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"Höhenflug der Russen" stoppen Löw pokert bis zuletzt

Großes Spiel, großer Druck, große Ungewissheit: Mit dem hochgelobten Debütanten Ren Adler im Tor, dem Rückenwind des Dortmunder Publikums und Rückkehrer Michael Ballack als Anführer will die deutsche Nationalmannschaft im Gruppen-Gipfel gegen Russland Kurs auf die Fußball-Weltmeisterschaft 2010 halten und einen herben Rückschlag vermeiden.

"Direkte Duelle sind immer ganz besonders wichtig, wenn man davon ausgeht, dass Russland und wir um die Plätze bei der WM kämpfen", sagte Bundestrainer Joachim Löw.

Auch der Kapitän forderte, den "Höhenflug der Russen" zu stoppen: "Das wird ein sehr harter Test für uns. Wir liegen mit vier Punkten im Soll, aber jetzt kommen richtungweisende Spiele", sagte Ballack vor den WM-Qualifikations-Heimspielen am Samstag und vier Tage später in Mönchengladbach gegen Wales. "Die Mannschaft ist gewappnet", versprach er.

Ein paar Positionen offen

In insgesamt fünf Trainingseinheiten hat Löw getestet und getüftelt, nun muss er die richtige taktische Marschroute und die dazu passenden elf Spieler aus seinem 20-Mann-Kader auswählen. "Es sind wirklich noch ein paar Positionen offen", versicherte Andreas Köpke vor dem Abschlusstraining am Freitagabend. Der Torwartcoach bescheinigte allen 20 Akteuren, "konzentriert, professionell und fokussiert" gearbeitet zu haben. "Wir haben es schwer, jemandem zu sagen, dass er nicht spielt", sagte der ehemalige Torwart.

Nur ein "Geheimnis", das im Grunde keines mehr war, durfte Löws Helfer vorzeitig lüften: Nach dem Ausfall von Robert Enke, der nach seinem Kahnbeinbruch am Freitagmorgen in Hamburg an der linken Hand operiert wurde, wird Ren Adler erstmals im deutschen Tor stehen.

"Wichtiger Baustein"

"Das ist der absolute Höhepunkt in meiner bisherigen Karriere", erklärte der 23 Jahre alte Leverkusener, der den Vorzug gegenüber dem drei Jahre älteren Bremer Tim Wiese erhielt, den Köpke in einem "unangenehmen Gespräch" über seine Rolle als Nummer 2 informierte.

Die Nummer-1-Frage bleibe offen, versicherten Löw und Köpke. Trotzdem hat Enkes Pech Adler über Nacht in die beste Position gebracht. "Ich gehe mit absoluter Freude in das Spiel", sagte der gebürtige Leipziger, der weiß, wie groß die Herausforderung auch für ihn ist. "Das Spiel ist ein wichtiger Baustein auf dem Weg zur WM."

"Ren wird ein Super-Spiel machen"

Von einem Wagnis mit Adler sprach niemand, im Gegenteil. "Wir vertrauen ihm absolut. Ren hat eine unglaubliche Ausstrahlung und seine Klasse in der Bundesliga bewiesen", sagte Löw dem ARD-Hörfunk. "Ren wird ein Super-Spiel machen, er wird ein starker Rückhalt sein", prophezeite Köpke. Ballack äußerte sich vorsichtiger: "Ich hoffe, dass es ein großer Tag wird - auch für ihn."

Adler steht gegen die konterstarken Russen um Wirbelwind Andrej Arschawin hinter einer Abwehr, die zuletzt beim 3:3 in Finnland bedenklich versagte. "Drei Gegentore sind ein Fingerzeig, dass wir mehr Augenmerk auf die Abwehr legen müssen", mahnte Ballack.

Die Rückkehrer Per Mertesacker, der sein 50. Länderspiel macht, und Arne Friedrich dürften mit Heiko Westermann und Philipp Lahm die neue Viererkette bilden. "Die Zusammenarbeit und Abstimmung wird passen", glaubt Adler. Für Stabilität soll auch das Mittelfeld sorgen, in dem der Bundestrainer wohl nicht Routinier Torsten Frings, sondern den passsicheren Simon Rolfes oder den schussgewaltigen Thomas Hitzlsperger an die Seite von Ballack stellen wird.

Ballacks Wert ist unverändert

Besonders gefordert ist der Kapitän, der nach dem Streit mit Manager Oliver Bierhoff und Berichten über eine angebliche Isolation im Team die Antwort auf dem Platz geben will. "Das Verhältnis ist intakt", versicherte Rückkehrer Ballack. "Ich versuche, ruhig zu bleiben, meine Aufgaben zu erledigen und gut Fußball zu spielen." Löw stärkte seinen Führungsspieler vor dessen 88. Länderspiel: "An seinem großen Wert für die Mannschaft hat sich nichts geändert."

In erster Linie will der Bundestrainer gegen die Russen den Vorwärtsgang einlegen. Die Variante mit Lukas Podolski auf dem linken Flügel und dem Leverkusener Patrick Helmes im Angriff könnte ihm aber zu mutig sein. "Wir müssen die Fehlerquote minimieren", betonte Löw.

Drei Punkte sind aber fast Pflicht, um beim Kampf um den Gruppensieg und das einzige Direkt-Ticket nach Südafrika nicht ins Hintertreffen zu geraten. "Wir stehen ein bisschen unter Druck nach dem Unentschieden in Finnland", bekannte Köpke. Helfen sollen auch die 65.607 Fans. "Das Dortmunder Publikum hat uns auch in schwierigen Situationen immer geholfen", bemerkte Ballack.

Von Klaus Bergmann und Jens Mende, dpa

Quelle: ntv.de

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