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Traum von Hawaii als Luxusgut Nur Reiche können sich beim Ironman schinden

Die ersehnte Medaille.

Die ersehnte Medaille.

(Foto: imago images/Agencia EFE)

Zuerst muss man schnell genug schwimmen, Rad fahren und laufen, um sich sportlich für den Ironman auf Hawaii zu qualifizieren. Dann muss man genug Geld haben, um sich die Reise und den Start auch leisten zu können. Die neuen Summen sprengen jeden Rahmen, die Hotels sind trotzdem voll.

Ein Ironman ist ein Wettkampf für Leute, die leiden wollen. 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren, 42,195 Kilometer laufen. Das übersteht niemand ohne Schmerzen. Triathlon-Profis ebenso wenig wie die Altersklassen-Athletinnen und -Athleten. Im Mekka des Ironman, auf Hawaii, wird es noch deutlich schmerzhafter. Wegen der klimatischen Bedingungen - aber vor allem auch wegen des tiefen Griffs in die Brieftasche.

Wer in Kona auf Big Island starten möchte, muss 1120 Dollar (1060 Euro) Startgeld zahlen. Und zwar nicht bei Ankunft auf Hawaii, sondern direkt nach der Qualifikation. Es ist eine Zeremonie, die bei den Qualifikations-Wettkämpfen zelebriert wird. So auch zuletzt am vergangenen Sonntag in Frankfurt/Main. Auf der Bühne werden die Qualifikanten gefragt, ob sie starten wollen, für die meisten geht ein Traum in Erfüllung, sie zahlen. Doch immer mehr verzichten, machen den Platz frei für den Nächstbesten, es ist zu teuer. Die Startliste wird natürlich trotzdem voll. Zu den Glücklichen gehört zum zweiten Mal "Tagesschau"-Sprecher Thorsten Schröder. Nach 2017 darf er in diesem Jahr wieder auf Hawaii starten. In Frankfurt braucht er 9:55:18 Stunden für die Strecke, qualifiziert sich als Vierter seiner Altersklasse der 55- bis 59-Jährigen. Er sagt der Zeitschrift "triathlon" begeistert: "Das ist das, was ich wollte, worauf ich zwei Jahre hingearbeitet habe. Es ist eine geile Krönung."

Seit November 2020 hat er 13.700 Kilometer auf dem Rad zurückgelegt, ist 410 Kilometer geschwommen und ist 2880 Kilometer gelaufen. Das hat Schröder in seinem letzten Youtube-Video vor dem Qualifikations-Ironman in Frankfurt aufgedröselt, in denen er seit dem Start seines Trainingsplans die eingefleischten Triathlon-Fans mitnimmt durch seine Vorbereitung. Etwa 20 Stunden Training sind das pro Woche. "Dieser Aufwand für diesen einen Tag, ist alles ein wenig wahnsinnig", bekennt Schröder selbst.

Unterkünfte können Preise diktieren

Doch mit den Strapazen sowie den mehr als tausend Euro Antrittsgebühr ist es längst nicht getan. Die Reise nach Hawaii ist extrem teuer. Das war sie schon immer, aber in diesem Jahr sind die Preise explodiert. Bislang mussten Teilnehmer inklusive einer Begleitung mit etwa 10.000 Euro rechnen. Doch wer in diesem Jahr bucht, wird mehr als einmal schlucken und die Finanzen überprüfen müssen. Der Ironman ist für den 6. bis 8. Oktober datiert, die Suche auf booking.com für diese Tage ergibt: "99 Prozent der Unterkünfte sind an Ihren Reisedaten auf unserer Seite nicht verfügbar." Kona ist voll - und die Unterkünfte können die Preise nach Belieben diktieren.

Wer nach Hawaii fliegt, wird natürlich nicht nur für die Wettkampftage buchen. Doch als Beispiel sei die Reise hier eingegrenzt auf das absolut notwendige: Für die Reisedaten 5. bis 9. Oktober gibt es bei booking.com noch zwei verbliebene Angebote. Vier Nächte kosten etwa 9500 Euro, das sind 2375 Euro pro Nacht - für eine Person. Neben den gängigen Onlineportalen gibt es auch Reiseanbieter, die sich auf Sportreisen spezialisiert haben. Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" erhielt von Hannes Hawaii Tours auf Anfrage die Antwort: Man habe zwar noch Angebote, "allerdings zu Konditionen, die wir nicht ohne vorherige Kommunikation so veräußern möchten". Lange habe man überlegt, ob diese überhaupt ins Programm aufgenommen werden sollen, weil die Preise "dermaßen weit weg von dem, was wir gern anbieten würden" seien. Und mit Startplatz und Hotel ist es bekanntlich nicht getan. Auch der Flug muss bezahlt werden. Eine Abfrage bei der Lufthansa ergibt für die Verbindung Frankfurt/Mainz-Kona einen Preis von etwa 1500 Euro für Hin- und Rückflug zu den genannten Daten.

Ergibt: Locker mehr als 10.000 Euro - pro Person. "Das kann sich kein Normalverdiener mehr leisten. Auf Hawaii zu starten, ist purer Luxus geworden", sagt der frühere Hawaii-Dritte Lothar Leder der "FAZ". Ein Grund für die Preisexplosion wird die Verdopplung der Teilnehmerzahl sein. Bislang durften 2500 Athletinnen und Athleten auf Hawaii starten, in diesem Jahr sind es erstmals 5000. Die coronabedingte Absage von 2020 hatte einen Stau von Qualifikanten erzeugt, die in Kona starten wollen. Damit dieser Stau nicht immer größer wird, dürfen nun doppelt so viele Triathleten an den Start gehen. Erstmals gibt es daher auch zwei Rennen, am 6. Oktober sind die Frauen dran, am 8. Oktober die Männer. Profis und Altersklasse-Athleten gemeinsam auf derselben Strecke.

Nachwuchs geht verloren

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Nun ist Triathlon ohnehin kein Sport für Leute, die jeden Euro zweimal umdrehen müssen. Nicht umsonst wird in den USA lästerlich davon gesprochen, dass Triathlon das neue Golf sei. Allein die Ausstattung ist hochpreisig. Ein Neoprenanzug fürs Schwimmen kostet ein paar Hundert Euro, ein Rennrad hat ab ein paar Tausend Euro nach oben kaum eine Preisgrenze, dazu Triathlon-Anzug, Helm, Brille, Radschuhe, die Laufschuhe sind da noch mit das Günstigste. Hannes Blaschke, einst 1985 selbst Hawaii-Vierter und Inhaber von Hannes Hawaii Tours, sagt der "FAZ" daher: "Die werden 5000 Leute finden, die starten. Für viele ist Hawaii eine Once-in-a-Lifetime-Geschichte, da spielt Geld eine untergeordnete Rolle."

Doch die Preisexplosion sorgt dafür, dass sich natürlich längst nicht jeder den Traum von Hawaii erfüllen kann. Der Ironman droht, immer mehr ein Sport nur noch für Reiche zu werden. Der Nachwuchs der unter 30-Jährigen kann sich die Reise nicht leisten. Neben viel Zeit fürs Training und extremer Schmerzresilienz ist der Kontostand zum entscheidenden Faktor geworden. Thorsten Schröder schluckt es für seinen Traum: "Ich will Hawaii und hab Bock drauf", sagt er bei "triathlon".

Quelle: ntv.de

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