"Würde ohnehin nicht funktionieren" Nerlinger will nicht Hoeneß sein
29.05.2009, 20:21 UhrDass Christian Nerlinger bald der "kleine Hoeneß" sein wird, hört der neue Sportdirektor des Fußball-Rekordmeisters Bayern München nicht gern. Viel lernen möchte er von dem Mann, der "nicht nur einen unglaublichen Geschäftssinn hat, sondern den Verein mit einer gewaltigen Menschlichkeit führt" - gar keine Frage. Aber seinen neuen Job möchte er bitteschön auf seine eigene Weise machen.
Den Vorgänger nachzuahmen, oder gar zu ersetzen, würde ohnehin nicht funktionieren. Das ist Nerlinger bewusst. "Ohne Uli Hoeneß ist der FC Bayern gar nicht vorstellbar. Er hat diesen Verein gestaltet und wird dort nach wie vor eine sehr starke Person sein", sagt er.
Der 36 Jahre alte Nerlinger soll bei den Münchnern ab 1. Juli für zunächst drei Jahre einen Teil der Aufgaben von Manager Uli Hoeneß übernehmen und wird für den sportlichen Bereich zuständig sein. Hoeneß will nach einer begleitenden Phase am Jahresende seinen Posten ganz abgeben und dann Franz Beckenbauer als Präsident und Aufsichtsratschef beerben. Gesucht wird bei den Bayern nun noch ein Finanzfachmann, der den wirtschaftlichen Sektor abdeckt.
Die Ära Klinsmann überlebt

Christian Nerlinger wird ab 1. Juli der neue sportliche Leiter des FC Bayern.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Nerlinger, der 156 Bundesliga-Spiele für die Bayern bestritt, war zu Saisonbeginn auf Empfehlung von Ex-Trainer Jürgen Klinsmann als Teammanager an die Säbener Straße gekommen. Dass er im Gegensatz zu seinem Förderer noch da ist, stellt für Nerlinger offenbar kein Problem dar: "So ist das nun mal beim FC Bayern, wir müssen kurzfristig Erfolg haben. Wenn das nicht der Fall ist, dann kommt das eben zu solchen Reaktionen und Entscheidungen."
Im Gegensatz zu Klinsmann tritt Nerlinger nicht als Erneuerer auf. Wozu auch? Schließlich sei der Klub der am besten geführte in Deutschland und international einer der Top Fünf. "Es muss keiner kommen, der meint, er müsse den FC Bayern umkrempeln oder radikal verändern", meint Nerlinger, der nur an mancher Stellschraube etwas nachjustieren will.
Nicht das Gesicht des FC Bayern
Seine Arbeit werde vor allem nach innen gerichtet sein, kündigt Nerlinger an. "Ich werde den Kontakt zur Presse nicht scheuen, aber ich muss nicht das Gesicht des FC Bayern sein wie es meinetwegen ein Oliver Bierhoff für den DFB ist." Anders als bisweilen Hoeneß in der Vergangenheit will sich Nerlinger dabei zurückhalten. "Ich flippe nicht aus und trete auch keine Kabinentüren ein. Ich bin eher der sachliche Typ", sagt er.
Hilfreich kann ihm bei seiner neuen Aufgabe auch das Wissen aus dem BWL-Studium an der privaten Munich Business School sein, das Nerlinger allerdings vorzeitig abgebrochen hat. "Uli Hoeneß hat mir sehr frühzeitig zu verstehen gegeben, dass beim FC Bayern 'learning by doing' angesagt ist", betont Nerlinger. Viel wichtiger sei es zu wissen, wie der Verein tickt.
Aufgeschlossen und bodenständig
Nerlinger ist in München beliebt, weil er als aufgeschlossener und bodenständiger Typ gilt. Er berichtet vom Zeugwart Sepp Schmid, der seinen Dienst aus Gewohnheit immer um halb fünf morgens anfängt, genauso authentisch, wie er der Mannschaft solide Tipps im Umgang mit Finanzen gibt. Gerade in München sei dies wichtig, "wo eher nicht kritisiert, sondern Dinge schöngeredet und glorifiziert werden", sagt Nerlinger.

Das letzte Wort wird beim Rekordmeister aber weiterhin Uli Hoeneß haben - ob als scheidender Manager oder neuer Präsident.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Mit seinem Manager-Posten will Hoeneß übrigens auch seinen angestammten Platz auf der Bayern-Bank räumen. Ob sein junger Nachfolger künftig beim Torjubel auch den neuen Trainer Louis van Gaal umarmen wird, sei nicht so wichtig, meint Nerlinger. Dann fügt er aber doch noch an: "Wenn ich so die Konstitution von Louis van Gaal sehe, dann werde ich ohnehin wahrscheinlich eher erdrückt."
Quelle: ntv.de, von Katharina Blum, sid