Leipziger Krawalle Morddrohungen gegen SFV-Chef
15.02.2007, 13:27 UhrMorddrohungen gegen den sächsischen Fußballboss, vorerst keine Sanktionen gegen den Skandalklub und halbherzige Maßnahmen der Politik: Die Emotionen schlagen hoch, aber das angekündigte "harte Durchgreifen" lässt nach den Krawallen um das Pokalspiel des 1. FC Lok Leipzig am vergangenen Samstag auf sich warten. Immerhin will die Polizei acht Fahndungsbilder veröffentlichen.
Klaus Reichenbach, Präsident des sächsischen Fußballverbands (SFV), erhielt derweil anonyme Drohanrufe. "Ich wurde bedrängt, dass ich als Präsident zurücktrete. Dabei waren aber auch Morddrohungen von aufgebrachten Fans, die sich da ausgelassen haben", sagte Reichenbach dem Sport-Informationsdienst. Von einer Anzeige sieht der 61-Jährige jedoch momentan ab, will sich von den Lok-Anhängern nicht einschüchtern lassen. Diesbezüglich wird es also keine juristischen Folgen geben.
Sieben Personen vernommen
Die Polizei setzt derweil auf eine Öffentlichkeitsfahndung, um weiteren Tätern von Samstag habhaft zu werden. Ein Richter muss eine solche Maßnahme genehmigen. Die Zahl der vernommenen Personen hat sich mittlerweile auf sieben erhöht, in Haft befindet sich aber keiner. Der Sachschaden an der Polizeiausrüstung beläuft sich nach Schätzungen auf etwa 56.000 Euro.
Mit den Ereignissen im maroden Bruno-Plache-Stadion wird sich das Sportgericht noch im Februar beschäftigen. "Vorfälle außerhalb des Stadions sind Sache der öffentlichen Strafverfolgungsbehörden", erklärte Stephan Oberholz. Der Vorsitzende Richter des sächsischen Sportgerichtes wird nächste Woche den Verhandlungstermin bekannt geben. Die Partie musste unterbrochen werden, das Feld war mehrfach von Rauchschwaden umhüllt und Steine flogen.
Alkoholverbot in Einzelfällen
Aus der Leipziger Politik kommen auch nach einer dreistündigen Sicherheitskonferenz am Mittwochabend keine drastischen Sanktionen. "Geisterspiele lösen das Problem nicht", sagte Sportbürgermeister Heiko Rosenthal nach der Beratung mit Polizei, Leipziger Fußballverband und dem 1. FC Lok.
In dem verabschiedeten Maßnahmenpaket - eigentlich eine Liste von Selbstverständlichkeiten - verpflichtete sich der Lok-Vorstand, der Polizei alle ihm bekannten Gewalttäter zu nennen. Gegen diese sollen konsequent Stadionverbote verhängt werden, die auch bei rassistischen und fremdenfeindlichen Handlungen stärker greifen. Zudem soll in Einzelfällen bei Punktspielen ein Alkoholverbot angeordnet werden.
Die Polizei wird einen "Arbeitskreis Fußball" einrichten, der sich mit der zunehmenden Gewalt beschäftigen und Präventivmaßnahmen vorschlagen soll. Das Gewaltpotenzial der Fans soll mit besserer Jugend- und Fanbetreuung eingedämmt werden. "Es wird hier auch in Zukunft null Toleranz gegenüber Ausländerfeindlichkeit, Rassismus und Gewalt im Leipziger Sport und speziell im Fußball geben", sagte Rosenthal.
"Diese Leute machen uns kaputt"
Der Lok-Vorsitzende Steffen Kubald räumt mittlerweile ein falsches Vorgehen ein. "Mein Fehler war zu glauben, alle integrieren zu können. Diese Leute machen uns kaputt. Wir müssen sie eliminieren", sagte Kubald der Leipziger Volkszeitung. Er werde Namen nennen, sagte aber auch: "Wissen Sie überhaupt, in welche Gefahr ich mich da begebe? Ich habe ein Kind."
Bundesligaprofis und Politiker fordern derweil drastischere Maßnahmen gegen Gewalttäter. "Der Staat muss deutlich machen, dass wir da nichts durchgehen lassen. Die Fans werden radikaler und brutaler, und damit müssen wir uns auseinandersetzen", sagte Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) in einem Fernsehinterview.
Nationalspieler Marcell Jansen von Bundesligist Borussia Mönchengladbach sieht sogar die weltweite Reputation Deutschlands in Gefahr. "Nach der Weltmeisterschaft, wo das mit der Sicherheit so gut geklappt hat und alle sich so gut miteinander vertragen haben, sind solche Vorkommnisse einfach nur schlimm. Gegen Hooligans greifen nur harte Maßnahmen", sagte der 21-Jährige.
Quelle: ntv.de