Der Herr ohne Ring Nowitzki läuft die Zeit davon
16.04.2010, 10:44 UhrIn der NBA beginnen die Playoffs. 16 Teams streiten um den wichtigsten Titel im Basketball. Auch die Dallas Mavericks und der Deutsche Dirk Nowitzki. Die Favoriten kommen allerdings aus Los Angeles und Cleveland.

Pat Riley mit seinem Meisterring von 1987.
(Foto: REUTERS)
Wertvollster Spieler der NBA, neunmaliger All-Star, Vize-Europameister, Dritter bei den Weltmeisterschaften, Rekordhalter der Dallas Mavericks bei Punkten, Rebounds und Spielen – die Karriere des Dirk Nowitzki ist gespickt mit Höhepunkten. Und doch bleibt sie, wie die Amerikaner sagen würden, "unfinished business", unvollendet. Es fehlt dieser eine Ring. Der Ring, mit dem sich nur die Mitglieder eines NBA-Champions schmücken dürfen. Der Ring, dessen Bedeutung die NBA-Legende Pat Riley, als Spieler und Coach sieben Mal Meister, einmal ehrfürchtig so beschrieb: "Er drückt aus, dass du Teil von etwas warst, was dir nie wieder weggenommen werden kann."
Die offene Wunde
Im Juni 2006 standen Nowitzki und seine Dallas Mavericks schon einmal kurz vor dem Ziel. In den Finals gegen die Miami Heat dominierten die Texaner die ersten beiden Spiele. Auch der dritte Vergleich schien eine klare Sache – bis sechseinhalb Minuten vor dem Ende. Dallas führte mit 89:76, das vorentscheidende 3:0 war greifbar nah. Doch Dwyane Wade drehte das Spiel für die Heat, Nowitzki verlor zwei Sekunden vor Schluss an der Freiwurflinie die Nerven, und die Mavericks sollten nie wieder in diese Serie finden.

Die schlimmste Niederlage seiner Karriere: Nowitzki nach dem entscheidenden 2:4 gegen die Miami Heat.
(Foto: REUTERS)
Kritiker und Experten prügelten erbarmungslos auf Nowitzki und sein Team ein. Dallas wäre zu weich für die Playoffs, Nowitzki zu ängstlich, um das Team in den entscheidenden Situationen zu führen. Und die Mavericks taten in den folgenden Spielzeiten alles, um dieses Urteil zu bestätigen. 2007 scheiterten sie als bestes Team der regulären Saison in der Auftaktserie gegen den krassen Außenseiter Golden State mit 2:4. 2008 kam das Erstrunden-Aus gegen die New Orleans Hornets. Im vergangenen Jahr schließlich schafften es die Mavs bis ins Conference-Halbfinale, um dort den Denver Nuggets mit 1:4 zu unterliegen.
Hoffnung aus Washington
Wenig deutete im Verlaufe der aktuellen Saison darauf hin, dass sich die Meisterschaftsaussichten für das Team des ehrgeizigen Besitzers Marc Cuban bessern könnten. Die Mavericks starteten solide, brachen nach dem Jahreswechsel aber ein: von Januar bis Mitte Februar setzte es bei zehn Siegen auch zehn Niederlagen, viel zu wenig für die Ansprüche der Mavs. Es brodelte in Texas, aber pünktlich zum All-Star-Game in Dallas zog Cuban ein Ass aus dem Ärmel.
Für den verdienstvollen, aber verletzungsanfälligen und zuletzt unbeständigen Josh Howard sowie drei weitere Spieler holte Dallas Caron Butler, Brendan Haywood und DeShawn Stevenson von den Washington Wizards. Während Small Forward Butler Howard mindestens gleichwertig ersetzt, wurde vor allem die Verpflichtung des 2,13 Meter-Mannes Haywood gelobt. Er gibt den "weichen" Mavs unter vor allem in der Defensive Härte und Stabilität – beste Voraussetzungen, um weit in die Playoffs vorzudringen.
Nowitzki zeigt sich von dem Trade begeistert: "Unser Team ist tiefer seit dem Trade, wir haben mehr Waffen. Wir sind talentierter, haben viele Scorer und können gut verteidigen, weil wir groß sind." Die Bilanz seit dem All-Star-Break gibt dem Deutschen Recht: Seit dem Trade verbuchten die Mavericks 23 Siege bei nur sieben Niederlagen. Mit einem Sieg im 82. und letzten Spiel der regulären Saison gegen die alten Rivalen aus San Antonio sicherten sich die Mavs sogar Platz zwei in der starken Western Conference und damit den Heimvorteil bis mindestens in die Conference Finals.
"Die beste Mannschaft, seit ich in Dallas bin"
Angesichts der Höhen und Tiefen der vergangenen Jahre fällt Nowitzkis Prognose trotzdem zurückhaltend aus: "Der Westen ist offen, jeder kann jeden schlagen. Wir wollen auf jeden Fall so lange wie möglich dabei sein." In der ersten Runde warten die San Antonio Spurs, die sich zum fünften Mal innerhalb der letzten zehn Jahre mit den Mavericks messen – bislang hatten beide Teams je zwei Mal das bessere Ende für sich. Kein leichter Gegner, der mit Tim Duncan, Tony Parker und Manu Ginobili über Spieler der Extraklasse und mit viel Erfahrung verfügt, aber: "Unser Team ist tiefer und talentierter als in unserem Finals-Jahr. Ich denke, dass ist die beste Mannschaft, die ich bislang in Dallas hatte."
Doch was, wenn es wieder nichts wird mit dem Meistertitel? Nowitzki könnte im Sommer aus seinem Vertrag aussteigen. Auch wenn er der Frage ausweicht: Es ist gut vorstellbar, dass Nowitzki, der mit bald 32 Jahren im Herbst seiner Karriere steht, noch einmal einen Wechsel wagt. Denn auch wenn er sein Team gut aufgestellt sieht, für die Meisterschaft dürfte es angesichts der starken Konkurrenz im Westen wieder nicht reichen. Und jede weitere Saison ohne Chance auf den Ring ist ein verlorenes Jahr für den Unvollendeten.

Noch bleiben Nowitzki einige Anläufe - Zeit hat er dennnoch nicht zu verlieren.
(Foto: REUTERS)
Quelle: ntv.de, mit dpa