Unlösbare Aufgabe Hertha Meyers Rettung gescheitert
07.04.2004, 11:46 UhrHans Meyer steht bei Fußball-Bundesligist Hertha BSC Berlin knapp 100 Tage nach Dienstantritt vor dem Scheitern seiner Rettungsmission und wird den Klub offenbar zum Saisonende verlassen. Nach nur zwölf Punkten aus zehn Partien nähert sich seine Bilanz mehr und mehr dem Niveau seines geschassten Vorgängers Huub Stevens (elf Punkte aus 14 Spielen), das Horrorszenario vom fünften Bundesliga-Abstieg nimmt beim Tabellenvorletzten Gestalt an.
"Stellt doch Fragen, die wichtig sind. Es ist doch völlig egal, wer hier im Sommer Trainer ist", entgegnet der Routinier genervt Prognosen über seine Zukunft. Der 61-Jährige ist nach fünf Spielen ohne Sieg auffällig dünnhäutig geworden, seine Ironie blitzt nur noch selten auf. Der zum Rückrunden-Start als "Retter" verpflichtete Bad Hersfelder scheint mit dem Kapitel Hertha abgeschlossen zu haben.
In der kommenden Woche wird Hertha-Manager Dieter Hoeneß wohl das Ende der Ära Meyer zum Saisonende verkünden. Hoeneß, bislang ein Fan des kauzigen "Pensionärs", scheint spätestens seit dem letzten Wochenende von Meyer abgerückt zu sein. Nach dem 1:1 gegen Hansa Rostock hatte der Coach die Stärke des Kaders und damit auch die Arbeit des Managers, der den Kader zusammengestellt hatte, in Frage gestellt.
"Ich habe nicht generell die Qualität der Mannschaft angezweifelt, sondern lediglich gesagt, dass die spielerische Qualität der Mannschaft an diesem Tage nicht gereicht hat, um ein selbstbewusstes Rostocker Team an die Wand zu nageln", meinte der 61-Jährige und ruderte somit drei Tage später zurück. Die Frage bleibt, ob er die Richtigstellung aus eigener Überzeugung vornahm oder ob er von seinem Vorgesetzten Hoeneß dazu veranlasst wurde.
So oder so, auffallend ist, dass auch der erfahrene Trainer-Fuchs dem Rätsel Hertha bislang nicht auf den Grund gehen konnte. Genauso wie Vorgänger Stevens fand Meyer nicht die richtige Mischung aus Zuckerbrot und Peitsche, um das Potenzial der sensiblen Mannschaft abzurufen. Dazu kommt großes Verletzungspech - die von Hoeneß geforderten fünf Siege aus den letzten sieben Spielen scheinen reines Wunschdenken zu sein.
Unerschütterlichen Optimismus verkörpert hingegen Spielmacher Marcelinho. "Wir steigen nicht ab", erklärte der formschwache Regisseur der Sport-Bild. Sollte es seinen Klub dennoch erwischen, würde "Marcello" `für Hertha mit dem größten Stolz auch in der zweiten Liga spielen." Auf Trainer Meyer hält er große Stücke, Schuld am sportlichen Abstieg sei dessen Vorgänger Stevens: "Er hat durch den schlechten Saisonstart noch häufiger gewechselt. Nun sind die Spieler verunsichert, der Druck, gewinnen zu müssen, ist umso höher."
So nehmen die Schuldzuweisungen beim Hauptstadt-Klub kein Ende, ohne dass die wahren Ursachen der Krise deutlich gemacht und abgestellt werden können. Trainer Meyer ist die Schwere der Aufgabe mittlerweile bewusst geworden. Am 22. Mai mit dem letzten Saisonspiel gegen den 1. FC Köln wird seine Mission bei Hertha als Trainer ausklingen, als Spieler-Beobachter will der Bad Hersfelder dem Klub weiter zur Verfügung stehen.
Quelle: ntv.de