EM-Wahnsinn mit Küssen und Adrenalinkick Basketball-Helden fürchten den Hype
05.09.2013, 10:14 Uhr
Not in my house: Robin Benzing stoppt Frankreichs Florent Pietrus spektakulär.
(Foto: dpa)
Die EM-Sensation gegen Topfavorit Frankreich ist perfekt - und passt den deutschen Basketballern gar nicht. "Lobt mir die Jungs nicht in den Himmel!", fleht Kapitän Schaffartzik. Der Coup soll ganz schnell "aus dem Kopf". Der nächste Trick.
Am Ende musste sich Lucca Staiger sogar küssen lassen von einem euphorisierten Fan. Rund 50 Anhänger belagerten den Bus der deutschen Basketballherren noch lange nach dem Sensationssieg gegen Vize-Europameister Frankreich. Staiger durfte sich als einer der Matchwinner feiern lassen, zwei wichtige Dreier versenkte er in der Schlussphase, als die Franzosen plötzlich führten und alles auf einen Sieg von NBA-Superstar Tony Parker und Co. hinauszulaufen schien.
Vollgepumpt mit Adrenalin kamen die deutschen Spieler nach dem Spiel in die Mixed Zone, Center Tibor Pleiß schrie seine Freude über das 80:74 laut heraus. Doch Coach Frank Menz beorderte sein Team sofort von den Mikros weg, erstmal ging es in die Kabine. Heraus kamen zwölf Spieler mit einer Botschaft, hier stellvertretend von Lucca Staiger vorgetragen: "Wir wussten, dass dieses Spiel das einfachste sein wird. Die nächsten werden härter." Tibor Pleiß, geläutert, sagte: "Wir müssen das Spiel schnell aus dem Kopf kriegen."
Benzing überzeugt
Den verlängerten Arm des Coaches gab Heiko Schaffartzik, ganz der weise Kapitän: "Lobt mir die Jungs jetzt nicht in den Himmel!" Schwierig, nach diesem Auftritt. In den ersten neun Minuten traf die Mannschaft 90 Prozent ihrer Würfe, am Ende waren es starke 60 Prozent. Aber nicht nur das, auch defensiv verrichtete das Team richtig gute Arbeit. Allen voran Robin Benzing, der mit seinen 95 Kilo seinen Mann stand gegen den 110-Kilo-Bullen Boris Diaw. Der landete bei sieben Punkten, eine mäßige Ausbeute für den NBA-Spieler.
Benzing dagegen glänzte auch offensiv mit 19 Punkten, darunter die so wichtigen letzten fünf, die den Erfolg besiegelten. Kurz vor Schluss hatte es noch so ausgesehen, als sollte Frankreich doch noch mit dem Sieg davonkommen. Tony Parker, der momentan wohl beste Spieler Europas, übernahm das Kommando auf dem Parkett, streute den Deutschen am Ende 18 Punkte ein. Doch selbst der 69:72-Rückstand zwei Minuten vor dem Ende brachte das Team nicht aus dem Tritt. Der Grund: der gute Start. "Wir wussten, wenn wir das machen, was wir am Anfang gemacht haben, können wir noch gewinnen", sagte Lucca Staiger.
Menz lobt - sich selbst
"Sie haben die Big Shots gemacht", sagte Frankreichs Trainer Vincent Collet. "Wir wussten, dass die Deutschen gute Schützen haben, die sich ihr Selbstvertrauen holen müssen. Das haben sie am Anfang getan." Etwas säuerlich schaute er drein, als Kollege Frank Menz sich selbst für einen kleinen Trick lobte: "Es war sicher gut, dass wir zweimal in der Vorbereitung gegen Frankreich gespielt habe. Der Respekt war da, aber nicht mehr so groß." Dass die Franzosen sich trotz der Pleite weiter als Titelfavorit sehen, unterstrich NBA-Star Nicolas Batum. Er sah die Niederlage als Betriebsunfall: "Wenn wir zehn Mal gegen Deutschland spielen, schlagen wir sie neun Mal. Aber heute waren einfach nicht bereit für sie. Wir müssen jetzt einfach die nächsten Spiele gewinnen."
Das forderte auch Bundestrainer Frank Menz von seinem Team: "Der Sieg ist nichts wert, wenn wir die nächsten Spiele nicht gewinnen." Heute um 17.45 Uhr steht das nächste Vorrundenspiel gegen Belgien an. Die Favoritenrolle in Gruppe A schob Menz weit von sich – wenn auch nur aus taktischen Gründen: "Wenn die Erwartungshaltung hoch war, hat uns das noch nie gut getan." Dass die Erwartungen an das deutsche Team steigen, hat sich sein Team allerdings auch selbst eingebrockt.
Quelle: ntv.de