nummer 1 entthronte Nationalkeeper nicht unangenehm auffallen: "Wer hier in der nächsten Saison trainiert, spielt für mich keine Rolle mehr. Ich habe schon vor eineinhalb Jahren gesagt, dass ich aufhöre." Zwischen den Zeilen konnte er sich Kritik nicht verkneifen: "Eigentlich war er ja gar kein Trainer, sondern er hat die Nationalmannschaft trainiert. Im Vereinsfußball hat er noch keine Erfahrungen gesammelt."

Von Heinz Büse, dpa

Quelle: ntv.de

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