Sport

"Es war ganz schlimm" Löw will nicht mehr hinter Glas

Sitzen, aufspringen, umhertigern, schreien, jubeln: Im gläsernen Käfig durchlebte Bundestrainer Joachim Löw die Höhen und Tiefen von 90 Minuten Fußball - und durfte am Ende feiern.

"Es war hinter der Glasscheibe ganz schlimm. Ich war weit weg. Man sieht einiges von oben sehr gut, aber die Distanz war nervend", sagte der 48-Jährige, der wegen seiner Sperre beim 3:2 (2:1)-Sieg der deutschen Fußball-Nationalmannschaft im Viertelfinale gegen Portugal zum Zuschauen verurteilt war. Kontakt zur Mannschaft strikt verboten.

Als der Bus mit der deutschen Mannschaft um 19.11 Uhr am Stadion eintraf, wurde Löw sofort von einem Offiziellen der Europäischen Fußball-Union (UEFA) in Empfang genommen und in eine Loge im Stadion geführt. Vor dem Spiel hatte der Chef den deutschen Spielern letzte Anweisungen gegeben, mit Assistent Hansi Flick zuvor alle möglichen Szenarien besprochen.

"Auf alles vorbereitet"

Um 20.45 Uhr begann mit dem Anpfiff die Qual. Links von Löw saß Chefscout Urs Siegenthaler, rechts der UEFA-Beobachter. Scheinbar entspannt auf seinem Stuhl sitzend verfolgte Löw die ersten Minuten. Deutschland spielte gut. Der Chef wollte seine Anspannung lösen, stand auf, schritt umher, nutzte jeden Meter der Glaskabine, klatschte bei gelungenen Aktionen in die Hände.

21.07 Uhr, 1:0 Schweinsteiger, Löw schoss aus dem Sitz, umarmte Siegenthaler, ballte die Fäuste und brüllte seine Freude raus. 21.11 Uhr, Klose traf zum 2:0, wieder lagen sich die "Gefangenen" in den Armen. 21.25 Uhr, 1:2 durch Nuno Gomes, Löw zog Luft durch die Zähne, blieb sitzen. 21.32 Uhr, Halbzeitpause, Durchatmen.

Assistent Hansi Flick erlebte die ersten 20 Minuten auf dem Platz zumeist von der Bank aus, unternahm sporadisch Ausflüge an die Grenze der Coaching-Zone und rief Anweisungen ins Feld. Nach den Toren von "Schweini" und Klose sprang er auf, schrie seine Freude heraus und klatschte die Torschützen ab. Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff verfolgte die erste Hälfte von der Tribüne aus, neben ihm Ehefrau Klara und Georg Behlau, Leiter des Büros Nationalmannschaft.

Kurz vor der Pause sprach Flick intensiv mit Physio Oliver Schmidtlein, der verschwand in die Pause und sprach zu Beginn des zweiten Durchgangs wieder lange mit Flick. Das obligatorische TV-Interview vor Durchgang zwei übernahm Torwarttrainer Andreas Köpke: "Wir sind auf alles vorbereitet."

"Wir haben aber einige Möglichkeiten durchgesprochen, die es im Spiel gegen könnte. Hansi Flick und Andreas Köpke kennen die Philosophie und wissen genau, nach welchen Kriterien die Manschaft spielen soll", sagte Löw vor dem Spiel.

Die zweite Hälfte ein Krimi. Es ging hin und her. Pepe köpfte in der 57. Minute knapp drüber. 61. Minute, Freistoß Schweinsteiger, Kopfball Ballack, 3:1, Löw sprang aus seinem Sitz, riss die Arme hoch, ballte die Siegerfäuste, drehte sich um, umarmte Siegenthaler. Unten sprang Flick Köpke in die Arme und reckte die Fäuste gen Himmel.

Aber von Entspannung keine Spur. Die Portugiesen blieben gefährlich, Deutschland aber auch. 22.29 Uhr, das 2:3 durch Helder Postiga, wieder Zittern, Löw zündete nervös eine Zigarette an. 22. 36 Uhr, Schlusspfiff, geschafft! Freudentänzchen im Glaskäfig.

Quelle: ntv.de, von Ulf Zimmermann, sid

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